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Samstag, 28. Oktober 2017

Freiheit der Sprache

Liebe Leserinnen, Leser und Les*xe, Translesende und Lesqueere… äh, nein, das ist wohl zu persönlich und führt zu #metoo-#Aufschrei, weil allein die Anrede „Liebe...“ bereits eine sexuelle Belästigung beinhalten könnte, und es spielt ja heute keine Rolle mehr, was der Sprechende sendet, sondern nur noch, was der Hörende empfängt. Außerdem will ich die Anrede etwas kürzer hinbekommen als im Video von gestern.
Es ist nämlich wissenschaftlich erwiesen, dass der Empfänger immer allein bestimmt, wie er eine Nachricht aufnimmt, aber wen interessiert schon Wissenschaft? Ist in den Augen der PriesterInnen des Binnen-I und der Doppelbezeichnungsfetischisten mit feminazistischer Attitüde eh nur ein männliches Unterdrückungsinstrument.

Jeder kennt den Witz von dem Psychologen, der seinem Klienten bunte Bilder zeigt.
Erst einen Kreis und die Frage: „Was sehen Sie da?“
„Eine Vagina!“
Dann ein Dreieck: „Und jetzt?“
„Eine Vagina!“
Dann noch ein Quadrat: „Und was sehen Sie jetzt?“
„Noch eine Vagina!“
Entnervt lehnt sich der Psychologe zurück: „Sehen Sie eigentlich mal was anderes als Vaginas?“
„Was wollen Sie denn, Sie zeigen mir doch die ganze Zeit solchen Schweinkram!!“

Man ersetze „seinem Klienten“ durch „seine Klientin“ und „Vagina“ durch „Phallus“, fertig ist kein abstrakter Witz sondern die reale Wahnwelt feministischer Vorkämpferinnen. Seltsam nur, dass genau jene, die in jedem Brückenpylon, jedem Antiterrorpoller oder jedem Kirchturm ein Phallussymbol sehen, schweigend vor gleich vier in den Himmel stechenden Minaretten stehen und plötzlich multikulturelle Toleranz und Liebe sehen. Scheinbar kommt es einigen nur auf die Größe und Anzahl der Penisse an, wann sie zufrieden sind.

Doch zurück zur Sprache. In dem Versuch, es jedem Menschen, der zuhört, recht zu tun, was faktisch unmöglich ist, aber Fakten interessieren ja keinen aus diesen Kreisen, wird die Sprache also in jede Richtung verbogen, die man nur biegen kann.

„Studierende demonstrieren“ zum Beispiel ist absoluter sprachlicher Schwachsinn, denn das Wort „Studierende“ bezieht sich ja auf das reine Handeln, man entkoppelt also das Wesen selbst von seinem Menschsein und reduziert es auf seine Handlung, und die ist im Moment des Demonstrierens nun einmal das Demonstrieren und nicht das Studieren. Also sind es „Demonstrierende“. Wenn die zurück in der Uni sind und ihre Gendermainstreamingvorlesung genießen, kommt ja auch keiner auf die abartige Idee zu behaupten, dass jetzt „Demonstrierende studieren“. Es könnte somit nur heißen „Demonstrierende demonstrieren“ oder „Studierende studieren“, aber das ist natürlich Unsinn weil einfach nur eine sinnleere Aussagenverdoppelung, die korrekte und inhaltlich einzig logische Zusammenführung wäre „Studenten demonstrieren“, wobei die heute zur Beruhigung der Empörungskreischer gern verwendete nochmalige Verdoppelung in „Studentinnen und Studenten“ ebenso sinnlos ist, da der Plural in der deutschen Sprache automatisch das weibliche „die“ vorgesetzt bekommt. „Die Studenten“ schließt in dieser durch den Artikel generisch weiblichen Form also alle zum Studium inskribierten Menschen ein, egal welchen Geschlechts. Nach dem sowieso bereits das Substantiv verweiblichenden „die“ soll nun also noch einmal eine extra verweiblichende Veränderung des Substantivs stattfinden.

Erstaunlich ist, dass sich da Akademiker hinstellen, die (!) ihren Titel offensichtlich der Orchideenforschung verdanken, aber das sprachliche Wissen eines Kindes besitzen, das gerade in der ersten Klasse der NMS sitzengeblieben ist. Sie fordern eine „geschlechtergerechte“ Anpassung der Sprache, haben von Sprache aber keinen Dunst. Sie basteln sich selbst dubiose Zusammenhänge zwischen Formulierungen und geschichtlichen Entwicklungen, bis sie zu der in diesen Kreisen doktorarbeitswürdigen Erkenntnis kommen, dass die Entwicklung der technischen Ingenieursberufe auf dem Wissen alter Schmiede und Mechaniker basiert, und weil im Mittelalter keiner das Konzept der weiblichen Ansprache einer Schmiedin kannte, fühlten sich Mädchen durch diesen Beruf nicht angesprochen (an den Arbeitsbedingungen hat es ja anscheinend nicht gelegen), wodurch seit dem Mittelalter Frauen in der Technik und bei schweren körperlichen Arbeiten eher unterrepräsentiert sind. Deshalb müsse man jetzt einfach alle Berufsbezeichnungen verweiblichen und schon würden alle Mädchen in den technischen Berufen Schlange stehen. Und wenn das nicht funktioniert, erfinden wir eine männliche Unterdrückung dazu, die von Vätern gegen Töchter angewandt wird und zu der Forderung führt, dass die Kinder am Besten gleich nach der Geburt den Vätern entzogen werden müssten.

Doch zurück zur Sprache. Das Argument, dass es bezeichnend für die nur auf das Stellen von Forderungen ausgerichtete Gender-Sprachvergewaltigung ist, dass zwar von „Ingenieurinnen und Ingenieuren“ die Rede sein soll, aber niemals von „Mörderinnen und Mördern“, wird gerne mit dem Widerspruch vom Tisch gewischt, dass eben statistisch häufiger männliche Mörder vorkommen als weibliche Mörderinnen, sodass man diese nicht explizit ansprechen müsse. Dass dies Unsinn ist, sieht man daran, dass es statistisch betrachtet auch mehr Ingenieure als Ingenieurinnen gibt, trotzdem soll man diese Minderheit explizit durch künstliche Wortschöpfungen „ansprechen“.

Das ganze Elend basiert ja auf einigen Dogmen, die für die Protagonisten der Sprachvernichtung unangreifbare Wahrheiten darstellen, die dem Ganzen glatt den Status einer Religion verpassen könnten.

1. Die Sprache formt die Gedanken. Da wir in Sprache denken, muss die Sprache nur „richtig“ verändert werden und diese Veränderung führt dazu, dass wir auch anders denken. Deshalb war das erigierte Feministinnen-I unbrauchbar, weil man es lesen, aber nicht denken kann. Der Versuch, dadurch Menschen zu konditionieren, immer und ausschließlich eine künstlich verweiblichte Sprache zu denken, ist an der Realität gescheitert. Dass auch die Doppelnennung scheitern wird, ist abzusehen, aber besonders auf öffentliches Reden konditionierte Leute wie Politiker haben sich das bereits antrainiert, automatisiert „Wählerinnen und Wähler“ oder „Bürgerinnen und Bürger“ zu schwurbeln. Da kommen dann die Verhaspler mit den „Gästinnen und Gästen“ her; Reflexe können eben auch mal nach hinten losgehen.
Aber diese Leute haben sich das aufmerksamkeits- und wahlstimmenheischend hart antrainiert, die normalen Bürger haben darauf keine Lust und nur das Berieseln mit Neusprech aus dem TV allein reicht nicht aus.

2. Die Gedanken formen die Realität. Falsch. Die Gedanken formen gar nichts, sie bestimmen nur die Bewertung der Realität. Ich kann mir allein mit der Kraft des Geistes vorstellen, ein Glutbett würde aus weichem Moos bestehen, und ich kann darüber laufen, ohne dass der Körper seine erfahrungsgemäß besten Reaktionen auf Verbrennungen zeigt. Man bekommt weder Panik noch Brandblasen. Aber jeder, der einen Feuerlauf schon einmal mitgemacht hat, kennt auch die alles entscheidende Regel: Man darf auf keinen Fall stehenbleiben! Denn man kann zwar seinen Kopf überlisten, aber nicht die Realität. Die brennt sich gnadenlos in die Hornhaut, wenn man das vergisst.
Wenn jetzt also Leute das mit dem Konstruktivismus zu ernst nehmen und mangels geistiger Aufnahmefähigkeit nicht begreifen, dass Gedanken niemals Dinge sondern nur die Sicht auf Dinge verändern können, dann glauben sie, man müsse nur fest genug Glauben, um auch real Berge versetzen zu können. Und dazu muss man richtig denken, und zum richtigen, zum wahren Denken gehört die richtige, die wahre Sprache.
So geht Religion.

Ich betrachte den gewaltsamen Eingriff in meine Sprache und den Versuch, mich unter Strafandrohung dazu zu zwingen, anders zu sprechen und zu schreiben als es grammatikalisch richtig und vernünftig ist, als strukturelle Gewalt und schweren Eingriff in die Freiheit der Rede, als religiös-ideologische Indoktrination und den Versuch, mich zu brechen. Die neue Rechtschreibung habe ich mir ja noch gefallen lassen, sowas wurde schon früher standardisiert, und das war ja gar nicht so falsch; aber diese vor sinnleeren Flosken und dummen Wortbandwürmern nur so strotzende Formulierungsvergewaltigung meiner Sprache lehne ich kategorisch ab. Sollte es toleranzkreative oder verständniseingeschränkte Frauen, Männern, Transvestiten, Zwitter oder Queerirgendwasdingsbums geben, die oder das oder welches auch immer sich nicht explizit von mir angesprochen fühlen, dann kann ich denen nur sagen: Tja, euch habe ich auch nicht gemeint.
Der Empfänger bestimmt, ob er etwas hören oder lesen will, annehmen oder verwerfen. Ich gebe die Information, jetzt kann jeder daraus machen, was er will.
Das nennt sich Freiheit.

1 Kommentar:

  1. Vor 20 Jahren (Schlechtschreibreform) kam mir eine erste leise Ahnung, wohin die Reise gehen könnte, die mit dem Reichserziehungsminister Bernhard Rust 1944 begann. Ich besorgte mir noch schnell den raren Duden 1990 und beobachte mit Galgenhumor den Gang der Dinge.

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