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Dienstag, 3. April 2018

Dingist

Der Schmäh, dass es immer wieder heißt „Auto fuhr in Menschengruppe“, ist abgelutscht. Dafür hat Musk gesorgt. Seine Tesla schaffen das ganz ohne Fahrer. In Zukunft müssen wir also mit viel mehr Auto-Immunerkrankungen rechnen, wenn einem so eine Kiste mal eben durch die Milz rollt, weil man zur falschen Zeit auf dem falschen Fahrrad saß. Das nicht einfach in Peking umgefallen ist sondern auf einem mitteleuropäischen Radweg den Radar dieser Westentaschen-K.I.T.T.s unterflogen hat. Ob man auch terroristischen Hintergrund ausschließen kann, wenn dieser Selbstunfaller auf einen amtsbekannten salafistischen Gefährder angemeldet ist – ach was, die fahren nicht mit sondern stehen unter Strom. Die steigen höchstens auf Diesel um, weil sie den Mumpitz glauben, dass wir plötzlich zu Tausenden tot umfallen, wenn wir aus Versehen einen Rußpartikel einatmen.

Musk selber, dieser kleine Tagträumer, der angeblich hochtrabende Ideen hat, obwohl von ihm eigentlich nichts kommt, was nicht schon Kinder der Siebziger in Science-Fiction-Heftchen gelesen haben – Elektroautos, landefähige Raketen und Röhrenbahnen wurden uns als ganz normaler Alltag im nächsten Jahrhundert vermittelt – und der so viele Milliarden Schulden hat, dass es eh schon nicht mehr darauf ankommt, jetzt noch ein Auto zum Mars zu schicken, trägt sich wohl mit dem Gedanken, dahin auszuwandern. Mit der nächsten Rakete eine Solartankstelle und dann noch ein Gewächshaus und schnell hinterher, bevor die Gläubiger und Aktionäre merken, dass da nichts mehr kommt als warme Luft.

Doch zurück zu den Autos, die in Menschengruppen fahren. Sie waren lange Zeit das Paradebeispiel für den Journalismus der Dinge, der es mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, das Böse niemals einem Menschen sondern immer den Dingen anzuhängen. Oder gleich Abstrakten. Das Osterwochenende ist ja bekannt dafür, Verkehrstote zu fordern. Das hat es mit dem Straßenverkehr gemeinsam. Wenn ich denen mal begegne! Und dann die Waffen. Da wurde ein Mann von einer Kugel getroffen oder ein Messer traf in die Rippen. Ganz von selbst. Das Böse unter der Sonne.
Doch jetzt wird es immer skurriler. So titelte letztens das gratis auf U-Bahnhöfen zum Konsum ausliegende Qualitätsblatt „Österreich“:

Schirmständer bohrte sich in Hals“

Wie muss man sich das vorstellen? Im schönen Land Tirol gerieten zwei unbescholtene Tiroler, einer ein Marokkaner, der andere ein Ungar (oje, meine ungarischen Freunde werden mich wieder schelten, nicht „Zigeuner“ geschrieben zu haben), ob eines wohl nicht ganz eindeutigen Geschäftsablaufes mit Stimmungsaufhellern ein wenig aneinander. Und weil sie sich so übel stritten, wurde es einem Schirmständer zu blöd. Er sah die Notwendigkeit, einem der Beiden zur Seite zu stehen (er entschied sich für den Marokkaner, da dieser eigenen Angaben zufolge noch minderjährig ist) und sprang deshalb dem Anderen ins Gesicht und bohrte sich einfach so, mir nichts dir nichts, in dessen Hals.

Also ab heute begegne ich Dingen wie Schirmständern mit weit größerer Vorsicht. Ich entwickle einen gewissen Generalverdacht. Ich teile Dinge in wahrscheinlich harmlose Dinge und womöglich gefährliche Dinge. Schirmständer haben aktuell den Platz getauscht. Ich bin ein Dingist. Oder Sachist? Egal, irgendein -ist eben.
Wie diese Schlagzeile. Die ist ein M-ist.

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