Es
ist noch nicht lange her, daß die Staatsanwaltschaft Graz mit ihrem
Feldzug gegen die Identitären vor Gericht (in beiden Instanzen) famos
auf die Schnauze gefallen ist. Das tut natürlich weh, und so liegt es
nahe, eine Retourkutsche zu fahren, wenn sich's ergibt. Und es ergab
sich ...
Christchurch-Attentäter spendete an Identitären-Chef
Vor mehr als einem Jahr erhielt Martin Sellner, Sprecher der rechten "Identitären", eine 1500-Euro-Spende von dem Mann, der nun in Neuseeland 50 Menschen erschossen hat. Nun gab es eine Razzia bei Sellner.
... schreibt DiePresse
(wie üblich: von APA ab). Lassen wir mal das Problem außen vor, daß die
Formulierung der APA-Mitteilung höchst voreingenommen ist,
selbstmurmelnd bei einem pöhsen rechten Täter auf das sonst
obligatorische »mutmaßlich« nonchalant »vergessen« wurde, und was derlei
Quisquilien mehr sind.
Aber einfach zum Mitschreiben:
Ein
letztinstanzlich vom Verdacht der Beteiligung an einer terroristischen
Vereinigung rechtskräftig Freigesprochener wird von der
Staatsanwaltschaft mit einer Razzia bedacht, weil er vor einem Jahr eine
überschaubar große Spende von € 1.500,00 von einem Mann erhalten hat,
der ein Jahr später im begründeten Verdacht steht, fünfzig Menschen am
anderen Ende der Welt erschossen zu haben.
Die
Entgegennahme von Spenden, selbst wenn sie von einem rechtskräftig
verurteilten Verbrecher stammen sollten, ist nicht verboten. Umso mehr
daher auch die Entgegennahme einer Spende von jemandem, der nicht
rechtskräftig verurteilt wurde, weil er die Tat, die er »mutmaßlich« —
wir wollen doch immer schön korrekt bleiben, liebe Journaille, nicht
wahr? — begangen hat, zum damaligen Zeitpunkt eben noch nicht begangen
hat.
Was begründet also die Zulässigkeit einer Razzia?
Was begründet also die Zulässigkeit einer Razzia?
Ich
gehe beispielsweise davon aus, daß ein rechtskräftig verurteilter
ehemaliger ÖVP-Abgeordneter im EU-»Parlament« und davor ÖVP-Minister —
Politik-Kundigen sicherlich auch ohne Namensnennung wohlbekannt — im
Verlauf seiner Politikerkarriere eine ganze Reihe von Spenden getätigt
hat. Mir ist nicht zu Ohren gekommen, daß es auch nur gegen einen
einzigen dieser Spendenempfänger eine Razzia gegeben hätte. Ei, warum
denn bloß nicht?
Immer wieder spenden auch interessierte Lobbyisten an Organisationen, von denen sie sich Vorteile erhoffen (sonst spendeten sie ja wohl nicht). Ich bin daher ganz schon gespannt darauf, zu erfahren, wie viele Razzien es bei den politischen Parteien, oder den Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmer-Verbänden, Gewerkschaften, den Kirchen etc. geben wird. Ich wage die Prognose: keine einzige ...
Was ist also von einer Staatsanwaltschaft zu halten, die wohl einen genau von diesem Vorwurf rechtskräftig freigesprochenen, kleinen Staatsbürger unter der Beschuldigung der Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung verfolgt — aber alle Augen in jenen Fällen fest zudrückt, wo es ganz im Gegensatz zu kleinen Würstchen, wie eben diesem Herrn Sellner, vielleicht wirklich um etwas gehen würde?
Wenn ich mir ansehe, mit welch deutlich erkennbarer »Bearbeitungsunlust« sich die Ermittlungen bspw. in der Inseratenaffaire um einen ehemaligen SPÖ-Verkehrsminister (und später noch viel mehr) dahinschleppten, oder etwaige Straftaten von Gewerkschaftsfunktionären im Zusammenhang mit dem BAWAG-Skandal leider, leider in ungewissem Halbdunkel verbleiben, bis sie vielleicht leider, leider infolge Verjährung nicht mehr verfolgbar sind, dann darf immerhin gemutmaßt werden (wir wollen auch gegenüber der Staatsanwaltschaft doch stets korrekt bleiben!), daß hier ein Anfangsverdacht auf unterschiedliche Bearbeitungsweise je nach politischer Nähe bzw. Ferne des Behördenapparates im Verhältnis zum beamtshandelten Objekt nicht gänzlich von der Hand gewiesen werden kann. Um es einmal vorsichtig zu formulieren.
Denn wir wollen doch nicht, daß demnächst von der APA eine »Razzia gegen einen Blogger« gemeldet werden muß. Der im Gegensatz zu einem Herrn Sellner zwar keinerlei Spenden erhält — aber möglicherweise sich schon in seiner Spendenannahmeweigerung für eine Staatsanwaltschaft Graz erst recht verdächtig macht ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Um Missbrauch vorzubeugen, habe ich die Moderation aktiviert. Da ich im Laufe des Tages auch anderen Tätigkeiten als Bloggen nachgehe, kann es etwas dauern, bis ein Kommentar freigegeben wird. Dafür bittte ich um Entschuldigung.
Und bitte, liebe Kommentatoren, verzichtet auf rechtlich fragwürdige oder extrem unhöfliche Beiträge, das erspart allen Beteiligten Ärger.
Zm Datenschutz möchte ich auf ein paar Punkte hinweisen:
Erstens handelt es sich bei Blogger um einen Google-Dienst, für den die Datenschutzerklärung von Google gültig ist, zu finden hier:
https://ssl.gstatic.com/policies/privacy/pdf/20180525/853e41a3/google_privacy_policy_de_eu.pdf
Zweitens ist nichts an diesem Blog gewerblich, es wird weder Werbung geschaltet noch lasse ich gelegentlich auftauchende, als Kommentar getarnte Werbung durch den Filter; ich verdiene keinen Cent mit diesem Blog und bettele nicht einmal um freiwillige Spenden. Es liegt an keinem Punkt eine gewerbliche Nutzung vor.
Drittens erhalte ich keine Daten, die über die freiwilligen Angaben der Kommentarposter hinausgehen, benötige keine Daten, speichere und verarbeite keine Daten, ja, interessiere mich auch nicht für irgendwelche Daten.
Wer mir eine Mail schreibt, gibt damit seine Mailadresse bekannt, die eine Weile in meinem Postfach liegen bleibt und nach einiger Zeit (meist so einmal im Monat wird geputzt) mitsamt der Nachricht von mir gelöscht wird.
Und Viertens: Wer nicht möchte, dass ich irgend eine Daten von ihm habe, möge bitte Abstand davon nehmen, mir solche zukommen zu lassen. Ich finde es erschreckend dumm von Menschen, erst ihre Daten auszustreuen, und sich dann aufzuregen, wenn andere diese haben. Das ist, als wenn ich meine Visitenkarten über Wien ausstreue und dann verlange, dass jede einzelne zu mir zurückgebracht oder nachweislich verbrannt wird. Passt auf Eure Daten gefälligst selbst auf!