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Samstag, 23. September 2017

Friedensprojekt

Das „Friedensprojekt“ EU steckt in der Zwickmühle. Auf der einen Seite wollen sich die Verwaltungsbeamten rund um Truchseß Juncker neuerdings irgendwie demokratiekompatibel geben, auf der anderen Seite spuckt ihnen der Wahlpöbel mal wieder gehörig in die Suppe.

In Spanien sind in diesen Tagen Bilder zu sehen, von denen man nicht weiß, ob man dabei an die Krim oder die Ostukraine denken soll. Das katalanische Volk will sein (übrigens im Völkerrecht verankertes) Grundrecht auf ein Referendum über seine Unabhängigkeit von Spanien wahrnehmen. Die demokratisch gewählte Vertretung der Autonomen Gemeinschaft Kataloniens hat dazu ein Gesetz verabschiedet, das die Modalitäten des Referendums regelt und dieses Referendum zum ersten Oktober angesetzt hat.
Und wie das so ist in einem „demokratischen“ Gebilde, haben prompt in Madrid die Parlamentarier der restlichen Regionen Spaniens mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass das illegal sei. Die drei Wölfe haben beschlossen, dass die Entscheidung des Schafes, nicht zum gemeinsamen Frühstück gehen zu wollen, automatisch zur gerechten Strafe des Gefressenwerdens führt.

Bis dahin roch das alles nach einer Politposse. Doch wie es scheint, wird es langsam ernst. Die Spanische Zentralregierung hat der Katalanischen Regierung die Guardia Civil, jene paramilitärische Zivilbehörde, die nicht erst seit ihrer unrühmlichen Rolle während des Franco-Faschismus und wegen ihres Versuches, danach per Putsch das Land zu übernehmen, besondere Beliebtheit genießt, auf den Hals geschickt. Regionalregierungsmitglieder wurden verhaftet, Stimmzettel konfisziert und vernichtet, Wahlbehörden mit Repressalien bedroht und über 700 katalanische Bürgermeister werden angeklagt und vor Gericht gestellt, weil sie öffentlich bekräftigt haben, für das Referendum zu sein. Dabei müssen sie nicht einmal pro Sezession eingestellt sein, allein die Befürwortung des Referendums reicht.

An diesem Punkt hat es bereits den Geruch türkischer Zustände. Demokratisch gewählte Volksvertreter eines Regionalparlamentes werden von der Zivilgarde der Zentralmacht in den Knast gesteckt, ihre Büros und Wohnungen durchfilzt, Stimmzettel zu einem Referendum vernichtet, Befürworter Repressalien ausgesetzt. Inzwischen gehen tausende Katalanen täglich auf die Straße.

Das Paradoxe ist ja, dass seit Monaten Umfragen ein Bild ergeben, das eine deutliche Führung der Gegner einer Abspaltung zeigt. Man müsste einfach abstimmen lassen und dann feststellen, dass es eh alles beim Alten bleibt. Aber irgendwie bekommen anscheinend einige alte Recken der Guardia und deren politischen Falkenfreunde, die schon lange nicht mehr gegen die eigenen Leute die Waffen anlegen durften, das Jucken im Abzugsfinger, und provozieren die Katalanen bis aufs Blut. Allein durch das repressive Vorgehen gegen demokratisch gewählte Volksvertreter Kataloniens steigt den stolzen Katalanen die Wut auf. Österreicher kennen das Gefühl. Und so kommt es zu der Situation, dass zwar noch immer eine Mehrzahl gegen die Abspaltung zu sein scheint, aber eine überwältigende Mehrheit jetzt das von Madrid inkriminierte Referendum fordert. Und Befürworter wie Gegner sich zum Protest gegen Madrid treffen.

Spätestens an diesem Punkt wäre eine Stellungname, ach was, ein aktives schlichtendes Eingreifen der EU gefordert. Das großartige „Friedensprojekt“ schaut irritiert auf Spanien, das im Inneren mit täglich wachsender repressiver Gewalt gegen Teile der eigenen Bevölkerung vorgeht, demokratische Beschlüsse, gewählte Volksvertreter wegen ihrer politischen Tätigkeit einsperrt und seine Gardetruppen samt Schützenpanzern rings um Barcelona zusammenzieht. Und kann nichts tun. Denn würde die EU den militärischen Aufmarsch gegen die katalanischen Separatisten verdammen, müsste sie Gleiches auch gegen die Kiewer Regierung aussprechen. Würde sie den Separatisten das Recht auf Abspaltung zugestehen, müsste sie das auch dem Donbass. Wenn sie aber das aggressive militärische Drohgebaren inklusive Inhaftierungen und Razzien gegenüber den Katalanen befürwortet, dann kann sie sich kaum noch ernsthaft von Erdogan und dessen Kampf gegen kurdische Separatisten distanzieren. Man hat sich politisch in eine Sackgasse manövriert, wie das früher oder später passiert, wenn Schein und Sein nicht zusammenpassen. Als heldenhafte Kämpfer für die Rechte der einfachen Menschen müssen sie die militärischen Muskelspiele Madrids gegen die eigene Bevölkerung verdammen, als Truchsesse des selbst über den Spanischen Zentralstaat gestülpten Europäischen Reiches müssen sie aber jede noch so kleine Sezessionsbestrebung auf Kontinentaleuropa mit allen Mitteln bekämpfen.

Egal, wo sich Brüssel positioniert, ja sogar egal, ob es das überhaupt tut, in jedem möglichen Fall ist die Katalonien-Krise ein Fiasko.

Was ihr auch auf den Kopf fallen kann, ist der Vertrag von Lissabon. Denn wie heißt es so schön in der den Völkern aufgestülpten EU-Verfassung neben der Erlaubnis zum letalen Waffengebrauch bei „Aufständen“ (und als solchen wird Madrid beim Fallen des ersten Schusses die Separatisten-Demos bezeichnen):
Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“
Man erkläre den Bürgerkrieg und dann spielt es sich, dass Erdogan dagegen wie ein lupenreiner Demokrat aussieht.
Und das mit dem Segen der EU. Dann fallen die Masken.

1 Kommentar:

  1. ich empfehle Oriana Fallaci zu lesen
    http://mohammed.freehostyou.com/orianafallaci01/index.html
    http://mohammed.freehostyou.com/orianafallaci02/index.html

    ebenso nach Eurabia zu googlen

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