„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Donnerstag, 24. September 2020

Eine kleine Gutentagsgeschichte zum Donnerstag

Wochenlang lungerte ein Obdachloser auf der Straße vor meinem Anwesen herum und schlich sich jeden Tag näher heran. Irgendwann stand eine rastabezopfte Demonstrantin neben ihm und hielt ein Pappschild hoch, auf dem die Forderung stand, ich solle den Ärmsten doch gefälligst in mein Haus aufnehmen, das wäre groß genug und ich hätte auch genug zu essen, um ihn mitzuversorgen. Und ich hätte ja auch schon einen Koch, einen Gärtner und ein Zimmermädchen von der Straße aufgenommen, da wäre es ja eine Schande, wenn ich den Ärmsten der Armen nicht auch aufnehmen würde.


Ich war nicht bereit, ihn aufzunehmen, da ich diese Forderung für überzogen hielt, bot ihm aber an, ihm jeden Tag etwas zu Essen zu geben. Von dem Moment an campierte er in meiner Einfahrt. Innerhalb weniger Tage kamen etliche seiner Kollegen und gesellten sich zu ihm, sodass mein Koch schon bald jeden Tag extra für diese Versammlung kochen musste.


In einem unbewachten Moment schlüpften die inzwischen von mir auch mit frischer Kleidung versorgten Camper durch das Tor und setzten sich auf meinen Rasen. Vor dem Tor versammelten sich derweil die Anhänger der Rastabezopften und schrien unter erwachendem medialen Interesse, ich solle doch endlich dafür sorgen, diese Menschen alle in mein Haus aufzunehmen, mein Zögern wäre eine Schande und würde meine Menschenfeindlichkeit demonstrieren. Meine Gegenfrage, warum sie niemanden von den Gestalten auf meinem Rasen mitnehmen und versorgen, erfolgte bestialisches Wutgeheul und die Drohung, mein Haus anzuzünden.


Da mir die Obdachlosen immer noch irgendwie leid taten, obwohl sie offensichtlich von denen, die mich hassen, instrumentalisiert wurden, um mich medial anzugreifen, ließ ich ihnen ein Zeltlager in meinem Vorgarten errichten, stellte ihnen ein Dixi-Klo dazu und eine Campingdusche und nahm einen Angestellten auf, der sich nur um die Versorgung dieses Zeltlagers kümmern sollte.

Doch egal, wie viele Zelte ich aufstellen und wie weit ich die Wasserleitung legen ließ, jeden Tag kletterten mehr und mehr über meinen Zaun und zogen in das Zeltlager ein.


Als ich eine Security einstellen wollte, die meine Grundstücksgrenzen besser schützt, würde diese mit Wutgebrüll und Steinewürfen verjagt und die Medien schrieben, ich würde mein Anwesen in eine unmenschliche Festung verwandeln und meine wahre Fratze als widerlicher Menschenhasser offenbaren, dem es egal wäre, wenn an seinem Gartenzaun Menschen erschossen würden oder Kinder verhungerten. Meine Entgegnung, ich würde niemanden erschießen lassen und nachweislich wohl niemanden verhungern, denn ich belieferte das Zeltlager inzwischen mit mehreren Gerichten, um niemanden zur Ernährung mit seinen religiösen Gefühlen widersprechenden Nahrungsmitteln zu zwingen, wurde in den Medien als billige Ausrede eines reichen Egoisten verrissen, dessen menschenfeindliche und rassistische Fratze täglich immer deutlicher zum Vorschein käme.


Während in einer Sondersendung die Frage diskutiert wurde, wie man mich per Gesetz und mit Staatsgewalt dazu zwingen könnte, endlich mein Haus zu öffnen und den Bewohnern des Zeltlagers einen Rechtsanspruch auf mein Eigentum zu schaffen, fackelten vom täglich lauter werdenden Geschrei der Rastazopfigen und ihrer Mitdemonstranten aufgepeitschte Terroristen mein Auto ab und schickten mir Drohbriefe, sie wüssten, wo meine Faschistenkinder in die Schule gehen und ich solle nur gut aufpassen, dass ihnen kein Unfall passiert, denn das könne bei Nazischweinen schon mal vorkommen.

Die folgende Anzeige bei der Polizei wurde mit der lakonischen Bemerkung, ich solle mir keine Hoffnung auf Aufklärung machen und bräuchte ja nur mehr Menschlichkeit zeigen, dann wäre das Problem erledigt, abgetan.


Letzte Woche wurde das Zimmermädchen, von ihrem freien Tag heimkommend, bei dem Versuch, an dem Zeltlager vorbeizugehen, von einer dort lungernden Gruppe junger Männer in die Büsche gezerrt und vergewaltigt. Sie bat mich unter Tränen, nichts davon zu erzählen, denn die Demonstranten hätten sie eh schon als rechtsextreme Nazischlampe niedergebrüllt, weil sie über Belästigungen gesprochen habe.

Ich forderte daraufhin von den Insassen des Zeltlagers, das inzwischen mein Haus fast umschloss und aus dem täglich Gebrüll mit der Forderung, sie endlich ins Haus zu lassen, ertönte und Steine gegen meine mittlerweile panzerverglasten (ein weiterer Beweis meiner Unmenschlichkeit) Fenster fliogen, sich zu benehmen, sonst müsse ich sie alle von meinem Grundstück schaffen lassen.


Die folgende Demonstration gegen Polizeigewalt und mich als widerlichen, alle Obdachlosen unter Generalverdacht stellenden, faschistischen Menschenfeind und herrenmenschlichem Nazidenken Verhafteten füllte die gesamte Straße und endete erst, als die Polizeikette sich entschuldigend niederkniete und den Demonstranten einen heiligen Schwur leistete, niemals einen Finger gegen die Anwohner des Zeltlagers zu rühren, das inzwischen mein Haus umschloss.

Inzwischen lagerten dort so viele Menschen, dass allein deren Versorgung nicht nur meine Küche sondern auch meine finanziellen Möglichkeiten überforderte. Die Demonstranten vor meinem Anwesen schleppten fast jeden Tag irgend jemand Obdachlosen von irgendwo auf dieser Welt an und schoben ihn durch die inzwischen in meinen Gartenzaun geschnittenen Löcher. Die Medien hatten auf der anderen Straßenseite ein Studio aufgebaut und berichteten permanent von den menschenunwürdigen Zuständen in dem angeblichen KZ, das in meinem Garten stand, obwohl es doch ganz Un-KZ-like jedem frei stand, dieses jederzeit unbehelligt zu verlassen (was als weiterer Beweis meines menschenfeindlichen Zynismus angesehen wurde) von dem Müll und Dreck, den die Anwohner selbst produzierten und nicht wegräumten und meiner hässlichen Fratze als widerlicher Menschenfeind.


Gestern dann eskalierte es vollkommen. Unter Geschrei und Gesängen zündeten sie das vorher auf wundersame Weise in die restlichen leeren Plätze des Parks evakuierte Zeltlager an und tanzten zwischen den brennenden Zelten. Die Medien überschlugen sich in der Berichterstattung über meine Schande, mit meiner faschistischen Abschottung und Menschenfeindlichkeit die Ärmsten zu solchen Verzweiflungstaten zu treiben und massenhaft Tote zu provozieren. Die anrückende Feuerwehr wurde von den Demonstranten blockiert und mein Koch, der löschen helfen wollte, von einem Pflasterstein ins Koma befördert.

Nach einer Sondersendung, die sich mit dem Thema befasste, wie man mich endlich dazu zwingen könnte, meine menschenverachtende rassistische Verweigerung, alle Ärmsten dieser Welt in mein Haus aufzunehmen, zu verköstigen und mit Wohlstand zu versorgen, bekam ich die Nachricht, dass meine Faschistenkinder von der der Toleranz und Haltung verpflichteten Schule gefeuert wurden und gezwungen, mit einem Pappschild „Ich bin ein weißer Nazi“ vor dem Schultor zu knien und die Welt um Entschuldigung für ihre Erbschuld zu bitten.


Ich habe aufgegeben.

Nachdem in der Nacht marodierende Horden die letzten Reste des Zeltlagers niedergebrannt hatten und eine rußverschmierte alte Oma ihr angeblich durch meine Schuld leidendes Enkelkind kreischend in die begierig die Szenerie aufnehmenden Kameras hielt, bin ich durch die Hintertür geflohen. Inzwischen haben die Demonstranten das Tor aufgebrochen und mein Haus zur Plünderung freigegeben. Ich weiß nicht, was aus dem Koch und dem Dienstmädchen geworden ist. Für die interessiert sich keiner. Nur dass man in meinem Haus nichts finden konnte, das die Plünderer interessierte, was ein weiterer Beweis meiner Widerlichkeit wäre, denn die Tatsache, dass ich die längste Zeit pleite bin durch meinen verzweifelten Kampf gegen die Vernichtung meines Rufes und meines Anwesens, interessiert auch niemanden und wird deshalb gern verschwiegen.


Ich habe meine Kinder abgeholt und wir haben uns von deren verbliebenen Taschengeld ein altes Zelt gekauft. Mit dem campieren wir jetzt unter neuer Identität in der Einfahrt des reichen Vaters der rastabezopften Anführerin der Demonstranten, der selbst noch nirgends durch besondere Nächstenliebe aufgefallen ist. Mein ehemaliger Gärtner hat sich bereit erklärt, als Demonstrant mit einem Pappschild zu fungieren. Jetzt warten wir nur noch, dass ein Medienvertreter vorbeikommt, dann kann die Show beginnen.




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