„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Samstag, 3. Februar 2024

Fußnoten zum Samstag

 

Wie ist das jetzt eigentlich? Gibt es ein deutsches Volk oder gibt es das nicht, wie besonders der linke Rand permanent herausbrüllt und es unter dem aktuellen linksradikalen Regime Einheitsmeinung sein soll?

Die Frage ist angesichts der aktuellen Diskussion nicht ganz unerheblich, da es zwar Passdeutsche geben soll, aber keine autochthonen Deutschen. Und das Bekenntnis zu „unserer historischen Schuld“, dem sich ein Björn Höcke angeblich verweigert, brüllend eingefordert wird.

Was den Punkt „historische Schuld“ angeht, wäre es eigentlich schon nur zum Lachen, wenn die Auslegung dieses rabulistischen Unsinns nicht immer wieder an bestehendem Strafrecht anstreifen würde. Dass es eine Schuld gibt, die einen Diktator trifft, wenn er Millionen Tote produziert, braucht man nicht zu diskutieren; ich bestehe nur darauf, eine solche Schuld auch anderen Massenmördern wie Stalin, Mao oder Pol Pot zuzuweisen, deren Anzahl an Ermordeten sich vor den Toten des Naziregimes nicht verstecken braucht. Dass der Staat mit seinen Bürgern dies Schuld auf sich nehmen muss sehe ich bereits als diskussionswürdig an. Wenn die Schuld des Deutschen Reiches durch die demokratische Volksunterstützung der Mehrheit aufgeladen wurde, dann bürgt der Bürger – daher der Name – auch für die Folgen des Tuns seiner Anführer. Aber das würde bedeuten, dass der Nazistaat eine Demokratie gewesen wäre. Ich habe aber mal gelernt, und egal aus welchen Quellen ich mich informiere, ich bekomme auch nichts anderes heraus, dass Hitler eine astreine und brutale Diktatur aufgebaut hat, in der das Volk nichts zu melden hatte und in bis dato unbekanntem Umfang propagandistisch zugedröhnt und totalüberwacht wurde. Das Volk eines demokratischen Rechtsstaates, das eine solche Gräuelherrschaft gefordert und gefördert hätte, hätte eine unermessliche Schuld auf sich geladen, aber ein Volk, das in einer Diktatur als rechtlose Menschenmasse entweder an die Front oder zum Genickschuss kam, kann nun welche Verantwortung genau übernehmen? Wenn ich ein Volk, so ja immerhin die offizielle Lesart, von einer brutalen Diktatur befreie, dann kann ich es nicht auch noch zwingen, sich permanent für die Missetaten seiner Diktatoren zu entschuldigen. Hat es allerdings die Kollektivschuld auf sich genommen, weil es geschlossen hinter seinem Führer stand – dann kann man wohl kaum von einer Diktatur sprechen, dann wäre das ja eine lupenreine Demokratie gewesen. Was es meiner Meinung nach eindeutig nicht war. Diesen Widerspruch konnte mir bisher kein selbsternannter Linker anders erklären als mit der Hohlfloskel, man hätte eben selbst damals aktiven Widerstand geleistet und befände sich deshalb jetzt in der bequemen Position, die Menschen von damals für ihren mangelnden Mut zu verdammen. Aus dem Mund heute aalglatt in der Regierungspropaganda dahinschwimmender gratismutiger Windmühlenritter, die selbst Kampfparolen von der Internierung bis zur Tötung Andersdenkender begeistert mittragen, eine eher befremdliche Aussage. Die, die am lautesten brüllten: „Wehret den Anfängen!“, marschieren jetzt, wo es wieder anfängt, immerhin als Fahnenschwinger in der ersten Reihe mit.

Also die Frage der Kollektivschuld eines von einem Diktator in einen Krieg gezwungenen Volkes ist schon einmal nicht so leicht zu beantworten, denn Verantwortung kann ich als Mensch nur für das übernehmen, was ich selbst tue, nicht aber für das, wozu ich gezwungen werde. Übrigens auch dann nicht, wenn ich moralisch erpresst werde, ein Bekenntnis abzulegen. Ich bekenne freiwillig, ein liberaler Demokrat und Ablehner jeglicher Kollektivismen und Rudelgesellschaften zu sein. Das muss reichen.

Gibt es keine autochthonen Deutschen, wie wir vom ultralinken Rand und eingewanderten Fachexperten eingebläut bekommen, dann kann es auch keine kollektive Schuld des deutschen Volkes geben – wie kann sich etwas mit Schuld beladen, das es gar nicht gibt? Und wenn es damals ein deutsches Volk gab, wie kann es das dann heute nicht mehr geben? Sind die Nachfahren von Deutschen keine Deutschen mehr, weil es keine Vererbbarkeit der Volkszugehörigkeit gibt? Ich wäre dafür, zu diesem Thema mal einen Türken, einen Palästinenser, einen Japaner und einen Aborigine zu befragen. Es scheint das Alleinstellungsmerkmal des deutschen Volkes zu sein, seine eigene Existenz infrage zu stellen. Mir wären keine Diskussionen in den betreffenden Ländern bekannt, ob es so etwas wie Spanier, Franzosen, Finnen oder Ukrainer als souveränes Volk überhaupt gibt. Wenn es sie nicht gäbe, hätten sie auch keinen Staat. Und gäbe es keine Völker, gäbe es auch kein Völkerrecht und Völkerrechtsexpertinnen wären wieder nur einfache Trampolinhüpferinnen.

Ein Volk, das es nicht gibt, kann auch kein Schuld auf sich laden. Und gar kein Volk kann für die Schuld seiner Vorfahren in kollektive Sippenhaft genommen werden, eine Erbschuld auf sich laden, die nie getilgt werden kann. Wer dies trotzdem fordert und dafür sogar Rituale erfindet und Kultstätten errichtet, der tut sich schwer, mit Argumenten der Logik den Begriff „Schuldkult“ zu widerlegen. Es macht es zwar nicht appetitlicher, die Gräuel der damaligen Zeit zu instrumentalisieren, um deren heutige Instrumentalisierung zu entlarven, aber hier geht es nicht um Wertung sondern um Fakten. Und wer die völkerrechtlich eindeutig als schwere Kriegsverbrechen der Alliierten, von dem britischen Flächenbombardement der Stadtkerne von Großstädten bis zu den russischen Plünderungen und Massenvergewaltigungen, heute verleugnet und sogar deren Wiederholung fordert, hat moralisch schon mal gar kein Recht, über die Aussagen anderer Menschen irgend ein Urteil abzugeben.

Eine Frage finde ich aber auch noch interessant: Übernimmt man mit dem Pass die Erbschuld? Wird die Erbsünde also nicht nur vererbt, sondern kann man ihr auch beitreten? Und kann man sich von ihr lösen, indem man eine andere Staatsbürgerschaft annimmt? Ist das Kind eines nach Brasilien entwichenen Nazifunktionärs mit heute brasilianischer Staatsbürgerschaft also reingewaschen von der Schuld seines Vaters, das bis heute in Deutschland als Deutscher lebende Kind seines Opfers politischer Willkür aber mit der Erbschuld belastet? Muss das Kind des Opfers weiter und weiter bei der ganzen Welt für die Verbrechen des Täters um Entschuldigung bitten? Und warum genau soll es das tun müssen – es hat, selbst erst nach dem Ende dieser Schreckensherrschaft geboren, genau Null Verantwortung für das, was vor seiner Lebenszeit geschah. Es kann nur Verantwortung tragen für das, was es jetzt selbst tut.

Ich finde schrecklich, was unter der Naziherrschaft passiert ist und ich empfinde Mitleid für die Menschen, die in überwiegender Masse unpolitisch ihren täglichen Lebenskampf führend plötzlich in einer Diktatur des Schreckens aufwachen oder in sie hineingeboren werden, ohne etwas dafür zu können. Das Gleiche trifft auf Russen, Italiener, Spanier, Chinesen, Thais und andere Völker zu, die kommunistische oder faschistische Diktaturen (die in Wahrheit nur minimale Unterschiede in der Begründung ihrer Unmenschlichkeit kennen und ansonsten für den Insassen ein und das Gleiche sind) überstehen mussten und diese kaum von innen aufgelöst bekamen. Haben diese eine ewige Kollektivschuld auf sich geladen, weil sie sich lieber dem Kampf um das eigene tägliche Überleben und das ihrer Liebsten widmen als der Aufgabe, große heroische Taten vor der Weltgeschichte zu begehen und Reiche zu stürzen?

Heute gehen bürgergeldversorgte oder gewerkschaftlich dafür bezahlt von der Arbeit freigestellte Wohlstandskinder auf die Straße, um mutig zu verkünden, man würde Seite an Seite mit der heutigen Regierung jede Form des Extremismus bekämpfen. Neben sich überzeugte Anhänger kommunistischer Massenmörder, vermummte linksradikale Kampfgruppen und Träger von Transparenten mit Mordaufrufen gegen Oppositionspolitiker. Sie folgen einem Regime von Leuten, die „Vaterlandsliebe zum Kotzen“ finden und „mit Deutschland nichts anfangen“ können, die Deutschland als „mieses Stück Scheiße“ betrachten und sich wünschen, es würde „verrecken“.

Diese Leute verlangen von jedem Deutschen ein Bekenntnis zur immerwährenden Schuld, verleugnen dabei aber wahlweise die Existenz des „Deutschen“ oder legen sie durch Passbesitz fest.

Ich bekenne mich zu keiner Schuld für etwas, was andere Menschen dreißig Jahre vor meiner Geburt getan haben. Aber ich bekenne mich zu den Grundsätzen der Demokratie und des Liberalismus. Deshalb lege ich kein Bekenntnis vor Kommunisten und Faschisten ab sondern verachte sie, ebenso ihre Mitläufer und Fahnenschwinger. Mein Bedauern gilt nur denen, die unpolitisch bleiben wollen und dann doch wieder mitgerissen werden und denen, die dagegen ankämpfen, aber erfolglos bleiben müssen, weil sie eine zu klein Minderheit sind.

Wir haben keine Schuld an dem, was unter Hitler passierte. Aber wir haben Verantwortung für das, was heute passiert. Wem wir heute folgen. Und da heißt s, nicht nur die Aussagen von Höcke oder Weidel genau anzuhören, sondern auch die der aktuell regierenden Gestalten nicht zu vergessen, und die ideologischen und machtpolitischen Laufställchen, aus denen sie gekrochen kamen. Und mal den Tonfall und vor Allem die angewandten Methoden zu vergleichen mit damals.

Im dritten Flugblatt der Weißen Rose findet sich eine Bestätigung für Broders geradezu epische Aussage, dass sie damals so waren wie sie heute auch sind:

Goethe spricht von den Deutschen als einem tragischen Volke, gleich dem der Juden und Griechen, aber heute hat es eher den Anschein, als sei es eine seichte, willenlose Herde von Mitläufern, denen das Mark aus dem Innersten gesogen und die nun ihres Kerns beraubt, bereit sind, sich in den Untergang hetzen zu lassen.“

Wieder und wieder und wieder...


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