„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Donnerstag, 26. Januar 2017

Magdeburgisiert



Fast wäre es passiert und in Wien hätte sich Magdeburg wiederholt. Nein, ich meine nicht das historische Schleifen der Stadt im Dreißigjährigen Krieg mit Plünderung, Vergewaltigung und Brandschatzung in einem bis dahin unbekannten Ausmaß; damals stand das Wort "Magdeburgisieren" europaweit für brutale Gewalt von Söldnern gegenüber Zivilisten und das Niederbrennen einer Stadt. Heute steht es eher für ausrastende Studenten, die es nicht ertragen können, dass jemand in "ihre" Uni kommt, mit dessen Meinung sie nicht klarkommen. Die Zeiten des kritischen Dialogs sind vorbei, man arbeitet mit Drohungen und zur Not mit Gewalt, um den Anderen "keine Bühne" zu bieten. Studenten sind keine Forschenden und Wissensuchenden sondern politisch engagierte Propagandisten und Kämpfer für das, was sie selbst als soziale Gerechtigkeit definieren. Das Eine muss das Andere ja nicht ausschließen, aber wenn das Andere das Eine ersatzlos übernimmt, dann ist die Uni der falsche Platz für diese Leute; es gibt Parteiakademien und Kaderschmieden der Schattenorganisationen im Hintergrund zur Genüge.

Das Übliche, wir hatten das hier letzthin schon mehrmals: anstatt einfach einer Veranstaltung fernzubleiben, auf der Dinge angesprochen werden könnten, die den Schneeflöckchen auf der Wand ihrer Filterblase unschöne Schlieren verpassen könnten, schreit man das Ganze wütend nieder. Und so ist es kein Wunder, dass auch in der Uni Wien der angekündigte Besuch von Norbert Hofer, immerhin dritter Nationalratspräsident der Republik Österreich und nur knapper Unterlegener in einer Bundespräsidentenstichwahl, zu Aufrufen der Studentenvertreter führte, störend in die Veranstaltung einzugreifen.

Der Reflex des Veranstalters, Hofer sofort auszuladen und stattdessen lieber einen Ex-Häftling als Gastredner auftreten zu lassen, entspricht dem weltbekannten österreichischen Geist des Vorauseilenden Gehorsams. Da der Sicherheitsdienst der Uni seine Pappenheimer kennt (noch ein Bezug zum Dreißigjährigen Krieg), sprach er sofort eine Warnung vor gewaltsamen Ausschreitungen durch die linksextremen Krakeelstudenten und ihre Antifa-Freunde aus und der Professor tat das aus seiner Sicht einzig Richtige, um sein Seminar nicht zu einem Schlachtfeld der Einzig Wahren Glaubenskämpfer werden zu lassen. Es sollte nicht magdeburgisiert werden. Wie das so ist in Glaubenskriegen.

So weit sind wir schon. Dort, wo eigentlich die streitbare geistige Elite der Zukunft herangebildet werden sollte, gibt es auf Druck latent gewalttätiger Linksterroristen nur mehr einseitige Veranstaltungen. Linke gewaltaffine Studentenbünde legen fest, wer "ihre" Universität betreten darf - ungeachtet der Tatsache, dass es nicht "ihre" Uni ist sondern die der Steuerzahler, die ihnen eine Bildungsstätte zur Verfügung stellen. Und sie legen fest, welche Inhalte und welches Gedankengut in "ihrer" Uni überhaupt nur ausgesprochen werden dürfen.

Somit verkommen Universitäten zu Wohlfühloasen von Bummelstudenten und Kaderschmieden von demokratiefeindlichen Meinungsterroristen. Ihre Absolventen haben Pech: ihre Abschlüsse können von keinem denkenden Menschen mehr anerkannt werden und sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Menschen, die bereits während ihrer Ausbildung ihre Unfähigkeit zu Dialog und Konfliktbewältigung demonstriert haben, können in keinem Fachgebiet der Welt als Experten anerkannt werden, außer in Randale und Präpotenz. Und dafür haben wir genug Fachkräfte.

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