„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 25. Februar 2020

Lechts und Rinks

Man lasse sich nicht auf das Minenfeld der Nebelgranaten zerren und mit der ständigen Diskussion, ob die National-Sozialisten nun Linke waren oder Rechte, in sinnlose Scheingefechte verwickeln. Die Seiten der Sitzplätze in einem längst verbrannten Parlament sind irrelevant; das Einzige, was wirklich zählt, ist der Kern der Ideologie.

Es gibt zwei ideologische Richtungen, eine extrem starke und weit verbreitete des Kollektives, der Herde, die immer und überall in der Hierarchie der Diktatur endet, denn am Ende braucht die Herde ihren Leithammel, und eine leider die Minderheit der Menschheit bildende Ideologie der absoluten Freiheit und Selbstverantwortung des Individuums, das sich kollektiver Zusammenschlüsse allein aus Gründen der Bewahrung der Freiheit des Einzelnen bedient. Während die Kollektivisten nach einer Vertiefung des Kollektivs bis zur Aufgabe der Individualität im kollektiven Einheitsbrei streben und daher immer in einer grauen Herde enden, die in braunen, roten oder grünen Hemden begeistert ihren Führern zugrölt oder in minutenlangen Ovationen und Heilsrufen die größte Erfüllung finden, werden Individualisten die Kollektivierung immer auf das absolut notwendigste Maß beschränken und ausreichend Abwehrmaßnahmen gegen ein Überhandnehmen der Macht des Kollektivs ergreifen, Demokratie nur in personalisierter und direkter Form als solche betrachten, Parteien und Hierarchien als Steine im Getriebe der Freiheit verstehen und jedes Streben nach starker Hand ablehnen.
Sind Kommunisten Kollektivisten?
Sind Sozialisten Kollektivisten?
Sind Nationalsozialisten Kollektivisten?
Welche Rolle spielt es dabei, ob man sie nach links oder rechts schiebt? Welche Rolle spielt es dabei, ob sie sich selbst an irgend einer Seite sehen?

Immer wenn sich Kollektive zusammenfinden, die das Ziel des Kollektivs über das Ziel des Individuums stellen, weil nur das Kollektiv die wahre Haltung, Moral und Heilslehre besitzt und die Unterordnung des Einzelnen unter diese Gruppe fordern anstatt der hundertprozentigen Diensterfüllung des Kollektives für den Einzelnen und seine Freiheit, dann hat man es mit Kollektivismus zu tun. Mit Zusammenrottungen, Aufmärschen, Fahnenmeeren, gebrüllten Parolen, gereckten Fäusten und endlich Blutrausch. Deshalb gleichen sich die Ausbrüche der Kollektive im letzten Jahrhundert so sehr, deshalb haben sie immer in Diktaturen und in mehr oder minder großen Blutbädern geendet. Und das wirklich Perverse daran: jene, die sich glücklich in ein Kollektiv einfügen, sich zur Borg-Drohne assimilieren lassen, glauben auch noch die Lüge, sie würden nur dadurch die wirkliche Freiheit erfahren.

Ach ja, die Kollektivismus-Theorie beschreibt auch die Unmöglichkeit von Integration, außer man hat es mit jemandem zu tun, der bewusst und freudig ein neues Kollektiv sucht. Muslime können nicht in unsere Gesellschaft assimiliert werden, weil sie bereits in einem Kollektiv assimiliert sind, das unsere Gesellschaft als haram ablehnt. Das hat nichts mit Bösartigkeit zu tun, mit Verhetzung oder irgendwelcher dubioser Verächtlichmachung, wie auch immer die aktuellen Kampfparolen der Verteidiger der Kollektive lauten mögen, sondern damit, dass es Kollektive gibt, die man verschmelzen kann, und Kollektive, die inkompatibel sind. Ist die Ideologie ähnlich und der Wertekompass gleich geeicht, kann es zu einem Zusammenschluss kommen, außer, die Kollektive verstehen sich als direkte Konkurrenz; ein Denken, das übrigens allen Religionsgemeinschaften inhärent ist. Weshalb sie immer nebeneinander existieren können, aber nicht miteinander. Sie können nicht verschmelzen. Es funktioniert nicht. Deshalb wird auch das große Gesellschaftsexperiment, dessen ungefragter, aber zur Teilnahme gezwungener Zeitzeuge wir sind, misslingen. Es wird blutig misslingen.

Und anstatt das Problem im Kollektivismus als Solchem zu suchen werden sich die Kollektive nur wieder gegenseitig die Schuld zuschreiben. Manche Tage lässt mich das Gefühl nicht los, wir sitzen mental immer noch streng in Horden getrennt auf Bäumen und bewerfen uns gegenseitig mit Kokosnüssen. Und am lautesten kreischen jene, die glauben, sie wären zu Führern erkoren, und sei es nur moralisch.

Die Individualisten waren immer in der Geschichte der aufrecht gehenden Schmalnasenaffenhorden Außenseiter und Spinner. Und es waren gleichzeitig jene, die diese Affen am weitesten gebracht haben, zivilisatorisch wie technologisch. Und die Oberkreischer, Empörungsschreier, Parolenbrüller, Mittelfingerzeiger und moralischen Zeigefingerwedler sind allesamt und durch die Bank Vertreter des Kollektivismus; Leute wie Hitler, Stalin, Mao und wie die lange Liste der Massenmörder lauten mag waren und sind nur die blutrote Spitze eines gigantischen Gebirges von kollektivistischen Verbrechern. Ihre Anhänger bis heute befeinden sich, weil jeder glaubt moralisch besser zu sein als der Andere, aber am Ende sind sie alle Diener des gleichen Götzen: des heiligen Kollektivs. Des Volkes, der Rasse, der Klasse, der Genossen.
Deshalb ist es so pittoresk, wenn sich Marxisten und Stalinisten als Verteidiger der Demokratie gegen Nationalkonservative stellen und diese als Nazis bebrüllen, während die echten in ganz anderen Kleinparteien sitzen und sich ins Fäustchen lachen. Kollektivisten schreien, dass die Anderen Kollektivisten wären.

Nur gegen die Individualisten, da sind sich die meisten einig.
Denn das Einzige, was dem Kollektiv gefährlich werden kann, ist die Idee der Sinnlosigkeit seiner Existenz. Die Erkenntnis, dass es eben keine Höhere Aufgabe gibt, keine Missionierung, keine Bekehrung, keine Klassenrettung, keine Rassenrettung, keine Klimarettung, keine Flüchtlingsrettung, keine Weltenrettung, die die Existenz des Kollektivs und sein rigides Vorgehen gegen das Individuum rechtfertigt.

P.S. Und den getretenen Hunden vom linksradikalen Hetzkollektiv gleich vorweg ins Stammbuch geschrieben: Genau deshalb habe ich kein Problem mit Menschen, die herkommen und an einem demokratischen System und einer solidarischen Gemeinschaft mitbauen wollen, die die Freiheit des Individuums stärkt und die Potenziale der Menschen sich entfalten lässt. Aber solche Menschen kommen nicht. Sondern noch strenger konditionierte und fanatischere Kollektivisten als wir selbst schon haben, die unsere Freiheit des Einzelnen zutiefst verachten. Und auf die kann ich gerne verzichten.

P.P.S. Und noch was zum um sich greifenden Wahn: Die in der Herde trottenden und die Parolen des Leithammels blökenden Schafe glauben, sie wären die, die Haltung zeigen würden, während die wenigen, die sich gegen den Leithammel stellen und Freiheit fordern, nur Feiglinge sind.
Das glaubten sicher fackelziehende Pimpfe ebenso wie aufmarschierende FDJ-Züge. Sie verteidigten Führer, Volk und Vaterland oder den Sozialismus und den Weltfrieden gegen feige Feinde; Juden, Bolschewiken, Konterrevolutionäre, Faschisten, Rechte… Feindbild austauschbar.
Es ändert sich gar nichts; an ihrem Handeln könnt ihr sie erkennen.
Und an ihrem Hass und ihrer Hetze gegen jeden, der sich im Namen der Freiheit gegen das grölende Kollektiv stellt.

P.P.P.S. (bevor mir die P‘s ausgehen) ein netter Spruch, den ich letztens aufgefangen habe: „Politiker sind wie Bananen – die grünen und die braunen kannst du vergessen!“

1 Kommentar:

Fiona hat gesagt…

Danke für den wunderschönen und glasklar Probleme und Grenzen aufzeigenden Beitrag! Hier wird einmal nicht "gehetzt", sondern ohne rechte oder linke Scheuklappen zum Nachdenken angeregt.
Wenn es nur mehr solche Vordenker gäbe!