„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 28. November 2017

Fünf, setzen!

Immer wieder fragen mich Leser, warum ich mir das antue, den „Standard“ zu lesen.
Nun, es ist ein Selbstexperiment. Ich gebe mir jeden Tag mindestens drei „Standard“-Ergüsse und selbstreflektiere dann, ob ich eine mentale Veränderung an mir bemerken kann, irgend einen Einfluss der mit der medialen Stalinorgel abgefeuerten Propaganda-Raketen, die in meinen Geist einschlagen. Doch ich spüre nur eine Mischung aus Belustigung und Unglaube. Es ist ein täglicher Quell des Erstaunens ob der Unfähigkeit der Schreibknilche, eine neutrale Sprache in der Berichterstattung zu verwenden, wenn die Emotionen so richtig mit ihnen durchgehen und sie über Trump, Strache oder Kurz berichten müssen (und das auch noch mindestens einmal pro Tag auf Geheiß der Redaktion) und ihnen die Finger nur noch ekelverkrümmt auf die Tastatur hacken. Ich habe gelernt, es zu genießen, die Spuren des Geifers zwischen den Zeilen zu erahnen, der ihnen von der Unterlippe auf die Tastatur tropft, wenn sie berichten müssen über Dinge, die ihrer ultralinken Einstellung widersprechen.

Wenn man das noch toppen will, gibt es die Kommentare, meist gleich mal im vierstelligen Bereich und geradezu triefend vor Hass und Wut, wenn es um Strache und Kurz geht. Und dabei ist sogar das Artikelthema egal; selbst wenn nur über einen Zuchtkaninchenwettbewerb in Untertupfingen berichtet wird, bei dem ein brauner Hase gewonnen hat, dauert es maximal drei Einträge, bis der erste angepisste Ex-Silberstein-Mitarbeiter sich darüber auskotzt, dass jetzt eben die Nazi-Hasen aus ihren Löchern kriechen und sich die spießigen Nazi-Hasenzüchter wieder trauen, braune Hasen zu prämieren, weil Kurz und Strache denen Mut machen. Dass auch in den letzten Jahren recht selten rote oder grüne Hasen oder gar Hasen mit Burka solche Wettbewerbe gewonnen haben, spielt dabei keine Rolle. Es muss einfach raus. Und sei es nur ein: „Der sieht aus wie Trump seine Frisur!“, denn es spielt keine Rolle, um was es geht, die müssen einfach ihre Wut über eine Welt ausspeiben, in der es gegen ihren erklärten Willen Leute wie Trump, Strache oder Kurz überhaupt gibt.
Es ist so lustig!

Gestern gab es zum Beispiel den täglichen Aufreger (es ist immer ein Aufreger für die rosarote Fangemeinde, wenn irgendwas über die Beiden kommt) über den aktuellen Stand der Koalitionsverhandlungen zwischen Kurz und Strache. Und für mich interessant, weil es diesmal um das Thema Schule und Bildung geht, dass mir schon wegen meiner zwei Zwerge am Herzen liegt. Wenn es heute schon nicht mehr überall klappt, dass Eltern und Lehrer zusammenarbeiten (da haben wir mehr Glück als die meisten unserer Bekannten), so muss es nicht auch noch sein, dass sie gegeneinander arbeiten. Es gibt genug Punkte, an denen ich meinen Kindern beibringen muss, nicht alles, was einige Lehrerinnen so absondern, wörtlich zu nehmen, vor Allem wenn es um Weltfrieden, Klimawandel, Umweltschutz und die Gefahr durch intolerante Spießbürger geht.

Jedenfalls titelte der „Standard“ gestern:

Koalitionspläne: Schulnoten wieder Pflicht, Ausbau der Ganztagsschule“

Bei „Schulnoten wieder Pflicht“ lief in Sekundenschnelle vor meinem inneren Auge ab, was sich jetzt wohl in der „Standard“-Kommentargemeinde abspielen wird. Das ist ja, wie Rotkäppchen in eine Stierkoppel sperren. Und ich behielt Recht, da ging es rund!
Ich habe ja den Verdacht, dass Linke nur deswegen das System Schule so zerschlagen wollen, weil sie die Schulversager, Dumpfbacken und Grenzidioten waren, die damals schon glaubten, die Noten an ihre Schuhgröße anpassen zu müssen. Sie toben ihren Hass gegen ein System, für das sie unfähig und zu dumm waren, jetzt als Erwachsene aus. Sie kreischen gegen Schulnoten, weil sie die einfach abgrundtief hassen, denn schon damals haben diese Noten der ganzen Welt in aller Brutalität gezeigt, was für Vollpfosten sie sind. Und zeigen jetzt auch, wie blöd deren heutige Klientel ist.
Doch zurück zu dem Artikel.

Das "Neue", das ÖVP und FPÖ für ihre gemeinsame Regierung versprechen, dürfte auch manch Altes beinhalten. In einer bildungspolitischen Frage planen Türkise und Blaue jedenfalls einen Schritt zurück: Das traditionelle, fünfteilige Schulnotensystem soll in den Volksschulen wieder zum Maß aller Dinge werden.“

Tropf, tropf…
Natürlich ein schlimmer Schritt zurück, und wir wissen ja, Schritte zurück sind fürchterlich. Egal, wenn man feststellt, sich auf einem falschen Weg zu befinden, es muss trotzdem progressiv weitergegangen werden, denn umdrehen und auf einen anderen Weg einschwenken ist sowas von ewiggestrig und gaga. Da rutscht uns vor Geifern auch schon mal ein „Maß aller Dinge“ raus, wenn es nur um ein Bewertungssystem für prüfbare Leistungen geht. Der Ton macht die Musik, die Formulierung verrät das Denken der Autoren.

Derzeit haben die Schulen dank ihrer Autonomie die Wahl: Lehrer und Eltern entscheiden zu Beginn des Schuljahres, ob die Kinder nach klassischen Noten von "Sehr gut" bis "Nicht genügend" beurteilt werden oder mittels einer schriftlichen "Leistungsinformation", die größere Differenzierungen ermöglicht. ÖVP und FPÖ wollen dieses System nun ändern...“

„Dank“ ihrer Autonomie, oh ja. Wenn es um die Wahl der Mittel (zum Beispiel gegenderte oder ungegenderte Schulbücher) geht, gibt es keine Autonomie, da wird „dank“ der Macht des Staates drübergefahren. Aber beim Bewertungssystem, da spielt es Wunschkonzert?!
An unserer Schule haben sich zum Glück die meisten Eltern und Lehrer auf das Notensystem geeinigt. Und das aus einem einfachen Grund: Es macht Ergebnisse vergleichbar und bewertbar. Es gibt Hinweise auf Förderungsbedarf. Und es ermöglicht denjenigen Eltern, die sich aktiv dafür interessieren, trotzdem, bei den Lehrern Informationen einzuholen,, warum es genau diese Note geworden ist. Leistungsinformationen besorgen sich Eltern nämlich einfach von den Lehrern; aber ausgerechnet jene, die am Lautesten kreischen wegen Schulnoten und Leistungszwang sind oft genau die, die sich übers Jahr bei keinem Elternsprechtag einfinden und auch sonst keine drei Worte mit den Lehrern reden oder gar mit ihrem Kind üben.
Ich will beides: eine klare Note und eine ebenso klare Begründung. Und ich bekomme es. Ich muss nur etwas dafür tun, nämlich nachfragen.

Standard soll das Fünfer-System auch wieder an den Neuen Mittelschulen werden, wo es derzeit sieben Noten gibt – ein Vorhaben, das Bildungswissenschafter Stefan Hopmann begrüßt: Die siebenstellige Skala sei "ein Schuss in den Ofen gewesen", zumal die Schulen diese völlig unterschiedlich interpretiert hätten.“

Wundert keinen, denn die ganze „NMS“ ist ein Schuss in den Ofen. Scheißteuer aber sinnlos und damit gewissermaßen ein Paradebeispiel linker Bildungsexperimente.

Abgesehen davon sieht der Experte im türkis-blauen Plan vor allem "Symbolpolitik". Die Frage der Noten werde überbewertet, zumal in Österreich auch die verbale Bewertung derart standardisiert ausfalle, dass es sich quasi um eine Notenvergabe handle: "Da heißt es dann etwa, ein Schüler habe eine ,befriedigende‘ Leistung erbracht. Da fehlt nur die Ziffer."“

Hahaha! Hat das jeder? Na? Nochmal zusammengefasst: Oben wird bejammert, dass der Unsinn, Lehrer zu stundenlanger Formulierung schneeflöckchentauglicher Leistungsbeurteilungen zu nötigen, eine viel größere Differenzierung ermöglicht, und hier wird jetzt zugegeben, dass es eh nur eine wortreiche standardisierte Verschwurbelung exakt des gleichen Notensystems ist, das oben so angeekelt von sich geschoben wird. Wenn es also nur eine Beschreibung der gleichen Noten ist, was genau spricht dann eigentlich dagegen, einfach die Noten selbst zu verwenden? Weil es für linke Schneeflockenseelen zu brutal ist?
Man fasst es nicht. Die widersprechen sich selbst innerhalb weniger Sätze und merken es nicht einmal. Ein weiterer Hinweis darauf, was die selbst wohl damals für Schulnoten hatten.

Durchforstet und kritisch hinterfragt werden sollen die vielen Erlässe des Ministeriums. Gerüttelt wird von blauer Seite etwa an jenem Erlass, der Sponsoren an Schulen Schranken setzt. Werbung ist dort derzeit zwar nicht verboten, unterliegt aber strenger Regeln – etwa um aggressive Geschäftspraktiken zu verhindern.“

So, und jetzt einmal das Original aus dem „Krone“-Artikel, auf den sich der „Standard“ inhaltlich bezieht:

Aufräumen wollen die Teams von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auch mit den zahlreichen Formularen und Erlässen im bekannt stark verwalteten Schulsystem. Im Konzept der beiden voraussichtlich künftigen Regierungsparteien steht unter dem Titel "Sofortmaßnahme": "Komplette Überprüfung aller in Kraft stehenden Erlässe, Verordnungen und Rundschreiben. Diese sind auf ihre Praktikabilität und Erfordernis zu bewerten.
Als Beispiel für die überbordenden Erlässe wird von den Verhandlern genannt, dass es "allein seit August 2017 insgesamt fünf Erlässe zum Thema Gender gab. Alle Erlässe beinhalten neue Richtlinien. Das heißt, dass alle drei bis vier Wochen ein neuer Erlass zum gleichen Thema gekommen ist." " (...)
Durchforstet werden auch die "unzähligen Erlässe zum Bereich der politischen Bildung" an den Schulen. Kritisch bewerten ÖVP und FPÖ ebenfalls, dass es einen Erlass gibt, wonach Schulen keine Sponsoren aufstellen dürfen. Auch das soll sich ändern.“

Der Unterschied zwischen „Kritisch bewerten ÖVP und FPÖ...“ und „Gerüttelt wird von blauer Seite...“ ist jener zwischen Journalismus und Propaganda, der sich dann auch im Weglassen alles Anderen (besonders des Gender-Themas) manifestiert, weil das Stöckchen „Sponsoren“, kreativ erweitert um „aggressive Geschäftspraktiken“ im ultralinken „Standard“-Forum erwartbar zum Aufheulen der Kommentatorenmeute führt. Man schürt Empörung, befeuert die Hetzer und reibt sich die Hände.
Man sollte auch für Journalismus die Benotung einführen.
Diesmal „Standard“: Fünf, setzen!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wo liegt denn das Problem? Das LehrerXin, das darauf besteht, kann doch einfach zur Benotung noch eine schnneflöckchentaugliche (ich muss immer noch schmunzeln) Verbalbewertung dazu liefern!? Und die ElterXinnen die es interessiert, können es lesen. Alle andern lassen es einfach ;-)

Ich freue mich jedenfalls, dass die neue Regierung in spe einige der Schwachsinnigkeiten der letzten Jahre korrigieren will ... nicht nur im Bildungsbereich.

Anonym hat gesagt…

Grossartiger Artikel, wie immer!

Tut gut zu lesen und festzustellen, dass man wohl doch nicht ganz alleine mit seiner Meinung dasteht.