Im Internet wabert ein ultrarechter rassistischer Hetzartikel herum,
der die nordafrikanischen Migranten in Frankreich eindeutig
volksverhetzend diffamiert, um Hass zu schüren. Auf widerliche und
menschenverachtende Weise werden zur schenkelklopfenden Häme des
Stammtisches Gruselgeschichten verbreitet und Ängste geschürt. Und
diese widerliche Hetze liest sich unter dem scheinbar
tatsachenverdrehenden Titel „Braune Flut“ dann so:
„Den Pariserinnen wird das Plätschern vergällt. Wo ein
vereinzelter Bikini im Frei-Bassin paddelt, ist er bald von
bräunlichen Schwimmern eingekreist und angetaucht. Zehn, zwanzig
Algerier -Hände zerren an den Verschlüssen des Badekostüms und
rauben der Trägerin das Textil.“
Was für Schauermärchen werden da erzählt, nur um gegen Geflüchtete
und Nordafrikaner rassistisch zu hetzen! Die wollen eben ein bisschen
Spaß, ein bisschen Flirten, und schon wird das, was bei
„einheimischen“ Jugendlichen ein harmloser Spaß ist, als
widerliche Sexattacke verunglimpft, nur weil Ausländer auch einmal
lustig sein wollen! Im Weltbild ultrarechter Hetzer haben
Nordafrikaner still im Slum in ihrem Dreck zu sitzen und nicht
lustige Stunden im Freibad zu verbringen.
„Die Bademädchen meiden die Wässer an solchen Tagen, ihr
männlicher Anhang bleibt fern. Energische Bademeister, die gegen die
Freibeuter einzuschreiten wagen, werden nach Dienstschluss
auf dem Trockenen von feindseligen Rotten bedroht.“
Wenn die „Bademädchen“ fern bleiben, wem zerren denn die bösen
Nordafrikaner das Bikinioberteil vom Leib? Da erkennt man die
substanzlose Hetze der Rechtsextremen; erst jammern sie, dass keine
Mädchen mehr baden gehen und dann beschweren sie sich über die
Afrikaner, die den nicht vorhandenen Mädchen ihre nicht vorhandenen
Bikinis vom Leib reißen.
Und dann wird auch noch von „feindseligen Rotten“ fabuliert. So
reden nur Nazis von Gruppen harmloser zugewanderter Jugendlicher.
„Die
Pariser Polizei sah sich bald vor der Aufgabe, mit einer Kolonie von
200 000 Algeriern fertig zu werden, die zwar nur drei Prozent der
hauptstädtischen Bevölkerung ausmacht, auf deren Konto jedoch im
vergangenen Jahr
- 32 Prozent der
Morde,
- 39 Prozent der
Autodiebstähle und
- 58 Prozent der
Diebstähle mit Schusswaffengebrauch
gingen.“
Da feiert sie wieder fröhliche Urständ‘, die
Kriminalitätsstatistik der Ultrarechten, aus der sich trefflich die
Hetze gegen alles Fremde ableiten und die Xenophobie füttern lässt.
Es reicht ja nicht, die Schutzerflehenden als Widerlinge und
Sexunholde zu diffamieren, man macht sie auch für die ganze
Kriminalität verantwortlich. Im Mittelalter hieß es eben: Holt die
Töchter rein und schließt euer Hab und Gut weg, die Zigeuner
kommen! Heute nimmt man einfach Algerier und wiederholt die gleiche
Hetze. Die eigenen Verbrechen, die häusliche Gewalt, Vergewaltigung
und Brutalität hinter den eigenen vier Wänden werden da vorsorglich
ausgeblendet: Wir sind alles ganz liebe Engelchen, die anderen sind
das Böse, das Verbrecherpack!
Haben wir noch was vergessen?
„Ein Teil der Einwanderer importierte überdies die Gewohnheiten
ihrer sanitär unterentwickelten Heimat samt den dort in Blüte
stehenden Gebrechen - Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten - nach
Frankreich.“
Genau, sie sind „unterentwickelt“, diese Untermenschen, und sie
schleppen uns alle möglichen Krankheiten ein, wahrscheinlich auch
Ungeziefer und Krätze! Spätestens nach diesen Zeilen sollte der
Staatsanwalt wegen Verhetzung aktiv werden!
„Die französischen Gesundheitsbehörden konnten gegen die
unhygienische Flut ebensowenig mit Sondermaßnahmen vorgehen wie die
Pariser Polizei gegen die Kriminalität der Braunen.“
Oh, da weint das Auge des Rassisten, die bösen Neger konnten weder
in Desinfektionsmittel eingelegt noch einfach beim Begehen der ersten
kleinen Verzweiflungstat sofort erschossen werden.
„In
den hauptstädtischen Schwimmwassern werden die Braunen sich
weiterhin tummeln, um die Baigneusen anzutauchen und abzutasten. Der
für Muselmanen ungewohnte Anblick knapper Bikinis läßt die
Schwimmer Freuden ahnen, die sie sonst schwer finden: Unter den 600
000 Frankreich-Algeriern sind nur 40 000 Frauen.“
In den unendlichen Weiten des Internets werden sich die Braunen auch
weiterhin tummeln, auch wenn der heroische kleine
Justizministerdarsteller des Merkelschen Kabinetts sich voller Mut
gegen diese Braune Flut in den Kampf wirft. Und so finden sich solche
widerlichen, menschenverachtenden und (zumindest bei Claudia Roth)
Tränenausbrüche produzierenden Hetzartikel auch lange nach ihrem
Erscheinen immer noch im Netz, jahrelang, jahrzehntelang, der
Löschung entzogen und auf Ewig in Sicherungskopien bewahrt.
So
eben auch diese üble Hetze, die in deutschen und österreichischen
Ohren ganz aktuell zu klingen scheint, aber Zustände beschreibt, die
die Franzosen bereits vor einem halben Jahrhundert erdulden mussten.
Der Artikel ist nämlich vom 15. Juli 1964. Und erschien in keiner
rechtsnationalen Hasspostille sondern im „Spiegel“.
Und ja, unter dem Titel „Braune
Flut“.
Woran man eines erkennt: An den Zuständen hat sich nichts geändert.
Aber an der Berichterstattung.
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