„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 18. September 2017

Farce

Polen, dessen Volk es ähnlich dem ungarischen gewagt hat, sich mehrheitlich und wiederholt gegen eine weitere Rückkehr zu einem verklärten Sozialismus zu entscheiden und lieber eine national-konservative Regierung haben möchte, die für den Fortbestand der erst vor wenigen Jahrzehnten mühsam ertrotzten Demokratie steht und das im letzten Jahrhundert mehrfach, vor Allem aus Richtung Westen, von Vertreibung und Genozid bedroht war, hat es wiederholt gewagt, seine demokratisch legitimierte Volksvertretung Gesetze beschließen zu lassen, die anderswo in Europa schon lange geltendes Recht sind.

Das Luxemburger Rumpelstilzchen, das nun wohl doch noch länger den Truchseß für die Kaiserin von Europa spielen muss, die noch mit der Abwicklung ihres Untertanenvolkes beschäftigt ist, hat einmal mehr seine Abneigung gegen demokratische Entscheidungen offenbart und zum wiederholten Mal bewiesen, dass er zwar keine Ahnung hat, aber das gerne kommuniziert. Die vor Allem deutschen und auch österreichischen Medien transportieren diesen Unfug unreflektiert und überlassen es einmal mehr ihrem Konsumenten selbst, den Inhalt zu hinterfragen und den Ursprung des Unsinns irgendwo in eine Skala zwischen Weisem Herrscher und abgehalftertem Alkoholiker mit Cäsarenwahn einzusortieren.

Was haben die renitenten Polen jetzt wieder verbrochen, dieses, wenn man unseren Systemmedien und den rotzigen Kommentaren der Aufgehetzten im „Standard“-Forum glauben will, faschistische und europafeindliche, unsolidarische und ultranationalistische Pack, dass es auch noch wagt, auf Anweisungen aus Berlin und Wien besonders empfindlich zu reagieren, nur weil der letzte genozidale Versuch Deutschlands, Land und Volk vom Globus zu eliminieren, auch noch unter einem Österreicher stattfand? Empfindlichkeit gegenüber den zwölf wichtigsten Jahren Deutschlands, die in der offiziellen Geschichtsschreibung inzwischen die gesamte Vergangenheit Deutschlands darstellen und über die sich Staat und Volk in den letzten Jahrzehnten allein definiert, steht nun einmal nur den Deutschen und den Österreichern zu. Den Deutschen, um sich im Täterkult zu suhlen, den Österreichern, um sich als Opfer daran anzuhängen. Die wirklichen Opfer haben den ihnen zugewiesenenen Platz an der Klagemauer einzunehmen und ansonsten die Klappe zu halten.

Die Polen haben, festhalten, jetzt kommt es knüppeldick, gewagt, das Pensionsalter herabzusetzen. Und zwar, und das ist besonders perfide, auf 65 Jahre für Männer und 60 Jahre für Frauen!
Na bumm!
Das ist eindeutig diskriminierend und überhaupt ein Unding!
Dass die Polen nicht bis 67 arbeiten müssen oder gar wie die Deutschen eine Diskussion um die Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 73 diskutieren, kann natürlich damit zusammenhängen, dass es weder ein Hartz-IV-Modell in Polen gibt noch das Land Millionen an zugewanderten Lebenszeitarbeitslosen durchfüttern muss. Während der Michel danach lechzt, seine Generationenschuld an der Welt abzuarbeiten, indem er noch mit dem Rollator an den ihm dankbar aus der Dönerbude zuwinkenden Ganztagsfreizeitlern vorbei zur Schicht wackelt, gibt es aber auch noch andere derart die altersarbeitswütigen Frauen auf die Junckersche Stirn schwer runzeln lassend diskriminierende Staaten. Wie zum Beispiel Österreich. Auch hier gibt es (noch) die 65/60-Regel, auch wenn an der „Harmonisierung“ der Pensionsregelung gearbeitet wird und die heute unter 40-jährigen Frauen sich bereits darauf freuen dürfen, endlich antidiskriminierend auch bis 65 arbeiten gehen zu dürfen, um das von den gleichen arabischen und nordafrikanischen Jungmännchen, die ihnen heute beim Joggen oder Baden nachstellen, ausgeplünderte Sozialsystem pensionsseitig zu entlasten.

Schön ist die Reaktion der Polnischen Gewerkschaft. Die Solidarnosc hat auch schon anderen diktatorischen Demokratiefeinden die Stirn geboten, selbst als wegen ihrem Wirken das Kriegsrecht in Polen ausgerufen wurde und eine kommunistische Militärjunta die Macht übernahm.

Solidarnosc-Chef Piotr Duda sagte in Warschau, die Reform entspreche „der Verfassung, den Verträgen und den demokratischen Entscheidungen der Polinnen und Polen“. Es handele sich „nicht um eine Diskriminierung, sondern im Gegenteil um ein Privileg, das den Frauen in Polen zugute kommt“. Die Absenkung des Renteneintrittsalters hatte zu den Versprechen der PiS vor der Parlamentswahl 2015 gehört, die Reform soll im Oktober in Kraft treten. Die Opposition kritisierte diese Strategie als zu kostspielig.“

Tja, weder demokratische Willensbildung noch das Einhalten von Verfassungen und Verträgen, ganz zu schweigen von Wahlversprechen, sind Konzepte, mit denen der Brüsseler Reichsrat etwas anfangen kann.

Dass die EU, allen voran die üblichen Verdächtigen, wegen jeder Aktion der Polnischen Regierung heftige Attacken gegen Polen reitet, selbst wenn die nur beschließen sollten, das Telefonbuch von Warschau alphabetisch rückwärts zu sortieren, diese permanente unerträgliche Einmischung und gar Beleidigung ungewählter Verwaltungsbeamter gegen ihre Auftraggeber, scheinen einem System zu folgen. Die renitent aufmüpfigen Briten sind raus, das war gewollt und wurde offensichtlich begrüßt, jetzt gehört der politische Puffer gegen den Russen abgekoppelt und auf das Abstellgleis geschoben. Die EU will beschleunigen, die Oststaaten sperren sich, also werden sie abgehängt. Das „Europa der zwei Geschwindigkeiten“, noch vor wenigen Jahren als rechtspopulistische Verschwörungstheorie von „Europahassern“ abgetan, wird jetzt ganz offen von EU-Funktionären gefordert.

Und da ist kein Argument zu blöd und keine Anrotzerei zu billig. Nachdem die Polen es gewagt haben, ihr Verfassungsgericht auf eine Art und Weise umzugestalten, dass es dem entspricht, was in westlichen Staaten längst Gang und Gäbe ist, ist es jetzt also das österreichische Renteneintrittsalter, an dem sie die Empörkömmlinge in den Brüsseler Hallen aufrubbeln. Morgen vielleicht das Telefonbuch.
Was für eine Farce.

1 Kommentar:

Frolleinwunder hat gesagt…

jaja, sehr schön, die Polen.
Aber können Sie mir das einmal näher erläutern: "und das im letzten Jahrhundert mehrfach, vor Allem aus Richtung Westen, von Vertreibung und Genozid bedroht war"?

Und ein Ketzer könnte ja einwenden, dass die Polen sehr wohl ihr Renteneintrittsalter bestimmen können, wie sie wollen, aber immer auch daran denken sollten, dass sie mit Abstand der größte Netto-Empfänger von "EU"-Zahlungen sind. Wer dabei EU ist, sollte klar sein.