„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 23. Oktober 2017

Umstritten

Der umstrittene Nischenkanal „N24“ des milliardenschweren „Springer“-Konzerns, der besonders durch die permanente Ausstrahlung von Hitler-Dokumentationen zu zweifelhaftem Ruhm gelangt ist, hat über seinen Printableger „Welt“ den Wahlsieg des konservativen und wirtschaftsliberalen Kandidaten Andrej Babis kommentiert.

Dieser erste Satz meines heutigen Beitrages kann als Spiegel betrachtet werden, und damit meine ich nicht das Käseblatt der Konkurrenz G&J sondern einen echten Spiegel. So schreiben die Federkielakrobaten der „Welt“ nämlich im Sinne ihrer Eigentümerin, die bekanntlich feste Busenfreundin der alternativlosen Kanzleuse ist, merkelergeben über jeden, der es wagt, die von dieser ausgerufene Staatsdoktrin der teutonischen Invasionsbesoffenheit mit kritischen Augen zu sehen. Ganz wichtig sind die Begriffe „umstritten“ (früher wurde auch „obskur“ verwendet, aber man passt sich an das Bildungsniveau des Durchschnittskonsumenten an, oder, um es in neumodischem Orchideensprech auszudrücken, muss die Bildungssystemopfer da abholen, wo sie zu finden sind: am unteren Rand der geistigen Ernährungskette, weshalb man Fremdwörter lieber vermeidet; nicht alles Fremde wird als Bereicherung anerkannt) und „populistisch“, aber auch der Hinweis auf „Milliardär“ darf nicht fehlen.

„Umstritten“ ist ja eine propagandistische eierlegende Wollmilchsau. Einmal mit diesem Stempel versehen, ist der scheele Blick vorprogrammiert. Wie muss man denn das aufnehmen, was jemand von sich gibt, der „umstritten“ ist? Dabei hinterfragt kein Mensch, was das Wort überhaupt bedeutet. Ist nicht jeder Mensch, der in seiner Position exponiert vor Volk und Medien steht, in diesen durchaus „umstritten“? Gibt es nicht verschiedene Meinungen über jede Regierung? Da fällt mir gerade die sehr umstrittene deutsche Kanzlerin ein, aber auch der obskure deutsche Justizminister, der linkspopulistische SPD-Chef Schulz und sein umstrittener Amtsvorgänger Gabriel. Und wenn in den Medien der milliardenschweren Kanzleusenfreundin Friede Springer explizit darauf hingewiesen wird, dass der Wahlsieger ein „umstrittener Milliardär“ ist, fällt hoffentlich nicht nur mir auf, dass das nicht einer gewissen Situationskomik entbehrt.

Der 63 Jahre alte Babis hatte sich im Wahlkampf als Euroskeptiker, Kritiker der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gegner einer tieferen EU-Integration profiliert.“

Allein damit hat er sich das Begriffstriumvirat „umstritten“, „populistisch“ und „Milliardär“ ehrlich verdient. In den Kreisen der Kritiker des moralischen Herrschaftsanspruches des postfaktischen rechtsbeugenden neuteutonischen Merkel-Regimes eine Art dreifacher Ritterschlag.

Die Sozialdemokraten (CSSD), die bisher den Regierungschef gestellt hatten, erlebten laut Zwischenergebnis ein Debakel. Sie stürzen auf 7,5 Prozent ab (2013: 20,5 Prozent).“

Scheint ein europaweites Phänomen zu sein, dass die Leute aufwachen und die Sozen in die Bedeutungslosigkeit abwatschen, in die sie gehören. Außer in Ländern wie Griechenland oder Österreich, wo die höchsten Raten an Staatsbediensteten zu finden sind und ein gewisser Prozentsatz daher dankbarkeitswählt, egal welche Sauereien die Sozen auch abziehen.

Die Partei konnte Politologen zufolge nicht von der boomenden Wirtschaft und der niedrigen Arbeitslosenquote von nur 3,8 Prozent profitieren.“

Tja, die Leute fallen auf den Schmäh nicht mehr rein, dass sich ausgerechnet die Sozen mit den Leistungen, die die Wirtschaft trotz dieser Saugmonster im Pelz erbringt, auch noch zu schmücken versuchen.

Kritiker vergleichen ihn mit US-Präsident Donald Trump oder dem Italiener Silvio Berlusconi und warnen vor einer nie dagewesenen Konzentration medialer, politischer und wirtschaftlicher Macht.“

Nein, nicht „Kritiker“, sondern die Schreiberlinge von Friede Springer selbst tun das, einer milliardenschweren Konzernerbin, die gleichzeitig Merkels beste Freundin ist. Und dieser politisch-mediale milliardenschwere Springer-Merkel-Komplex lässt in seiner Hauspostille die Konzentration politischer, medialer und wirtschaftlicher Macht aufdecken?!
Wenn das keine gelebte Situationskomik ist.

Babis präsentierte sich erfolgreich als Gegner des Establishments, obwohl seine Partei seit 2014 mit in der Regierung war.“

Nicht nur das. Er selbst nämlich als äußerst erfolgreicher Finanzminister. Naja, muss man ja nicht erwähnen. Die Kunst der Lücke.
Muss man sich mal vorstellen: Ein großer Teil des Wahlvolkes wählt den bisherigen Finanzminister mit ordentlichem Vorsprung zum neuen Regierungschef. Also wer das von diesem Amt aus schafft, der muss irgendwas grundsätzlich richtig gemacht haben.

Bei der Stimmabgabe versprach er einen Kampf gegen das „korrupte Klientelsystem“. Doch die Polizei ermittelt gegen ihn selbst wegen mutmaßlichen EU-Subventionsbetrugs in Millionenhöhe.“

Ich kenne jetzt nicht die Hintergründe, kann mir aber lebhaft vorstellen, wer die entsprechenden Anzeigen eingebracht hat. Wir kennen das hier in Österreich. Irgendwann nach Jahren wird alles aus Mangel an Beweisen eingestellt, aber Hauptsache, man hat genug Dreck auf den „umstrittenen populistischen Milliardär“ geworfen. Wird schon was klebenbleiben.

Übrigens hält sich die österreichische Presse mit solchen Zuschreibungen vornehm zurück. Bis auf den umstrittenen linkspopulistischen milliardenschweren Staatssender „ORF“, dessen Federführung im bisher von der SPÖ dominierten politischen Meinungskartell zu bröckeln beginnt.

Nachdem bisher nur zwei der vier Visegrad-Staaten massiv vom deutschen Regime angegriffen wurden, nämlich die von den jeweiligen Ablegern der EVP regierten Ungarn und Polen, werden es ab heute wohl drei sein.

Dass in Deutschland die offensichtliche Tatsache, dass in seinen angrenzenden Staaten hauptsächlich mit dem Argument, die deutsche Politik abzulehnen, Wahlen gewonnen werden, zu einem Denkprozess führt, kann erfahrungsgemäß ausgeschlossen werden. Die 13%, die es begriffen haben, haben in Deutschland entsprechend gewählt, der Rest will es nicht wahrhaben, dass sie eben nicht das Zentrum der Demokratie in der Welt darstellen, wie sich die Elite gerade selbstbeweihräuchert, sondern sich immer mehr abheben und abkapseln vom Rest der Welt. Wieder einmal ein deutscher Höhenflug, wieder einmal soll die Welt am deutschen Wesen genesen, wieder einmal taumelt der ganze Staat am Gängelband einer machtbesessenen Figur in eine Diktatur, wieder einmal klammert sich die Masse an eine vermeintlich starke Führerfigur. Wieder einmal nichts gelernt.

Italien 2018 wird interessant. Wer weiß, wie es dort, von unseren Medien weitgehend unbeachtet, besonders im Süden aber auch immer mehr schon im mit Afrikanern überschwemmten Norden zugeht, der ahnt, dass auch bei dieser Wahl kein Stein auf dem anderen bleiben dürfte.
Und den deutschen Systemmedien wird das Wort „umstritten“ nicht ausgehen.

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