Es gibt Tage, da übermannt mich die Überzeugung, dass man nur dann
etwas über das wahre Leben erfahren kann, also den Teil, an dem man
nicht selbst beteiligt ist, wenn man sich in die kleinräumigen
Medien zurückzieht, also Regionalzeitungen und diese virtuellen
Flugblätter, die man Technik sei Dank heute von überall her abrufen
kann. Egal wohin man schaut, man findet interessantere Dinge als in
dem ganzen Medienbrei der sich selbst für die einzigen Verbreiter
der Einen Wahrheit haltenden abgehobenen Meinungskonzerne, deren
eigenes Fußvolk nicht mehr mitbekommt, dass es nicht nur keinen Fuß
mehr auf dem Boden der Realität hat sondern sogar die von der
Chefredaktion vorgegebene Meinung für die einzige Realität hält.
Da draußen ist das Leben, ihr eingestaubten Ärmelschoner, im
Hintertupfinger Kreisanzeiger zwischen den Pfarrnachrichten und dem
Teil mit den kleinen bunten Bildern, auf denen die Ereignisse der
letzten Woche zusammengefasst werden, also die Kür der Gewinnerin
des zum 84. Mal stattfindenden örtlichen Sockenstrickwettbewerbes,
der Vorstellung des lustigsten Gartenzwerges, was jedes Jahr Liese
Hubers frecher Lackel ist, der sein entblößtes Gemächt auf einer
Schubkarre durch das Rosenbeet ackert, und dem Konzert der „Zwei
halblustigen Vier“, die zum wiederholten Mal mit dem Kinderchor des
örtlichen Kindergartens im Kellergewölbe des Gasthofes „Zur Post“
das Publikum aus dem örtlichen Altenpflegeheim zu
Begeisterungsstürmen und auf die Bühne geworfenen Zahnprothesen,
Stützstrümpfen und Rollatorteilen hingerissen hat.
So erfährt man im Kreisanzeiger Nidda, dass dort Neugeborene von der
Stadt ein Lätzchen geschenkt bekommen, auf dem „Niddas neuester
Schrei“ steht. Finde ich toll. Woanders bekommen Babys Windeln
geschenkt. Was schreibt man da drauf? „Ein Häufchen Elend“?
Im beschaulichen Kirchlengern wurde eine 15-jährige, nach unseren
westlichen Maßstäben noch ein Kind, im Schwimmbad von einem jungen
MannTM sexuell angegangen. Es ist leider nicht eindeutig
erkennbar, ob er ihr nur unter Wasser auf das Knie gegriffen oder ihr
auch noch ein schlüpfriges „Schatzi“ in die Ohren geflötet hat,
aber wahrscheinlich war alles viel harmloser und nicht wirklich wert
in der Berichterstattungskette über das Niveau der Randnotiz in der
Lokalpresse hinauszukommen, also irgendwas zwischen „Fickificki!“,
einem beherzten Griff zwischen die Beine oder dem Anrubbeln mit dem
entblößten Araberlümmel. Orientalische Folklore eben. Nichts
weiter Bemerkenswertes. Das sollte die Kleine wissen, denn es ist ein
in die Gegenwart vorauswehender Hauch ihrer Zukunft.
Bemerkenswert ist vielleicht die Vorstellung des MannesTM,
hier:
„Der Beschuldigte, ein Zuwanderer aus dem Irak, ist bereits in
der Vergangenheit wegen Eigentums- und Körperverletzungsdelikten
polizeilich in Erscheinung getreten.“
Nein, nicht die alte Leier von der bereits zur Genüge in Erscheinung
getretenen kriminellen Arschlöchrigkeit dieser Gestalt, sondern sein
wundersamer Wandel. Kam er noch als „Flüchtling“, wurde doch
bald ein „Asylsuchender“ oder „Schutzsuchender“ aus ihm, der
jetzt, ein paar Straftaten und fröhlich ausgelebte Verachtung dem
kartoffeligen Kötervolk gegenüber, in dessen gesellschaftlichem
Organismus er die verantwortungsvolle Aufgabe einer Krätzemilbe
übernimmt, zum „Zuwanderer“ mutierte. Ich vermute, der wird noch
häufig in Erscheinung treten, und immer nur als Randnotiz im
Regionalteil, aber eine ordentliche Spur von Beklauten, Begrapschten
und Bekloppten hinter sich herziehen.
Ganz ehrlich, ich will ja nichts sagen, aber wenn sie mir ganz fest
verspricht, solche Gestalten sofort zurück zur absendenden Familie
zu schicken anstatt die auch noch herzuholen, und in Zukunft dafür
zu sorgen, dass sowas nicht mehr ins Land kommt, und das mit aller
völkerrechtlichen Konsequenz, dann, ja dann darf mir sogar Frau
Merkel einmal das Knie streicheln und mich „Schatzi“ nennen, auch
wenn ich danach zwei Tage in der heißen Badewanne liege und mir die
Epidermis wegschrubbe, um das Trauma wieder loszuwerden.
Es hat halt jeder seinen Preis, Schatzi.
Ach, einen habe ich noch, ein Fall von aufkeimender konfuzianischer
Erkenntnis, ein leises Anklingen von Erwachen. In
Herford glaubte eine Gruppe schon länger dort lebender
Mittzwanziger, man könne mitten in der Nacht einfach so, ein paar
Liter Gerstengrütze in der Blutbahn, in die Sparkasse gehen und sich
am Automaten die Marie für den Deckel ziehen. Es kann der Frömmste
nicht in Frieden Geld holen, wenn es den noch nicht so lange hier
Lebenden als Gräuel erscheint. Und so tauchte eine Gruppe
bereichernder MännerTM auf und prügelte ohne Vorwarnung
und erkennbaren Grund (wobei „besoffener Kuffar“ wohl Grund genug
ist) brutal auf die Herforder ein. Also so richtig mit K.O.; nicht
die harmlosen Rangeleien vom Schulhof sondern volle Kante, mit
Kieferbruch und Zahnspende.
Wo bleibt da die Erkenntnis? Gemach, werte Lesende, die kommt hier:
„Diese
hemmungslose Brutalität verstehe ich nicht. Mir fällt einfach kein
vernünftiger Grund ein, warum man andere Menschen vollkommen
grundlos so schwer verletzen sollte.“
Die Erkenntnis ist: Es gibt auch keinen. Weder einen vernünftigen
noch sonst einen. Es gibt nur Hass und Wut und Verachtung. Das
reicht.
Man kann diese marodierenden von Verachtung und Hass zerfressenen
Horden, die neuerdings nächtelang die Hauptbahnhöfe und Märkte
deutscher Städte besiedeln, nicht mit dem Wort „vernünftig“ in
einen Satzzusammenhang stricken. Geht nicht. Schließt sich aus.
Und das auf Dauer.
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