Hut ab. Nein, ganz ehrlich, ich bewundere den „Standard“. Nicht
nur, dass dort ein recht offenes Forum mit Kommentarfunktion für
alle Artikel gepflegt wird, in das recht selten zensierend
eingegriffen wird und auch Kommentare, die sich gegen die Redaktion
wenden, freigeschaltet werden, nein, sie nehmen auch das ganze
Pfingstwochenende zur Gelegenheit, einen Themenschwerpunkt
abzuarbeiten, der im Zusammenhang mit pressegeförderten und
regierungsinseratengestützten Systemzeitungen aus einer Mischung von
Tapferkeit und Selbstironie bestehen muss: die
WAHRHEIT.
Und zu diesem Themenschwerpunkt sind ein paar Artikel erschienen, mit
denen ich mich die nächsten Tage, wenn der recht prall gefüllte
Aufgabenkalender es zulässt, ein wenig beschäftigen möchte.
Heute beginne ich gleich mal mit einem
Beitrag, dessen Überschrift mich bereits gefesselt hat. Weil
in einem Satz so viele Dinge stehen, die erklären, was heute falsch
läuft:
„Umfrage:
Fast die Hälfte will staatliche Richtigstellungen von
Falschmeldungen“
Äh. Wo haben die umgefragt? In der Parteizentrale der Grünen? Oder
in Pjöngjang?
Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Ich meine,
dort steht nichts anderes, als dass sich die Hälfte der Bevölkerung
wirklich wünscht, dass eine staatliche „Wahrheitsbehörde“
Meldungen überwacht und korrigiert. Und ich vermute, die meisten
haben diesen Sinn ihrer eigenen Antwort nicht einmal im Ansatz
begriffen.
Ich nehme das als eindeutigen Beweis, dass das, was in Deutschland
unter Maas passiert, auch in Österreich auf sehr verhaltenen Protest
stoßen würde. Die Leute würden das wirklich fressen, die
Verstehenden und deshalb Protestierenden wären in einer Minderheit,
die sich durch demokratische Gesetzgebung ruckzuck zum Schweigen
bringen lassen würde, damit die Mehrheit in Ruhe ihre staatliche
Wohlversorgung mit Wahrheit genießen kann.
Aber schauen wir mal, was der Artikel alles so zu bieten hat.
„Wer
weiß schon, ob das alles stimmt, was da Tag für Tag an Nachrichten
vermeldet wird! Ob die Fakten stimmen, die man sich ergoogelt hat?
Und kann man dem Arbeitgeber trauen, der einem eine glänzende
Zukunft im Unternehmen verspricht – oder wird derselbe Arbeitgeber
vielleicht schon im nächsten Quartal eine Kündigung aussprechen?“
Willkommen im „Standard“-Universum.
Wo man zwei Fragen in diesem Zusammenhang nicht stellen darf.
Erstens: Wer weiß schon, ob die Fakten stimmen, die man so im
„Standard“ liest?
Zweitens: Und kann man dem Bewerber trauen, der dem Arbeitgeber
vollmundig erklärt, der motivierteste und kompetenteste Angestellte
zu sein, den er bekommen kann, oder wird derselbe Bewerber innerhalb
eines Vierteljahres zum inkompetenten, faulen Beiwagerl mutieren?
Nein, man ist mit einem Seitenhieb auf Internet und einem zweiten auf
Unternehmer schon mal ziemlich geradlinig in der ideologischen
Filterbubble der Kernklientel unterwegs. Und merkt gar nicht, dass
sich bereits dort das Kernthema schwierig gestaltet.
Denn die Wahrheit ist, dass nicht nur beim Googeln falsche
Informationen weitergeleitet werden können, sondern auch beim
stupiden Abkopieren vorgefertigter Agenturmeldungen oder offizieller
Verlautbarungen durch Zeitungen. Und bei dem Beispiel mit dem
Arbeitgeber handelt es sich nur um einen Schenkelklopfer für die
begeisterte linke Leserschaft und eine Verbeugung vor den Freunden
von der Arbeiterkammer, aber um kein Beispiel von Lüge oder
Täuschung. Denn jedem Unternehmen kann passieren, innerhalb weniger
Monate in eine prekäre Auftragslage zu kommen, die einen
Stellenabbau zwingend nach sich ziehen kann, denn wo kein Kunde da
kein Geld, auch nicht für Gehalt, und die letzten Eingetretenen sind
meist die ersten Gegangenen. Hat nichts mit Fake zu tun sondern mit
Wirtschaft, aber gut, es geht ja um den „Standard“ und seine
Leserschaft, da legen wir mal die Latte nicht so hoch. Und es sorgt
eben für Erheiterung, jedem Arbeitgeber Lug und Trug zu
unterstellen, also das Feindbild zu hätscheln.
An dem Thema „Wahrheit“ kann man auf diese Weise aber fulminant
scheitern.
„"Dem
ORF-Radio und dem ORF-Fernsehen sowie den Kaufzeitungen wird nicht
viel weniger Wahrheitsliebe zugetraut als den Menschen aus dem
täglichen Arbeitsumfeld, da liegen die Durchschnittswerte zwischen
2,88 fürs ORF-Radio und 3,03 für gekaufte Tageszeitungen."
Allerdings liegt der Anteil derer, die hier ein glattes "sehr
gut" geben, nur noch im einstelligen Bereich.“
Die freuen sich über einen Dreier, als hätten sie eine Auszeichnung
bekommen. Und wenn der Durchschnitt der „gekauften Tageszeitungen“
schon bei Drei liegt, wo liegt dann der „Standard“? Oder anders
gefragt: Will man die Wahrheit wirklich immer wissen?
„Auffallend ist, dass diese traditionellen Medien bei erklärten
Anhängern der Freiheitlichen durchgängig schlechtere Noten bekommen
– "FPÖ-Wähler trauen Büchern und Zeitungen, aber auch dem
ORF weniger. Etwa jeder dritte Freiheitliche gibt dem ORF-Fernsehen
ein 'nicht genügend'.“
Man sieht das also wirklich so, dass Wähler der FPÖ (ohne explizite
Betrachtung exakt dieser Klientel geht nix beim rosa Blatt) dem ORF
und den Zeitungen (und da dürfte der „Standard“ ganz weit oben
stehen) am wenigsten trauen. Auf die Idee, dass die Kausalität
anders herum sein könnte, also besonders jene Leute, die sich von
ORF und Presse verschaukelt fühlen, FPÖ wählen, kommen wir lieber
nicht.
Außerdem tun ja die Medien auch alles, um bei den FPÖ-Anhängern
ebenso wie bei allen Anhängern neutraler Berichterstattung allgemein
besonders Minuspunkte zu sammeln. Was da in den letzten Jahren an
Hetze und Lüge verbreitet wurde, an Sinnverzerrung, an Propaganda,
das weckt nicht wirklich Vertrauen und Sympathie.
Also wenn die Medien jeden Tag über mich berichten, was ich für ein
mieser Knilch bin und dass mich keiner grüßen darf, der seinen Ruf
nicht auch versauen möchte, würde ich denen auch nicht mit Liebe
und Vertrauen begegnen. Was ist Wahrheit, wenn man die Hintergründe
nicht betrachtet und die Kausalitäten ignoriert? Kann man die
überhaupt jemals erfassen, wenn man so oberflächlich daran geht?
Aber schauen wir uns mal an, wie es mit der Kernfrage des Artikels
aussieht:
„Welcher
dieser beiden Meinungen stimmen Sie eher zu?
Meinung
1: Eine staatliche Stelle soll den Wahrheitsgehalt von Meldungen, die
in Österreich verbreitet werden, kontrollieren und Falschmeldungen
richtigstellen.
Meinung
2: Es ist nicht Aufgabe des Staates, Falschmeldungen zu
kontrollieren."
Seien wir mal ganz ehrlich: Ist das überhaupt eine Frage? Jeder, der
die Antwort 2 nicht wählt, hat nicht verstanden, was Aufgabe eines
freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates ist und was nicht. Hat im
Unterricht gepennt, sich einen Dreck dafür interessiert, nix
begriffen. Und das ist die Mehrheit.
Ja, die Mehrheit!
„So
gefragt, sprechen sich immerhin 45 Prozent für eine staatliche
Meldungskontrolle beziehungsweise eine offizielle Richtigstellung von
Fake-News aus. Junge Befragte tun das mit noch größerer Mehrheit
(53 Prozent), auch die städtische Bevölkerung neigt mehr dazu, den
Staat Falschmeldungen richtigstellen zu lassen. Der Meinung, dass die
Kontrolle von wahr oder falsch keine Aufgabe des Staates sein sollte,
schließen sich 41 Prozent an.“
Oh, Papa Staat, bitte bitte sage mir die Wahrheit! Lass mich nicht im
Zweifel zurück, predige mir die Wahrheit von der Kanzel des
Ö3-Nachrichtenstudios, sag mir was ich wissen soll, sag mir was ich
denken soll, wen ich hassen soll und wen ich wählen soll…
Also wenn das unseren Obertanen kein feuchtes Höschen verpasst?!
„Auffallend ist, dass auch Befragte, die offiziellen
Stellungnahmen der Bundesregierung eher schlechte Noten geben, die
Erwartung haben, dass der Staat Falschmeldungen glaubwürdig
entgegentreten kann und soll.“
Das ist ja genau das Paradoxe an unserem Wahlvolk. Egal mit wem man
redet, alle haben die Schnauze voll, alle wollen „denen da oben“
mal so richtig eine reinkellen, die alle zum Teufel jagen, aber sowie
es um Verantwortung geht, und sei es nur mal selbst nachzudenken ob
das, was man da liest, wahr oder falsch sein könnte, greinen sie
nach den Obertanen wie kleine Kinder nach dem Papa, damit er ihnen
die Welt erklärt. Und wählen sie deshalb wieder und wieder.
„66
Prozent behaupten, dass sie versuchten, selbst immer die Wahrheit zu
sagen – besonders Wähler von SPÖ und Grünen sagen das von sich.“
Jaja, die Guten. Wollen nur die Wahrheit sagen. Die sie von Papa
Staat präsentiert bekommen haben. Oder von der Parteizentrale. Oder
aus dem „Standard“. Es gibt kaum bessere Selbstdarsteller als
jene, die glauben, selbst die Guten und moralisch Höherstehenden zu
sein. Das gibt so ein gutes Gefühl, im Recht zu sein, wenn man auf
andere, niedere hinpeckt. Deshalb absolut glaubwürdig, der Wert.
Und man geht natürlich davon aus, dass, so wie man selbst Vertreter
der Wahrheit und Ehrlichkeit ist, von allen anderen nur belogen und
betrogen wird:
„Als
besonders skeptisch erweisen sich in diesem Punkt die SPÖ-Anhänger.“
Ja, das ist der Preis der moralischen Selbsterhöhung.
„Dafür
sind es besonders die Freiheitlichen, die bezweifeln, dass Wahlen in
Österreich fair und ohne Fälschung durchgeführt würden.“
Tja, Erfahrung prägt den Menschen.
„Drei
Prozent glauben schließlich, die Erde sei eine Scheibe.“
Naja, das dürften jene sein, die das in ihrer Schulzeit in Kabul
oder Bagdad auch noch so gelernt haben. Oder ein paar Scherzkekse.
Denn mal ganz ehrlich: Wenn einem eine solche blöde Frage gestellt
wird, ist man schon versucht, die zu veräppeln.
Wird noch lustig, dieser Themenschwerpunkt.
Echt wahr!
3 Kommentare:
Lieber Fragolin,
Mich würde interessieren, ob man alle Antworten dieser 3 Prozent Erdenscheiben vom Ergebnis herausgefiltert hat, oder bekommen wir hier tatsächlich präsentiert, was Menschen, die die Erde für eine Scheibe halten, zu so einem komplexen Thema wie "Wahrheit" zu sagen haben?
Interessant auch bzgl. Google: Alle Leute, die Google nicht trauen, vertrauen sich selber nicht. Google sagt zu 100% die Wahrheit, man muss nur die richtigen Fragen stellen und sich dann jene Quellen aussuchen, "die die Wahrheit sprechen". Aber Vorsicht bei Wetteranfragen .... :-)).
lg
Ich nehme nichts und niemand mehr ernst der in der Argumentation eine Nationalsozialismus Bezug gerstellt. Abgesehen davon lese ich aus Prinzip keinen Standard und keine Kleine Zeitung mehr, da könnt ich ebensogut die Kloheftchen der Zeugen Jehovas lesen
Werter Fragolin,
warum verschwenden Sie Ihre Zeit damit sich mit diesem linkslinken Schundblatt zu befassen? Das Gesindel, das dort für die immer kleiner werdende Klientel schreiben darf, sollte man nicht als Journalisten bezeichnen. Das sind Arschlöcher und Unmenschen edelster Güte. Auch deren Zeit wird vorbei sein, spätestens, wenn ihnen die nächste Regierung die Presseförderungen steicht. Lassen Sie diese Afterjounalisten jaulen, am Ende des Jahres wird es damit vorbei sein.
Das ist für mich das gleiche verlogene Gesocks, das übelste Propaganda betreibt, wie die Arschlöcher vom CNN, die gestellte Szenen um die Welt schicken und den Menschen damit eine Anti-Terror-Demo der Moslems vorzugaukeln. Dass ich nicht lache.
Verschwenden Sie lieber Ihre Zeit mit wichtigeren Themen. Ist meine Meinung.
Herzlichst, Karl
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