„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 7. Februar 2017

M und M


Heute ist mal der Roland Tichy dran. Nein, nicht wegen Fake News oder so, da muss man sich nicht weiter kümmern seitdem die illegale Privatstasi des Justizministers, der vorgestern Abend bei Anne Willundkannich den Leuten noch den Rechtsstaat erklären wollte, ihn auf einer Hetzliste zu den Rechtsextremen gebunkert hat (Der „Spiegel“ führt ihn wahrscheinlich unter „ultrarechts“, aber seitdem angeblich schon Fische auf dem Hamburger Fischmarkt protestiert haben, sie wollen in dieses Dreckspapier nicht eingewickelt werden, weil es ihnen zu sehr stinkt, kann der „Spiegel“ eigentlich wen auch immer nennen wie auch immer er will, das interessiert keinen.) ist der Ruf ruiniert und somit muss man sich keine Gedanken über Wertungen mehr machen.

Jedenfalls habe ich bei Tichy nach der endgültig alternativlos bestätigten Erhöhung Ihrer Hosenanzüglichkeit zur Kanzlerkandidatin der Union (wen auch sonst, jeden der ihr gefährlich werden könnte hat sie ja in jahrelanger Kleinarbeit zerlegt und herausgebissen) diesen Artikel gefunden und möchte zu ein paar Sätzen meinen Senf dazudrücken. Immerhin geht es um die M&Ms – da Maddin unde Merkel – der deutschen Hochnotpeinlichpolitik, die gerade durch die Schlagzeilen der Qualitätsmedien geschleift werden als die alternativlos einzigen Säue, die „aufrechten Demokraten“ durch das deutsche Dorf treiben dürfen.

Auffällig ist die Abkehr der Gunst der Hofschreiberlinge von ihrer bisherigen Heiligenfigur, Ihrer Alternativlosigkeit höchstpersönlich, und das huldvolle Hinwenden zu einem neuen Messias, der so komplett ganz genau das gleiche Kaliber wie Merkel ist, dass man eigentlich nur noch die Wahl zwischen einer Herrscherfigur mit oder ohne Schniedelwutz hat, andere erkennbare Unterschiede gibt es nicht wirklich.

Doch zu Tichy:

„Aber Schulz, der auch ohne Sitzungstage Sitzungsgelder kassierte, wird nicht angefasst. Im Europäischen Parlament gelten Sitten, die will man lieber nicht auffliegen lassen.“

Das habe ich mir auch schon gedacht. Die Medien, die noch vor wenigen Jahren heftig über Schulz als selbstverliebten, großkotzigen und raffgierigen Apparatschik hergezogen sind, fallen plötzlich jubelnd vor ihm in den Staub und küssen den Abdruck jedes seiner Schritte. Und die Union, der er ja angeblich die fingerdicke Butter vom Wurstbrot der Macht kratzen möchte, greift ihn nicht an genau diesem Zipfel, um ihn vom ersten Moment der Glücksbesoffenheit seiner Jünger als verlogenen Raffzahn zur Volksbelustigung durch die mediale Manege zu ziehen.. Das muss daran liegen, dass unabhängig von der Parteizugehörigkeit dort ein solch widerlicher Abzockersumpf vor sich hinköchelt, dass keine Partei Lust verspürt, mit einem Stecken in dieses Wespennest zu stochern. Und da die Medien bzw. die hinter ihnen stehenden milliardenschweren Verlagshäuser jenseits von Tichy, Achgut und Jouwatch ja sooo unabhängig sind, verkneifen die sich mühsam investigative Arbeit und fügen sich zähneknirschend in das Abkopieren offizieller Aussendungen der Parteigremien.
Ja, das war sarkastisch.

Es riecht nach einem Wahlkampf, der eher eine Wahlstreichelgruppe wird, in der sich alle lachend mit Wattebällchen bewerfen und ihre Fairness, Güte und Eiapopeia abfeiern, während nur die renitent extremistische AfD die Dinge beim Namen nennt, was die Grünen Berufsempörten auf den Plan ruft. Was dann dazu führen wird, dass auf der einen Seite hektisch augenklappernde, dauerheulende und unzusammenhängenden Schwachsinn plappernde Kreischbojen gegen auf der anderen Seite penetrant undiplomatisch deutlich die Finger in die Wunden drückende Besserwisser schlammschlachten, während die M&Ms medial knutschend in den weichen Kissen der Macht liegen und eigentlich nur darum „kämpfen“, wer in der alternativlosen Koalition der Retter der westlichen Werte oben liegen darf. Ansonsten bleibt alles beim Alten, man darf erahnen, dass uns Leute wie DeMaiziere und Von der Leyen, Schwesig und Maas als Minister erhalten bleiben, egal wie auch immer die Wahl ausgeht.

„Aber Martin Schulz ist nicht wegen Martin Schulz gefährlich.
Die Schwäche von Angela Merkel ist Angela Merkel.
Die Stärke von Schulz ist Merkel.“

Ja, Merkel hat die CDU durch konsequentes Herausintrigieren jeder potenziellen Konkurrenz zu einer Führerbewegung umgebaut, die sich nur noch aus Funktionären zusammensetzt, die bedingungslos auf der Schleimspur ihrer Alternativlosigkeit hinter ihr hergleiten. Deshalb kann auch nur sie Kanzerlkandidat. Entweder der Führer oder keiner. Und die Leute haben die Schnauze voll von Merkel. Sie wollen diese bescheuerte Raute vor dem Bauch nicht mehr sehen, das inkompetente Lispeln nicht mehr hören, wenn der Teleprompter versagt, die Plattitüden hören, diese Unmengen an sinnfreier warmer Luft, die allein schon für eine globale Klimaerwärmug reichen würden, die aus in immer geschmackloseren Pastellfarben gehaltenen Stoffen maßgeschneiderten Hosenanzüge sehen - sie haben, um es preußisch auszudrücken, die Schnauze voll, die Faxen satt.

Deshalb fokussieren sich alle auf Schulz, die alternativlose Alternative zur Alternativlosigkeit und der Alternative für Deutschland, die alternativlos keine Alternative sein darf. Denn Schulz bietet absolut nichts, der ist sowas von komplett inhaltsleer, dass seine Stärke wirklich nur ist, dass die Leute lieber ein leeres Gefäß wählen als eines, in dem soviel Merkel steckt wie in Merkel.

„Es wird nur einfach Zeit für etwas Neues. Die Kunst loszulassen, ist keine, die Politiker beherrschen…“

Merkel auf den Spuren von Kohl. Vernünftig gestaltete Demokratien kennen deshalb Regeln, die eine dritte Amtszeit des Inhabers des mächtigsten Amtes im Staat unmöglich machen. Sogar Putin musste erst tricksen und einen Speichellecker zwischenschalten, um sich wieder in den Präsidentensessel zu setzen. Aber deutsche Kanzler können unendlich und auf Lebenszeit immer wieder gewählt werden. Dabei hat die Geschichte gezeigt, dass es irgendwie ein faktisches Maximum von einem dutzend Jahre gibt, auch wenn sich die Protagonisten für ein ganzes Jahrtausend festbeißen wollen. Wenn Merkel nicht loslassen will, muss man sie eben wegreißen. Aber muss es ausgerechnet eine Figur vom Schlage eines Martin Schulz sein?



„Aber reicht das für Martin Schulz? Schließlich ist er nicht jünger, nicht frischer, nicht origineller, in Brüssel gescheitert und in Deutschland ohne Programm.
Genau darin liegt eine Stärke. Der Vorteil für SPD-Wahlkämpfer liegt darin, dass sie ihm eine Programm-Weste schneidern können, ganz nach ihrem Gusto, und der ist von Umfragen bestimmt.“


Genau. Und jetzt kommt die Frage aller Fragen: An welchem Punkt genau ist Schulz da jetzt anders als Merkel? Merkel regiert seit einem dutzend Jahre ohne jedes Programm und dreht und wendet sich immer nach den Vorgaben ihrer Regisseure und den Umfrageergebnissen. Das einzig Verlässliche an Merkel war bis jetzt, dass, egal was sie sagt, früher oder später exakt das Gegenteil davon alternativlos durchgesetzt wird. Jetzt bekommen wir als Alternative zu einer inhaltsleeren Kanzlerpuppe eine inhaltsleere Kanzlerpuppe.

Das nennt sich jetzt wirklich Wahl? So wie zwischen einem leeren roten und einem leeren schwarzen Eimer, von denen noch keiner weiß, was nach der Wahl reingekippt wird. Und niemand weiß, wer dort reinkippt. Nur, dass die Entscheidungen unserer Staatsoberhäupter nicht unbedingt zwischen deren Ohren getroffen werden.

Wie sieht das „Programm“ aus? Wellkamm, Flüchtlinge, Gerechtigkeit, Mindestlohn, Klimawandel – man merkt nur am Tonfall, ob gerade Merkel oder Schulz reden, inhaltlich passt zwischen die beiden kein Haar. Die packen ihre Parolen aus der gleichen Floskelkiste aus und spielen das Bingo nach den gleichen Regeln. Blablapolitik.

„Eines hat Schulz gelernt: Versprechen kann man viel, zahlen werden dann schon andere. Und die haben sich immer noch gefunden.“

Auch das ist kein Schulzsches Alleinstellungsmerkmal sondern politische Grundkompetenz. Das lernt der Nachwuchs bereits an der Uni und in der Parteiakademie. Die gesamte Basis der sozialdemokratischen Politik kann man in einer kurzen Parole zusammenfassen: Gerechtigkeit ist eine Runde Freibier, die ich bestelle und alle anderen bezahlen. Und wer sie trinken darf, lege ich fest.
Aber auch da funktioniert Merkel nicht anders.
Warum nochmal genau wird überhaupt noch gewählt?



4 Kommentare:

dna1 hat gesagt…

Wahlen sind ein Witz, weil es keine echten Wahlen sind, weil man den Leuten keine Wahl gibt. Das ist weder in Österreich noch in der USA anders (es ist unfassbar, dass aus einem so großen Land wie die USA, mit durchaus kompetenten und ehrbaren Persönlichkeiten, am Ende Trump und Clinton übrig bleiben).
Würde man es mit der "Wahl" ernst nehmen, dann müsste auf jedem Stimmzettel eine Option "Gegen Alle" stehen, und wenn "Gegen Alle" gewinnt, dann ist es auch keiner, mit der Konsequenz neuer Kandidaten und neuer Wahlen.

Fragolin hat gesagt…

Werter dna1,
da haben Sie grundsätzlich Recht, aber in den USA gab es wenigstens noch eine Wahl zwischen zwei Richtungen, in Deutschland hat man die Wahl zwischen zwei Personen, die beide das gleiche Programm haben, nämlich an der Macht zu bleiben und nach der Wahl situationselastisch unberechenbar weiterzuwursteln. Würden dort Petry gegen Özdemir antreten, das wäre eine Wahl, aber das verhindern - die Wähler! Denn die Grünen sacken inzwischen auf 7% herab, also dahin wo sie hinghören, und die AfD kommt kaum auf 12%, wird also keine ernsthafte Konkurrenz zu den beiden farblosen mit warmer Luft aufgeblasenen Gummipuppen des Systems.
Putzig am Rande, dass Trump als "unberechenbar" beschrieben wird, obwohl er jetzt exakt das tut, was er ein ganzes Jahr lang für den Fall seiner Wahl angekündigt hat, während Merkel für "Stabilität" steht, obwohl niemand weiß, nach welchem Wind sie ihr Fähnchen schon morgen wieder wendet...
MfG Fragolin

raindancer hat gesagt…

https://de.europenews.dk/Martin-Schulz-der-groesste-Abkassierer-von-allen--134489.html

dna1 hat gesagt…

Sehr geehrter Fragolin,

Natürlich ist das unberechenbar, wenn jemand das tut, was er vorher gesagt hat.
In Europa geht man davon aus, dass er das Gegenteil, oder zumindest nichts dergleichen tut, und das wiederum ist für jemanden aus unserer Kasperltruppe berechenbar.
:-)