Nun also
hat er es getan. Er hat einen Höchstrichter auf Lebenszeit installiert, dieser
teuflische Toupetträger, dieser selbsternannte King of Queens. Zumindest, wenn
man dieser Schlagzeile der Kleinen Zeitung
glaubt:
„Trump
setzt Erzkonservativen auf Lebenszeit ins Höchstgericht“
Ui, wie
hat er denn das gemacht? Denn der amerikanische Präsident kann gar niemanden in
das Höchstgericht setzen. Er darf nur jemanden vorschlagen. Und der wird dann
vom Senat bestätigt und in den Supreme Court berufen oder auch nicht, je
nachdem ob mindestens 60 von 100 Senatoren damit einverstanden sind. Und diese
Ernennung erfolgt auf Lebenszeit, das stimmt. Aber das tut sie schon immer.
Grundsätzlich. Höchstrichter in den USA sterben aus dem Amt. Deswegen sollten
sie nicht allzu jung sein. Hat aber etwas mit Demokratie zu tun, die Amerikaner
waren da nämlich sehr gewitzt: Sie lassen nicht nur Regierung und Parlament
(Kongress) getrennt und zeitversetzt wählen, sondern installieren neben einer
mächtigen Staatenvertretung (Senat) auch noch ein Höchstgericht, das faktisch
unbeeinflussbar und nicht austauschbar ist, egal wie die Machtverteilung
aussieht. Und keiner von denen kann irgendwas tun, ohne dass nicht mindestens
einer der anderen das unterstützt. Auch der Präsident kann nichts allein tun,
selbst seine Dekrete müssen im Gegensatz zu Merkels Entscheidungen zumindest im
Nachhinein bestätigt werden und können jederzeit durch die demokratischen
Institutionen wieder außer Kraft gesetzt werden.
Von sowas
kann der Europäer nur träumen, der Parteien gewichten darf, die dann unter sich
Macht und Pfründe aufteilen und wo immer die regieren, die sowieso die Mehrheit
im Parlament besitzen (das zum Thema Kontrolle) und auch noch selbst die
Höchstrichter einsetzen und nach Belieben umfärbeln. Die „Kleine Zeitung“ aus
Österreich könnte sich ja mal mit der Demokratiefeindlichkeit des Klubzwangs im
heimischen Parlament auseinandersetzen. Aber lieber nicht, denkt mal an die Presseförderung
und die Inserate der ÖBB…
Aber
zurück zu diesem Artikel, der ja bereits mit einer dicken, äh, nennen wir es
mal kreativ formulierten Alternativwahrheit daherkommt.
Es kommt
nämlich noch besser, und das bereits im nächsten Satz:
„Wenn der Senat den
bisherigen Bundesrichter bestätigt, würde die konservative Mehrheit des Supreme
Court wiederhergestellt.“
Abgesehen
davon, dass ein Zustand wiederhergestellt würde, der sowieso lange Zeit normal
war, ohne dass die Welt unterging, ist doch irgendwie seltsam, dass der zweite
Satz direkt dem ersten widerspricht. Merkt das jeder? Kompletter Widerspruch:
In der Schlagzeile setzt Trump den Richter auf Lebenszeit ein, in der nächsten
Zeile schon muss er vom Senat bestätigt werden, und im Text heißt es dann sogar
korrekt, dass Trump ihn vorgeschlagen hat:
„Dem Vorschlag des
Präsidenten muss der Senat zustimmen.“
Der
Unterschied zwischen Vorschlag und Einsetzung sollte auch in Redaktionsstuben
bekannt sein.
Hier steht
es jetzt nämlich, was auch im folgenden Text bestätigt wird, nämlich dass Trump
niemanden einsetzen kann. In der recht sachlichen Beschreibung des Neuen wird
ihm auch bescheinigt, ein recht anerkannter, über die Parteigrenzen hinweg
geachteter und erfahrener Bundesrichter zu sein.
Kein
einziges Wort erklärt, wie er für die Macher der „Kleinen Zeitung“ zu einem „Erzkonservativen“
wurde. Steht doch aber da. In der Überschrift.
Kleines Schmankerl zum Senat:
„Einige Demokraten haben
bereits angekündigt, sie würden jeden von Trump nominierten Kandidaten
ablehnen.“
Und die
nennen sich „Demokraten“, reagieren aber einfach nur wie angepisste kleine
Rotzgören. Jämmerlich. Zum Glück sind die irrelevant, denn genau 8 der 48
demokratischen Senatoren müssen zustimmen, die restlichen 40 können sich in
ihrem Greinen suhlen solange sie wollen.
Mich
widert dieses „Mimimi“ einfach nur an, egal von welcher Seite es kommt (wobei
es da erkennbare Linkslastigkeit gibt). Wenn erwachsene hochbezahlte und
verantwortungsgeladene Menschen sich wie trotzige kleine Kinder aufführen,
Windelträger statt Würdenträger, das ist erbärmlich. Aber gut, jeder stellt
sich bloß soweit er mag.
Zurück zu
dem Artikel und warum ich ihn mir vorgeknöpft habe:
Wieder
einmal eine Schlagzeile, die durch den folgenden Text als reine Erfindung
enttarnt wird. Es werden Behauptungen aufgestellt, die entweder der Wahrheit
offen widersprechen („setzt ein“), schon immer eine Normalität waren aber den
Eindruck erwecken sollen, diesmal wäre etwas besonders („auf Lebenszeit“) oder
einfach nur propagandistisch gut klingen, aber nirgends verifiziert werden („Erzkonservativer“).
Man
vertraut darauf, dass die Mehrheit der Medienkonsumenten im politischen Teil
des Blattes nur die Schlagzeilen liest und hält den Rest entweder für so
dämlich, dass er nicht mitbekommt, wie er gerade gelinkt wird oder für so
unbedeutend, dass es ihnen Wurscht ist. Und jedem, der ihnen dann vorwirft, sie
würden falsch informieren, können sie süffisant erklären, er müsse ja nur bis
zum Ende lesen, es stehe eh alles da.
Bekannte
Masche. Wie die TV-Dokus über Migrantenkriminalität, Asylbetrug und
No-Go-Areas, die gelegentlich um Mitternacht in Spartenkanälen laufen, damit
niemand sagen kann, es wäre nicht darüber berichtet worden. Dass nur
Nullkommajosef Zuschauer wochennachts über phoenix surfen sei ja schließlich
deren Problem.
Und man
kann es nur täglich wiederholen: diese Leute wollen uns erklären, dass nur sie
die Bewahrer der neutralen, sauberen und qualitätsvollen Berichterstattung
sind. Dass sie die vierte Säule der demokratischen Macht darstellen, alternativdemokratisch
legitimiert durch ihren Qualitätsanspruch und damit eigentlich Inhaber
umfassender Rechte zur leistungsunabhängigen Rundumversorgung.
1 Kommentar:
Werter Fragolin,
Eine reißerische Schlagzeile und im Text steht es dann richtig, also meint man, dem Redakteur keinen Vorwurf machen zu können, er hat ja eh alles richtig geschrieben, nur halt eine Schlagzeile formuliert, um beim Leser das Interesse zu erwecken (ich erinnere an berühmte BildSchlagzeilen).
Das Problem dabei: Irgendetwas bleibt immer hängen, damit wird hinterhältigst manipuliert, und damit ist die Zeitung als "unseriöses Drecksblatt" zu kategorisieren.
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