„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 6. Juni 2017

Der böse Russe

Der Themenschwerpunkt „Wahrheit“ im „Standard“, mit dem ich mich seit gestern beschäftige, kommt natürlich nicht an Putin vorbei. Ich rechne auch fest damit, dass noch was über Trump kommt, aber wichtig ist Putin. Denn es wäre schon blöd, wenn man beim Thema „Wahrheit“ nicht die Propaganda bedienen würde. Also die eigene. Denn der Hinweis auf den dauerlügenden Teufel aus dem Osten dient der Selbsterhöhung als Fels der Wahrheit in der Brandung russischer Fake News.
Und so werfen sich die anspruchsvollen Qualitätsverteidiger der wahrhaftig wahren Wahrheit auf das Thema:

Der Kampf gegen Putins Fake-News“

Ach ja, das leidige Thema. Die bösen Russen und ihre bösen Lügen.
Vergessen die Bilder russischer Separatisten, die nach dem bis heute ungeklärten und auch nicht mehr neutral aufarbeitbaren Absturz eines bewusst in einen für alle anderen Flüge bereits gesperrten Korridor über der Ostukraine zerfetzte Teddys verunglückter Kinder herzeigen mit der hetzenden Lüge als Bilderklärung, sie würden die Opfer hämisch verspotten. Die Bilder der Männer, die weinend das Spielzeug zu den toten Kindern legen wurden dann vergessen zu zeigen und auch erst später durch investigative Journalisten und, natürlich, die bösen Fake-News produzierenden Russen nachgeliefert. Oder die mehrere Jahre alten Bilder russischer Panzer, die zu einem Militärmanöver an einem ganz anderen Ort gefahren sind, die es als „Beweis“ für den offenen Einmarsch russischer Panzerbrigaden in die Ukraine durch alle Medien bis vor den UNO-Sicherheitsrat geschafft haben. Das hatte dann schon die Qualität jenes Wahllokales in der Ostukraine, vor dem ukrainische Söldner in die Menge der anstehenden ostukrainischen Russen geschossen haben und das dann zum Massaker prorussischer Separatisten an unschuldigen Ukrainern, die nur ihr Wahlrecht wahrnehmen wollten, sinnverdreht wurde.

Es gibt da einige Dokus, die das beleuchten und dann auch spätnachts einmal in deutschen Kanälen liefen, um (jaja, es ist Propaganda-Zeit) möglichst wenige Zuseher zu erreichen, gleichzeitig aber das Argument zu haben, man hätte doch offen und ehrlich über alles berichtet und wer was anderes behauptet oder sie der Lüge und des Verschweigens bezichtigt wäre ein mieser Hetzer.
Ja, so funktioniert es.

Das gleiche läuft bei der kompletten Berichterstattung über Syrien, die Bilder vom komplett zerbombten Aleppo, die kaum zusammenpassen mit den dortigen Sendungen, wo Leute aus dem Schwimmbad in Aleppo erzählen, dass es in den Vororten grauslich aussieht, während in bis heute unbeschädigten Stadtteilen hunderttausende Menschen leben, oder die vom bösen Russen brutal zerbombten Krankenhäuser in Städten, die gar keine Krankenhäuser besitzen, oder die Fassbombenmärchen, die Giftgasangriffe und die unerschütterliche, absolut vertrauenswürdige und weltweit als Wahrheit verbreitete Schuldzuschreibung durch eine „syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“, zu der zu erwähnen man gerne vergisst, dass es sich um einen in Mittelengland lebenden muslimischen Klamottenhändler handelt, also exakt eine Person, die selbst seit Jahrzehnten keine Sekunde mehr in Syrien war, und der als Teil eines Netzwerkes von Assadhassern deren Propaganda verteilt. Und bei den seriösen Qualitätswächtern über die Wahrheit, so auch dem „Standard“, wiederholt als absolut glaubwürdige Quelle gilt.

Wie bereits erwähnt, das Thema „Wahrheit“ in der Systempresse zu behandeln kann gewaltig nach hinten losgehen. Wird es doch ganz offensichtlich wieder nicht neutral betrachtet sondern als Teil der täglichen Propaganda abgearbeitet. So wird das aber nix. Denn wenn man Wahrheit einseitig zu definieren versucht, muss das einfach an die Wand knallen.
Und das tut es auch.

Russische Staatsmedien wie Russia Today (RT) und Sputnik News verbreiten geschickt und professionell Desinformation im Westen. Einige kleine Organisationen, auch solche der EU, halten dagegen.“

Staatsmedien und Desinformation sind ein Thema für sich. Wenn der „Standard“ jetzt noch eine Lobeshymne auf die neutrale Sachlichkeit des ORF beginnt, gleitet es absolut ins Lächerliche ab.
Dass EU-Organisationen „dagegen halten“ kann man als Hinweis darauf verstehen, dass es die Grundstrukturen der „staatlichen Wahrheitskontrolle“ bereits gibt, die sich ja angeblich so viele Österreicher wünschen. Wie beruhigend. Die EU wacht über die Wahrheit. Wie der Mops über die Wurst.

"Sputnik und Russia Today haben sich nicht wie Vertreter der Medien verhalten, sondern wie Werkzeuge der Einflussnahme und der Propaganda – der falschen Propaganda", sagte Macron.“

Haha, der Nachsatz verrät ihn. Werkzeuge der Einflussnahme und der Propaganda – der richtigen Propaganda – wären demnach kein Problem gewesen.
Natürlich sind die Genannten Werkzeuge der Propaganda. Es sind Staatsmedien. Die sind weltweit Sprachrohre der Regierenden. Etwa so neutral in der Berichterstattung wie Parteizeitungen oder mit Regierungsinseraten zu freundlicher Berichterstattung motivierte Medien. Ihre Methoden sind immer die gleichen. Man nimmt die Wahrheit – da war sie wieder – und modifiziert sie. Man berichtet über Gewalteskalation am Rande einer Pegida-Demo und erwähnt vielleicht im dritten Absatz in einem Halbsatz, dass diese ausschließlich linke Gegendemonstranten betraf. Man formuliert so, um das Geschehen dem anzuhängen, dem man ans Bein pinkeln möchte. Ja, das machen RT und Sputnik sicher genauso wie der Großteil der hiesigen Medien.

Russia Today (RT), das es auch in einer deutschen Ausgabe gibt, und Sputnik News sind russische Staatsmedien. Sie haben ein riesiges Budget, Stützpunkte auf der ganzen Welt, sind sehr professionell gemacht...“

Nicht „professionell gemacht“ sondern professionell. Ohne gemacht. Kann man sich leisten.
Die gleiche Beschreibung kann man über ARD, ZDF, ORF, BBC und andere Staatsmedien stülpen. Die Hauptstädte dieser Welt sind voll der Hauptstadtstudios üppig mit Steuergeld ausgestatteter Staatsmedien. Übrigens auch Moskau. Aus dem dann Dokumentationen produziert werden über russische Rockerbanden, stinkreiche Oligarchen und das Elend der armen Landbevölkerung. Über mutige Kleinunternehmer und prosperierende Wirtschaftszweige, Gesundheitsvorsorge, Familien- und Kinderförderung oder technologische Fortschritte der ältesten Raumfahrernation berichtet man eher weniger. Positive Berichterstattung ist zu vermeiden. Das ist ein internationales Spiel, das sich immer dem politischen Tagesgeschehen unterordnet.

Im Krieg stirbt die Wahrheit immer zuerst. Besonders subtil funktioniert es, wenn man sie in Raten jämmerlich krepieren lässt. Man nimmt die negativen Wahrheiten, schmückt sie aus, bauscht sie auf, erklärt sie zum Alleinstellungsmerkmal des Gegners und lässt die Wahrheiten, die dem Gegner zu positivem Ansehen gereichen könnten, einfach unter den Tisch fallen und überlässt sie dort den Hunden zum Fraß. Die verdrehen diese dann und versuchen sogar aus deren Existenz noch negative Wertungen zu generieren. Machen das russische Staatsmedien? Na sicher. Genug, dass ich mich weigere, denen mehr zu glauben als unseren. Aber man kann sie trotzdem konsumieren, um zwischen den verschiedene Darstellungen den Schatten der Realität zu erkennen zu versuchen. Nur den einen zu glauben ist genauso dämlich wie nur den anderen zu glauben. Beiden nicht zu glauben aber den wahren Kern zu suchen verstehe ich unter Medienkompetenz.

Ach ja, eine kleine Randbemerkung zu der Einstreuung:
...Putins strategische Ziele – Trennung der EU von den USA...“
Ist Merkel also eine Agentin Putins?
Okay, geschenkt.

Doch kommen wir zur Wahrheitsbehörde der EU. Oder besser deren Keimzelle, denn viel weiter sind die nicht. Noch nicht. Wetten, dass sich da noch etliches tun wird? Denn der Aufbau des Maasschen Zensurministeriums in Deutschland, das Wirken von „Correctiv“ und „Amadeu Antonio Stiftung“-Stasi, sind ebensowenig Zufälle wie die oben erwähnte Umfrage in Österreich mit dem Ergebnis, dass die meisten begeistert eine staatliche Wahrheitsbehörde ersehnen.

Die stärkste Waffe der kleinen Abteilung ist vermutlich ein Netz von etwa 400 Institutionen und Personen, darunter etliche Medien, die russische Fake-News melden und zum Teil auch gleich falsifizieren.“

Und was genau macht diese nicht näher bezeichneten „Institutionen und Personen“ so glaubwürdig? Ist da die „syrische Beobachtungsstelle“ auch wieder dabei? Oder die Propaganda-Organisationen eines Herrn Soros? Und die Medien, sind da die ganzen Springer-Ableger dabei, auch die „Zeit“, das „Neue Deutschland“? Und die melden nicht nur, sondern stellen auch gleich richtig.
Aber ganz ehrlich jetzt!
Wirklich! Schwöre!

Putin will auf diese Weise die Zielländer destabilisieren, Misstrauen gegen die dortigen Eliten schüren, deren Glaubwürdigkeit – und damit auch Wahlen – beeinflussen.“

Ja natürlich, die Glaubwürdigkeit unserer „Eliten“ kann nur durch gezielte Desinformation erschüttert werden. Denn wir wissen ja vom Gauckler, dass die Eliten nicht das Problem sind. Das Problem ist der Pöbel, der sich von bösen russischen Hetzmedien gegen unsere absolut ehrlichen, weisen, seriösen, aufopfernden, feinsinnigen und sich geradezu altruistisch für uns aufopfernden „Eliten“aufwiegeln lässt anstatt sich von den unabhängigen Qualitätsmedien gleich neben dem ÖBB-Inserat im pressegeförderten Kommentar vom Chefredakteur eine Lobeshymne auf die Gloriosität unserer Vertreter der Parteihäuser servieren zu lassen.
Wer‘s glaubt, wird selig. Wer nicht, kommt auch in den Himmel. Oder so.

Die Desinformationsmedien versuchen sich auch, durch gegenseitiges Zitieren Legitimität und Glaubwürdigkeit zu verleihen.“

Ja, das kennen wir. „Wie „Der Standard“/“Kurier“/“Die Krone“ (zutreffendes unterstreichen) in der morgigen Ausgabe meldet...“ beginnen genug Meldungen in TV und Radio. Und wenn gar nichts mehr hilft, berufen wir uns einfach auf irgendwelche Organisationen wie die immer wieder aktuelle „syrische Beobachtungsstelle“, „amnesty international“, „Greenpeace“ oder andere „neutrale Quellen“. Und gerade bei der „syrischen Beobachtungsstelle“ wurde bereits nachgewiesen, dass der sich auf Medienmeldungen berufen hat, die sich auf ihn berufen haben. Und alle Agenturen haben dann diese Quelle als wahr angenommen. (Bezeichnend ist, dass diese Quelle bis heute nicht hinterfragt wird sondern immer wieder zitiert, obwohl deren Fakes bereits bewiesen sind. Das zur Quellenauswahl angeblich seriöser Medien.)

Na gut, das soll für heute reichen.
Einen hab ich aber noch:

Der Milliardär und Unterstützer von Demokratiebewegungen George Soros, der vom Putin-freundlichen ungarischen Premier Viktor Orbán heftigst angefeindet wird, spendete 100.000 Euro für das deutsche Recherchebüro Correctiv, das generell gegen Fakes im Netz vorgeht.“

Und zwar vor Allem gegen Fakes, die auch noch mit billiger polemischer Hetze verbrämt werden.
Und da ist niemand besser geeignet als Correctiv, dieser vom „Unterstützer von Demokratiebewegungen“ wie der Ausrottung der Meinungsfreiheit und Umschichtung ganzer Völker mitfinanzierte Blockwart gegen die Einzelmeinung privater Personen.
Nur damit man sich ein Bild macht, wie die erträumten Korrekturbehörden gegen Falschmeldungen und Populismus selbst arbeiten hier ein Beispiel für qualitätsvolle, faktengecheckte, neutrale und auf jede Wertung und jeden Untergriff verzichtende Berichterstattung:


Genau, solche Leute müssen die Wahrheit überwachen!
Wie der Mops die Wurst.

Zur Vorgehensweise von Correctiv in Verbindung mit der „FAZ“ gibt es eine interessante Beschreibung in der „Sparkassenzeitung“ aus 2015, wo gut beschrieben wird, was man vom Zusammenhang aus „Correctiv“ und „Wahrheit“ zu halten hat. Beste Zustandsbeschreibung:

Nahezu täglich wird eine Correctiv-Falschmeldung über Twitter korrigiert.“

Eine Liste der durch „Correctiv“ aufgestellten Falschbehauptungen inklusive Richtigstellungen findet sich hier. Ja, wenn ein von einem milliardenschweren Spekulanten bezahltes „Recherchebüro“ über Sparkassen „recherchiert“, muss man es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, Hauptsache das Ergebnis gefällt dem Geldgeber.
Das zum Thema „unabhängig“.
War das ein Skandal in den investigativen Qualitätsmedien? Wurde da groß drüber berichtet? Oder Rücksicht genommen auf die Interessen der Werbekunden und Fördergeldzuteiler?
Auch das zum Thema „unabhängig“.

Dass auch der zweite Beitrag aus dem Themenschwerpunkt „Wahrheit“, der sich von der Überschrift her eigentlich mit Putin beschäftigt, am Ende wieder in der Bejubelung einer Wahrheitskontrolle endet, sollte mehr zu denken geben als der ganze Rest des Inhaltes. Der Verdacht drängt sich auf, dass sich da das eigentliche Ziel der angeblichen Beleuchtung des Themas „Wahrheit“ herausschält: Es geht nicht darum, was „Wahrheit“ ist, sondern wer als einziger die Berechtigung haben soll, darüber zu entscheiden, was „Wahrheit“ ist.

3 Kommentare:

Heinz hat gesagt…

So werden Nachrichten produziert, am Beispiel CNN und London vor wenigen Tagen
https://www.youtube.com/watch?v=tb5PPnuu3bs

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Im Prinzip ist es ganz einfach, und funktioniert immer und fast überall. Ein fiktives Beispiel:
10 Leute werden gefragt, welche Autofarbe ihnen besser gefällt, silber oder dunkelblau:
2 sagen silber
5 dunkelblau
3 ist es egal, weil sie ohnehin farbenblind sind
Eine satte Mehrheit für dunkelblau.

Und jetzt bringt die einzige Zeitung, die zufällig dem Bruder des Silberfarben-Produzenten gehört, einen Beitrag über diese Umfrage mit ausführlichen Interviews mit jenen 2, die silver gewählt haben, einmal von vorne und einmal von hinten und dann noch der Bruder als "Experte" und erwecken damit den Eindruck, als wollten alle das silberne Auto.
Wenn sie jetzt die Umfrage noch einmal machen passiert etwas interessantes, eine völlig natürliche menschliche Reaktion, nämlich dazugehören zu wollen, und nicht ausgeschlossen zu sein:
Von den 3 Farbenblinden sind 2 plötzlich Kenner für Farben und wollen silber
Von den 5 Dunkelblauen denken 2, "na ja, alle wollen silber, vielleicht haben sie sich geirrt und wollen nun auch silber".
Das Ergebnis jetzt:
6 silber, 3 dunkelblau, 1 egal.
Mission accomplished
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Dazu gibt es einige Studien, wo in einer Gruppe ein einzelner von den anderen überzeugt werden konnte, dass blau das schönere grün ist, kennen sie bestimmt, werter Fragolin.

Liebe Grüße

Fragolin hat gesagt…

Werter Heinz,
genau so funktioniert es, danke für den link.
Und wären die Medien investigativ, Konkurrenten und wahrheitssuchend, würde nach dieser Blamage von CNN ein Riesenaufschrei durch die Medien gehen. Aber die Krähen hacken sich gegenseitig kein Auge aus.
MfG Fragolin

Anonym hat gesagt…

Ich denke, wir sehen das zu intellektuell. Erst der Höllenhund Путин 7/24 auf allen Kanälen - und das Ergebnis: T-Shirts mit seinem Konterfei (Sonnenbrille, eisiges Lächeln pipapo) sind bei ju8ngen Leuten angesagt. Mit Trump kommt es ähnlich: Er spielt dann football mit einem "leidenden" Globus, der an Frollein Claudia erinnert - wetten?

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