Es
gibt Tage, da denkt man sich, irgendwie schon alle Tiefpunkte
politischer Kompetenzbefreitheit erlebt zu haben, wohl befürchtend,
sich zu irren. Und dann gibt es Tage, da weiß man, dass man sich
geirrt hat. Es geht noch dümmer.
Nachdem
der kanzlerische Show-Ankündismus scheinbar zur neuen
Paradedisziplin der Obertanenriege mutiert ist, versuchen sich alle
möglichen Leute in effekthascherischen Verkündigungen. So auch
Margit Kraker, die Präsidentin des Rechnungshofes, die scheinbar in
Zeiten ausgeglichener Haushalte, vernunftgeleiteter Sparpolitik und
verantwortungsvoller Überschusserwirtschaftung nichts anderes zu tun
hat, als sich Gedanken um die Verfassung zu machen. Vielleicht hat
ihr nur keiner erzählt, dass es sich gerade während ihrer Amtszeit
nicht um solche Zeiten handelt. Und vielleicht könnte ihr auch
jemand erklären, dass sie Präsidentin des Rechnungshofes ist und
nicht des Verfassungsausschusses.
Jedenfalls
hat diese Frau, die ja bereits vor Monaten kernig ankündigte, der
nächsten Regierung eine Zehn-Punkte-Aufgabenliste zu stricken, die
diese dann zu befolgen habe (Warum sie diese Liste nicht gleich der
jetzigen Regierung übergibt, die ja nicht gerade unter Überlastung
zusammenbricht, bleibt ebenso ein Geheimnis wie die Frage, woher sie
die seltsame Auffassung hat, dazu auserwählt zu sein, der Regierung
Aufgaben zu erteilen, was diese gefälligst zu erledigen habe.), auch
jetzt einen „Vorschlag“ gemacht, der ein fragwürdiges Licht auf
das Verständnis des Begriffes „Demokratie“ in den obersten
Etagen der Republik wirft.
Sie
fordert, ohne rot zu werden, ein Verbot
von Neuwahlen.
Das
muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Wenn das Parlament
einmal zusammengesetzt ist und die Regierung einmal im Amt ist, gibt
es für vier Jahre nicht nur, wie jetzt, fast keinen Weg mehr, die
vorzeitig aus dem Amt zu jagen, falls sie allzusehr über die Stränge
schlagen, sondern gar keinen mehr. Es soll verboten werden. Sollte
ein Richtungsstreit in der Koalition die Zusammenarbeit lähmen, also
noch mehr als jetzt, gibt es keinen Weg aus der Sackgasse und der
Stillstand wird zwangspragmatisiert bis zum Ende der
Legislaturperiode.
Dass
damit unter dem Vorwand, das Parlament zu „enthemmen“, das
Parlament erst richtig gefangen werden soll und den gewählten
Vertretern des Souverän per Gesetz die Entscheidungsfreiheit geraubt
werden soll, sieht diese Juristin nicht? Na gut, sie ist Schwarze.
Und wenn die etwas „entfesseln“ oder „enthemmen“ wollen,
verstehen die bekanntermaßen etwas ganz anderes darunter als der
Duden. Aber noch steht irgendwo in der Verfassung, ich glaube
ziemlich weit am Anfang, so dass man selbst mit Pröllschem
Leseverständnis recht schnell an die richtige Stelle gelangt, dass
das Recht vom Volk ausgeht. Und die rechtgebende Versammlung der
gewählten Vertreter des Volkes das Parlament ist. Und die
Legislaturperiode ein Richtwert ist, der faktisch die maximale
Periode darstellt, bis zu deren Ende das Volk neuerlich gefragt
werden muss, ob diese Truppe so weitermachen darf oder Veränderungen
gewünscht sind.
Kann
sich noch jemand erinnern, wie die Verlängerung der
Legislaturperiode schmackhaft gemacht wurde? Erstens muss der bequeme
Staatsbürger nicht mehr so oft den lästigen Weg an die Wahlurne
beschreiten, zweitens spart man Gelder, die sonst für solchen
Quatsch wie demokratische Entscheidungsfindung verschleudert werden
und drittens kann die Regierung sich dann viel mehr auf ihre Arbeit
konzentrieren und so richtig in die Hände spucken.
Inzwischen
muss denen vor lauter Spucken schon der Sabber aus der Hand laufen,
denn zum Anpacken kommen die trotzdem nicht. Also wo soll da jetzt
der Gewinn liegen, die auch noch quasi zu pragmatisieren, ihnen
Unkündbarkeitsstatus zu geben?
Es
gibt ein schönes Sprichwort: Schuster, bleib bei deinen Leisten.
Wenn
Frau Kraker sich mehr politisch engagieren möchte und sich statt um
die Steuergeldverschwendung im Staat lieber um eine Neuordnung des
politischen Systems bemühen will, dann gibt es immer noch den Weg,
ihren derzeitigen Posten an jemanden zu übergeben, der sich darüber
im Klaren ist, wo sein Kompetenzbereich liegt, und eine Partei
gründen, die die Verfassung umkrempeln will. Dann wird sie sehen,
wie viele Menschen das wirklich wollen und ihr mit Begeisterung dabei
helfen.
Viele
dürften es nicht sein.
„Zustimmung kam von den NEOS und dem Team Stronach.“
Klare
Mehrheiten. Da lässt sich viel enthemmen. Zumindest die Träume.
1 Kommentar:
Werter Fragolin,
Meist bin ich mit ihnen einer Meinung. Auch in diesem Beitrag haben sie natürlich durchaus recht mit allem, was sie schreiben, allerdings haben sie diesmal einen zentralen Punkt außer Acht gelassen: "Wann haben Wahlen zuletzt in Österreich etwas geändert?"
Eben :-).
Liebe Grüße
Kommentar veröffentlichen