Wie definiert man Notwehr?
Ich frage ja bloß. Ehrlich ganz unschuldig.
So von wegen das
hier.
Ich werde nämlich das Gefühl nicht los, dass hier gerade was
gewaltig schief läuft.
Ein Video erklärt, was die Geschworenen zu sehen bekommen:
„Darauf war zu sehen, wie der Angeklagte sein Messer zückte,
ohne dass er angegriffen worden wäre. Bei der folgenden Rauferei
stach der Kosovare dem 34-jährigen Polen sieben Mal in den
Oberkörper. Dieser starb noch an Ort und Stelle. Sein 37 Jahre alter
Landsmann kassierte Stiche in den Rücken und in den rechten
Unterarm.“
Der Kosovare, bei dem es scheinbar keiner weiteren Erwähnung mehr
wert ist, dass das Mitführen eines Messers an sich bereits eine
Straftat darstellt, hat also seine Waffe gezückt, bevor es zu
dem Raufhandel kam, hat diesen also erst provoziert. Dass es schon
vorher von den besoffenen Polen zu verbalen Provokationen gekommen
sein soll und sich den ganzen Abend eine angespannte Situation
aufgebaut hat, spielte dabei keine Rolle, denn Notwehr gegen verbale
Provokation gibt es nicht. Sollte wirklich einer der Polen für
Zeugen hörbar eine Morddrohung gegen den Kosovaren ausgesprochen
haben, wäre die gesetzeskonform angemessene Reaktion gewesen, sofort
die Polizei zu rufen. Ob das gegen die persönliche Ehre eines
Albaners verstößt, ist in Österreich absolut irrelevant und gilt
vielleicht in Skopje, aber eben nicht hier.
„Als
das Duo offensichtlich das Lokal verlassen wollte, stand der
Angeklagte auf, klappte sein Messer auf und forderte die Polen, die
bereits ihre Jacken angezogen hatten, zum Gehen auf.“
Für eine Notwehrsituation auch eher ungewöhnlich ist, dass der
Messerstecher erst aufspringt und das Messer zückt, als die beiden
besoffenen Polen gehen wollen. Die haben sich schon die Jacken
angezogen und wollen den da einfach sitzen lassen, und der springt
auf und zückt sein Messer und brüllt sie an, sie sollen
verschwinden.
Ja, machen sie doch gerade! Also was soll das? Was hat das mit
Notwehr zu tun?
Und dann hebelt der seine illegale Stichwaffe, denn Klappmesser in
einer Kneipe sind genau das, dem Polen auch noch zur Abwehr eines
Angriffs in den Rücken? Wollten ihn die Polen niederstrecken,
indem sie ihm mit dem Hintern ins Gesicht springen oder was?
Ich kann natürlich mit voller Hose leichter stinken als die im
Prozess Anwesenden, aber für mich stellt sich das so dar: die beiden
besoffenen Polen haben die Kellnerin angebaggert, der Messerfuzzi hat
es mit der Eifersucht und der Ehre bekommen und ist ausgerastet. Nach
dem Mord wird natürlich sofort wieder ins „Mimimi“ verfallen,
aber anders ist es nicht zu erklären.
Normale Menschen hätten bei Morddrohung die Polizei gerufen. Normale
Menschen wären froh gewesen, wenn die zwei Säufer abrücken und
hätten die einfach gehen lassen. Normale Menschen wären einfach
sitzengeblieben, vielleicht angespannt und in
Verteidigungsbereitschaft, aber sie hätten niemals eine Waffe
gezogen und wäre damit auf die beiden losgegangen.
Da die Bedienung laut eigener Aussage keine Angst oder Bedrohung
verspürte, war die Situation wahrscheinlich harmloser, als es ein in
seiner Beschützerehre Gekränkter sieht. Dieses ganze
südländisch-anachronistische Gockelgehabe ist nicht nur widerlich,
sondern, wie man sehen kann, auch tödlich.
Umso unverständlicher für mich, dass da von „Notwehr“ gefaselt
wird und ein offensichtlich aggressiver, mit illegalen Waffen im
öffentlichen Raum herumstreunender Mörder mit mittelalterlicher
Messerstecherideologie, auf freien Fuß gesetzt wird. Hat der eine
Großfamilie, die bei den Verhandlungen dabei war und die Namen der
Gechworenen mitnotierte? Oder wie kommt es, dass plötzlich für
Notwehr existenzielle Richtgrößen wie die konkrete
Bedrohungssituation, der Richtung des Erstangriffs und die
Verhältnismäßigkeit keinerlei Rolle mehr spielen?
Ich nehme mal eine Formulierung aus jusline.at
zu dem Thema:
„Der
Täter ist durch Notwehr gerechtfertigt und straflos wenn:
1. objektiv eine
echte Notwehrsituation gegeben war
2. er über das
Vorliegen einer solchen Bescheid wusste (subjektive Notwehrsituation)
3. Er in diesem
Fall das gelindeste Mittel zur Abwehr des Angriffes
verwendet oder er bloß aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken das
gerechtfertigte Maß überschritten hat und ein mit den
rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch in dieser Situation
ebenso gehandelt hätte.“
Ein Klappmesser in den Rücken ist das gelindeste Mittel zur Abwehr
gegen Leute, die gerade gehen wollen? Und gerade gehen wollen ist ein
Angriff?
Und:
Die Geschworenen hätten in dieser Situation also genauso gehandelt?
Wie gesagt: Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier gerade was
gewaltig schief läuft.
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