„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Donnerstag, 9. März 2017

Martin Trump



Als würde es keine Grenze der Peinlichkeit und keine Nullmarke der Bedeutsamkeit geben, beschäftigt sich die deutsche Qualitätspresse heute mit der dringenden Frage:

„Wie viel Trump steckt in Schulz?“

Komisch dass noch niemand auf die Idee gekommen ist zu fragen: „Wie viel Erdogan steckt in Merkel?“ Na gut, das könnte zu negativem Kopfkino führen, und da ja sowieso Merkel meistens rektal in Erdogan steckt, passt es auch nicht wirklich.

Also gut, hauen wir uns heute noch einmal auf den Messias der jämmerlichen Reste der deutschen Sozialdemokratie, diesen Chuck Norris der Hoffenden und Bangenden, der Merkel mit Roundhousekick aus dem Amt tritt und sich dann die Kommunisten der Linken und die Kommunisten der Grünen zu seinen Bettvorlegern macht.

Schäuble, die Lichtgestalt auf dem einzigen Rollstuhl der Welt, der auch einen Kofferraum hat, in dem man Geldkoffer vergessen kann, ätzt in gewohnter Überheblichkeit:

 „Wenn Schulz seine Unterstützer ,Make Europe great again‘ rufen lässt, dann ist das fast wortwörtlich Trump. Und die Art, wie er populistisch die angebliche Spaltung der Gesellschaft beschwört, folgt der postfaktischen Methode des amerikanischen Wahlkampfs.“

Naja, hat er ja irgendwie recht. Nur meint der Trump mit „America“ nicht den ganzen Kontinent sondern nur sein Land, während Schulz mit „Europa“ zumindest die EU meint und sich um Deutschland als Solches dabei keine allzu großen Sorgen macht.

„Bei seinen Auftritten lobt er die kritische Presse und beteuert, wie sehr er sich - anders als Trump - über jeden Verriss seines politischen Wirkens freue.“

Ui, da muss er ja eine Menge Freude verspüren. Würselen freut sich ja angeblich noch heute über die Schuldenlast, die der Gottbürgermeister der Stadtkasse geschenkt hat und trägt die Unterhosen aus Trauer auf Halbmast, weil er sie verlassen hat.

„„Gerechtigkeit“, ruft Schulz allenthalben.“

Er könnte auch „Erdbeereis!“ rufen oder „Superkalifragilistisch!“. Inhaltsleeres Geschwätz bleibt inhaltsleeres Geschwätz, egal mit welchem Silbenbrei man es stopft. Wer auf „Gerechtigkeit“ setzt hat den transzendentalen Zustand des Postfaktischen erreicht. Der Inhalt von Seite 7 des Würselener Telefonverzeichnisses hat mehr Faktenbezug und Inhaltsschwere, aber er fühlt sich nicht so schön an wie „Gerechtigkeit“.

„Seine Diagnose einer sozialen Spaltung im Land stützt er … auf Emotionen, die in der Wählerschaft weit verbreitet sind, und vor allem auf das mächtigste ihrer Gefühle: die Angst, besonders vor sozialem Abstieg, dem eigenen oder demjenigen der Kinder.“

Ach was. Der hat kein Programm, bietet keine Lösungen an sondern nur Parolen, stützt sich auf das Spaltende statt dem Verbindenden und schürt und instrumentalisiert diffuse Ängste, macht also haargenau das, was man der AfD vorwirft und wofür man sie für unwählbare Demokratiefeinde erklärt? Was sagt uns das jetzt über die SPD aus, außer dass sie zur hilflosen, Ängste verbreitenden und die Gesellschaft spaltenden Populistentruppe verkommen ist? Was, der Vorwurf des Populismus ist zu hart? Na dann mal das:

„Deshalb argumentiert Schulz gar nicht so sehr mit Fakten. Er stützt seine Analyse nicht auf konkrete Zahlen, und er sagte zunächst auch nicht im Einzelnen, was er gegen die beklagten Missstände genau unternehmen will.“

Eben. Populistisches inhaltsleeres Gewäsch von einem Kleiderständer mit dem Charme des Kassiers eines dörflichen Kleintierzüchtervereins. Dass die Deutschen so etwas wählen nur um die widerliche Raute endlich nicht mehr sehen zu müssen, sagt viel über die Verzweiflung aus, die dieses Volk erfasst hat. Dass sie nicht begreifen, dass sie mit Schulz die gleiche Politik wie die von Merkel wählen, nur noch linker und nach Schulzens Wunsch gemeinsam mit den Ultralinken und alten Mauerschützen-Genossen, sagt sehr viel darüber aus, was aus dem Volk der Dichter und Denker geworden ist. Die einen sind nicht mehr ganz dicht und die andern können nicht mehr denken, oder so.

„Stattdessen erzählt Schulz einfach Beispiele.“

Also wenn das einer der bösen Rechtspopulisten macht und das Beispiel eines (durch Polizeiberichte auch noch bewiesenen) folkloristischen Vorfalls mit einer Erlebenden dankbarer sexueller Zuwendung durch einen traumatisierten Schutzerflehenden benennt, dann ist das grundsätzlich ein bedauernswerter Einzelfall und ein individuelles Erlebnis, aus dem man auf keinen Fall Rückschlüsse ziehen darf und auf Basis dessen man niemals generalisierend Politik aufbauen darf. Ach nö. Aber Sozen dürfen das?

Ein Batzen Kot wird nicht dadurch zu Schokolade, das er aus dem richtigen Hintern fällt.

Schulz ist offensichtlich ein G‘schichterldrucker, der aus den Erzählerstückchen Schlussfolgerungen zur Politik ableitet. Postfaktisch und emotional.
Weil angeblich ein älterer Arbeiter aus einem Bahnwerk Angst um seinen Job haben könnte, muss sofort ein milliardenschweres Bildungsprogramm auf die Beine gestellt werden, bei dem 60-jährige noch einmal einen neuen Job lernen – ja, das hat Erfolgsaussichten! Warum sollte ein Unternehmen einen Lehrling ausbilden, wenn es einen 60-jährigen Umschüler bekommen kann?
Wieso sind die Roten eigentlich so allergisch gegen Vernunft und Realitätssinn? Und wieso auch so viele Wähler?
                                                                                    
„Schulz demonstriert mit dieser Anekdote seine Nähe zu den Menschen…“

Quatsch, er demonstriert seine Faktenfreiheit. Der fährt einen Wahlkampf auf der Kuschelschiene, verspricht jedem, dass sich nichts ändern wird, aber alles besser anfühlen kann. Er macht Germany warm again. Süüüß.


Fazit: Man kommt zu dem Ergebnis, dass Schulz zwar abweichende Inhalte von Trump hat, aber mit ähnlichen Parolen und den gleichen Methoden transportiert. Außerdem wird er, wie Trump, von einer aus dem Mittelmaß ausgeflockten Cheerleader-Truppe angehimmelt wie ein Messias und zur Kultfigur erhoben. Er ist ein Populist. Sonst nichts.
Das Einzige, was Schulz nicht befürchten muss, ist, dass seine politischen Gegner nach seinem Wahlsieg ausrasten und von Medienhetze bis zu brennenden Straßenzügen die komplette Stalinorgel des Hasses für ihren Vernichtungskampf bedienen. Sowas würde nur einer Kanzlerin Petry passieren, und die Gefahr ist nicht einmal ansatzweise vorhanden, dass es diese geben könnte.


Ach ja, eines hab ich noch, eine kleine Randbemerkung aus dem Text:

„Auch bei Trump und seinen Wählern aus dem „Rostgürtel“ der früheren Industrieregionen ging es nicht so sehr um reale Zurücksetzung. Im Schnitt verdienten seine Anhänger mehr Geld als die Befürworter der unterlegenen Gegenkandidatin Hillary Clinton.“

Also vor ein paar Tagen noch waren die Anhänger Trumps die verarmten Arbeitslosen, die abgehängten weißen Männer aus den prekären Wohnwagensiedlungen der mittelwestlichen Stadtränder, die Hoffnungslosen, die Loser – und jetzt sind es plötzlich Wohlhabende, die sich nur „zurückgesetzt“ fühlen aber in Wirklichkeit in Wohlstand leben?
Da sich beide Aussagen gegenseitig ausschließen muss eine davon was sein? Na? Richtig, fängt mit „F“ und hört mit „Akenews“ auf.

Keine Kommentare: