Wer sich ein Bild machen möchte, wie der hochgepriesene und mit
geradezu junckerscher Weisheit und Abstinenzstärke gesegnete Wiener
Bürgermeister, der nicht nur in den Reihen seiner Partei ein
Schwergewicht darstellt, so tickt, der kann sich heute im „Kurier“,
der intellektuell anspruchsvollen Gazette des neoprogressiven
EU-Bürgers, ein Interview geben, das die Eloquenz des Spitzen-Roten
und die investigative Härte der Kurier-Journaillisten in brutaler
Härte dokumentiert.
Bereits die Gestaltung der Überschrift ist eine Herausforderung für
den gelernten Medienkonsumenten. Eine Randbemerkung im Interview wird
dargestellt, als wäre sie die Kernaussage des Gesprochenen. Was sagt
das jetzt über den Interviewten aus und was über die Wünsche und
Ansichten der Interviewer? Will da jemand etwas herbeischreiben, was
als letzte Rettung vor dem politischen Gottseibeiuns, dem Duo
Kurz-Strache, in roten Kreisen bereits zu einem gewöhnungsbedürftigen
Wunsch heranreift, nämlich Rot-Blau?
Man will also suggerieren, dass der offene FPÖ-Hasser und in der
Vergangenheit auch mit deftigen Hetzparolen gegen diese Partei
verhaltensauffällige Sozenfunktionär sich mit dem Gedanken
anfreundet, Rot und Blau würden besser zusammenpassen als andere
Optionen. Wenn ich dem Wampo alle möglichen Schweinereien zutraue,
aber seiner Linie ist er immer treu geblieben. Ihm wird es
wahrscheinlich nur langsam wurscht, was nach der Nationalratswahl
passiert, weil er innerlich bereits in Pension gegangen ist. Die
Taschen sind voll, Freunde und Familie sind versorgt, das
Pensionsalter ist erreicht – nach ihm die Sintflut.
Aber picken wir uns mal ein paar Fragen und Antworten heraus:
„"Ich hol mir,
was mir zusteht", lautet der Titel des Programms. Das hätte
theoretisch Karl-Heinz Grasser seinerzeit auch behaupten können.
Gilt jetzt auch in der SPÖ die Devise: Jeder ist sich selbst der
Nächste?
Nein. Wenn man nur einmal über den Titel hinausschaut, erkennt
man, dass es um Interessen von großen Teilen der Gesellschaft und
nicht von jenen Einzelner geht, wie es bei Grasser der Fall war. Die
breite Mittelschicht hat nicht vom Aufschwung vor der
Wirtschaftskrise 2008 profitiert, sie hat aber in der Krise
überproportionale Leistungen erbracht. Jetzt, wo Licht am Ende des
Tunnels ist und die Arbeitslosigkeit zurückgeht, ist die
Verteilungsgerechtigkeit ein wichtiger Punkt für uns.“
Also gleich mal vorneweg: „Ich hol mir, was mir zusteht“. Das ist
Raubtiersozialismus vom Feinsten. Es gibt nämlich nur zwei
Möglichkeiten, diese Parole zu interpretieren.
Erstens: Jeder legt für sich selbst fest, was er glaubt, dass es ihm
zusteht. Und er wird aufgerufen, sich das zu holen. Man kann das noch
mit geradezu barocker Gutmütigkeit als Aufforderung zu Straftaten
verstehen. Aber im Prinzip klingt es nach reiner Anarchie und
Bürgerkrieg. Es könnte die Parole des linksextremen Randes der
Sozen sein, deren deutsche Brüder in Hamburg am Rande ihres
heldenhaften und friedliebenden Schlachtgetümmels einige Läden
geplündert haben. Unter „Verteilungsgerechtigkeit“ versteht
eben jeder etwas anderes, und von „Leistungsgerechtigkeit“ hat
man im linken Reichsviertel, das dem Wiener Bürgermeister
entgegenkommend wohl bald zu einem roten Achterl schrumpfen wird,
noch nie etwas vernommen.
Zweitens: Will man nicht zu Anarchie und Raubzügen aufgerufen haben,
muss fest definiert werden, was genau jedem zusteht. Und da befinden
wir uns im sozialistischen Kern-Denken, für dessen praktische
Umsetzung man sich aktuell Tipps aus Nordkorea holen kann: Die
Partei, die bekanntlich immer recht hat, definiert die
Vergaberichtlinien der gerechten Verteilung und schreibt jedem vor,
was ihm zusteht.
Also, was wollen die Sozen mit dieser Parole jetzt erreichen? Ja, der
Dicke gibt die Antwort: es geht um die „Interessen der
Gemeinschaft“. Damit wird Möglichkeit eins kategorisch
ausgeschlossen, denn die wäre ihm zu Grasser (man sollte
gerechterweise anmerken, dass ihm dieses faktenfreie und eigentlich
hetzerische Grasser-Seitenhieb-Sabberstöckchen der linksradikalen
Liberalismushasser der Fragesteller zugeworfen hat), also bleibt nur
Möglichkeit zwei. Der Große Fahrdienstleiter will also dafür
sorgen, dass nicht die Leute sich holen, was ihnen zusteht, sondern
er definiert, was ihnen zusteht, und dann holt es der Staat. Von wem?
Da braucht man nur wenig Phantasie, um zu wissen, wo die Sozen schon
immer das Geld hergeholt haben, mit dem sie sich als Big Spender
gerieren.
Damit steht zumindest eines fest: Die Wahlkampfparole „Ich hol mir,
was mir zusteht!“ ist für jeden arbeitenden Menschen, für jeden
Leistungsträger, Nettosteuerzahler und Hausbesitzer als gefährliche
Drohung zu verstehen. Egal was da von der Wirtschaftskrise und der
Mittelschicht gefaselt wird.
Wer sich übrigens daran erinnern möchte, wer dafür verantwortlich
war, die vom teuflischen Grasser eingebremste Neuverschuldung in
einer einzigen Nacht-und-Nebel-Aktion 2006 regelrecht explodieren zu
lassen: da lagen sich Rot, Grün und Blau im Kampf gegen den
ekelhaften Liberalismus einig in den Armen. Die Freiheitlichen sind
aus Sicht der Sozialisten eben eh nicht so arg, denn wenn es
wirtschaftspolitisch hart auf hart kommt, sind sie doch lieber
Sozialisten. Das einzige Blatt, das zwischen SPÖ und FPÖ passt, ist
ein Asylbescheid.
„Es soll
Verbesserungen für die Mindestpensionisten geben. Beim Abbau von
Pensionsprivilegien bleibt aber für Wiener Beamten die günstigere
Regelung aufrecht. Wie erklären Sie das den Nichtwienern?
Vorweg: Die Wiener Beamten gehen nur die Wiener etwas an. Wir
haben die Eckpunkte der seinerzeit unter Schwarz-Blau durchgeführten
Pensionsreform auch erfüllt, nur mit einem anderen Zeithorizont und
somit wesentlich sozial verträglicher. Es gibt aber keine
Pensionsprivilegien, sondern eine Pensionsgerechtigkeit. Wir haben
auch nicht vor, das zu ändern.“
Mutig vom „Kurier“, das Thema überhaupt anzusprechen. Denn der
Wiener Magistrat ist sakrosankt. Die heilige Kuh der
Pfründeverteidiger, Freunderl- und Familienversorger mit den
üppigsten Privilegien nahe Nationalbank und staatlicher
Energieversorger.
Wenn Seine Präpotenz in gewohnt freundlicher Weise zurückrotzt:
„Die Wiener Beamten gehen nur
die Wiener etwas an“, dann
spiegelt das in deutlich leuchtenden Farben die sozialistische
Denkwelt wider, die aus ihrer Wahlparole eine Drohung macht. Da die
Wiener Magistratsbediensteten, deren schon griechische Dimensionen
erreichende Anzahl sogar jene der EU-Verwaltung übersteigt, jedes
Jahr mit zig Millionen Steuermitteln aus Bundeseinnahmen gepäppelt
werden, also alle Nettosteuerzahler Österreichs diesen gigantischen
Wohlversorgungsstadel bezahlen, ist diese Aussage Häupls als
praktische Anwendung der angestrebten „Verteilungsgerechtigkeit“
zu verstehen. Im sozialistischen Sinne gerecht ist eine Verteilung
offensichtlich dann, wenn Freunderl und Familie sich die Taschen
vollstopfen können mit Geld, das vom einfachen Arbeiter bis zu
dessen Arbeitgeber jedem,
der produktiv Werte schafft, abgepresst wird. Nur ein knappes Viertel
der Österreicher erwirtschaftet hier alles, was dann vom Staat
„gerecht verteilt“ wird, und davon wollen der Kern und seine
Truppe jetzt noch mehr haben. Man kann nur sagen: Kommt im Herbst
Rot-Blau, können wir nur noch versuchen, uns die Taschen zuzunähen.
Aber schnell, sonst näht man die Hand, die permanent darin nach
jeder noch so kleinen Münze grabbelt, mit an.
„Im Moment deutet viel
auf Schwarz-Blau hin. Was würde das für Wien bedeuten?
Es wäre noch ärger als das letzte Mal. Herr Dr. Schüssel hat
Distanz zur Sozialpartnerschaft gehabt, war aber ein Kind derselben.
Daher war er nicht auf eine Zerschlagung der Sozialpartnerschaft aus.
Das ist bei einer neuerlichen schwarz-blauen Regierung anders, Kurz
will die Sozialpartnerschaft zerschlagen.“
Also ich halte Schwarz-Blau sogar für die unwahrscheinlichste
Option, weil Kurz viel zu „neoliberal“ für die nationalen
Sozialisten ist. Wenn Kurz wirklich erklärt, die
„Sozialpartnerschaft“ genannte demokratiefeindliche
Schattenregierung zu zerschlagen, wird er ja direkt wählbar. Aber
ich halte diese Ankündigung nicht für wahr, das ist nur
Wahlkampfgetöse der Roten, die wissen, dass sie unter Schwarz-Rot
maximal die zweite Geige spielen dürften, während unter Rot-Blau
nicht nur ideologisch zusammenwächst, was zusammengehört, sondern
die Roten auch weiterhin ihren selbstgefühlten historischen
Machtanspruch in Österreich ausleben können.
„Was würde hingegen
eine rot-blaue Koalition für Wien und die Landespartei bedeuten?
Ich gehe nicht von Rot-Blau aus. Aber ich will keine
Koalitionsdiskussion führen. Wir haben jetzt die Aufgabe,
Schwarz-Blau zu verhindern.“
Also wer weder Rot-Blau noch Schwarz-Blau haben will, der muss
Schwarz-Rot fressen. Also genau das, was die Leute im Oktober
abwählen werden, und zwar mit Karacho. Grün trudelt der
Nichtexistenz entgegen, die NEOs zerbröselt es in die
Bedeutungslosigkeit der Kaspertruppe, die sie schon immer waren, das
TS als einzig wirtschaftsliberale Partei hat sich erledigt – es
werden nicht mehr viele Optionen übrig bleiben, wenn man weder
Rot-Blau noch Schwarz-Blau will.
Ob die Österreicher eine Wiederholung des eh-immer-wieder-Gleichen
im Herbst noch einmal kommentarlos hinnehmen werden, ist mehr als
fraglich. Irgendwann kocht der Topf über, und das Kritische bei
einem Volk wie den Österreichern, die sehr lange nur motschgern und
maulen aber weiter vor dem Pflug dahintrotten, ist, dass sie dann,
wenn der Deckel vom Topf fliegt, für wirklich unangenehme Bilder
sorgen. Es sind solche Situationen, für die schon vor einigen Jahren
mit Blick auf die damaligen Demonstrationen in Griechenland und das
Murren in den europäischen Völkern, EU-Richtlinien zum letalen
Waffeneinsatz gegen „Aufständische“ beschlossen wurden.
„Viele Positionen der
ÖVP unterscheiden sich kaum mehr von denen der FPÖ, mit der Sie
nicht koalieren wollen. Wie soll da noch eine Zusammenarbeit mit der
Kurz-ÖVP möglich sein?
Ich sehe schon Unterschiede, etwa in der Europafrage. Auch wenn
Kurz hier populistische Positionen besetzt. Dass die ÖVP bei
sozialen Fragen, etwa die Zerstörung der bundesweiten Regelung der
Mindestsicherung, überhaupt nicht meine Zustimmung haben kann, liegt
auf der Hand. Da sind die Freiheitlichen wahrscheinlich weniger arg.“
Fällt das jedem auf, dass die Schreiberlinge mehr sozialistische
Propaganda-Häppchen hinwerfen als der Wampo aufheben kann? Es gibt
nur eine Position, in der sich ÖVP und FPÖ nicht unterscheiden, und
das ist die Frage der Einwanderung. Wobei die ÖVP bis dato nur
predigt, aber nichts tut, obwohl sie durchaus Regierungspositionen
besetzt, die solches möglich machen.
Bis jetzt ist es sogar so, dass die Roten mit Kern-igen Aussagen in
Blaues Fahrwasser einschwenken, um ihre Wähler nicht zu Blau
abwandern zu lassen und auf Rot-Blau vorzubereiten. Aber auch die
Roten reden nur, Kern hat bis jetzt nichts geliefert außer Pläne,
Parolen und Plattitüden. Und eine Pizza. Wer heute noch glaubt, dass
diese Parteien nach der Wahl auch nur die Hälfte dessen einhalten,
was sie jetzt reden, muss Erstwähler oder geistiger Einzeller sein.
Ein nettes Schmankerl ist ja der folgende Dialog, in dem Häupl
bezeichnenderweise mehr Realitätssinn zeigt als die in ihren eigenen
Propagandamärchen versinkenden Kuriere:
„Dennoch: Die ersten
Runden im Wahlkampf gingen klar an die ÖVP. Kurz hat sehr stark das
Sicherheitsthema gespielt, die SPÖ hatte dem wenig entgegenzusetzen.
Den Teufel werden wir tun. Wir werden nicht seine Themen
bespielen. Wenn er meint, er muss die Mittelmeerroute schließen:
Tadellos, soll er das tun, er ist dafür zuständig.“
Richtig. Kurz redet davon, was der Außenminister dieser Regierung
alles tun müsste, so als wäre er nicht rein zufällig selbst dieser
Außenminister. Kurz sagt die ganze Zeit vor, was er eigentlich tun
müsste, aber erst nach der Wahl zu tun gedenkt. Erstens bleibt die
Vermutung, dass auch nach der Wahl nicht mehr als Schmierentheater
gespielt wird und zweitens gilt das Ganze in vollem Umfang auch für
Kern, der ja gerade die ganze Zeit predigt, was er tun würde, sollte
er Kanzler werden.
„Aber
gleichzeitig will Verteidigungsminister Doskozil mit Panzern am
Brenner auffahren.
Das ist ja nicht wahr.“
Stimmt. Ist es nicht. Die scheinen in den Redaktionen die
alternativen Fakten, die sie verbreiten, selbst zu glauben. Es wurde
nur gesagt, dass in wenigen Tagen ein Notprogramm zum Grenzmanagement
hochgefahren werden könnte, wobei eine Handvoll Pandur, so eine Art
Dacia mit dickerem Blech, Transportdienste übernehmen soll.
„Warum
hat der Verteidigungsminister das dann gesagt?
Hat er nicht. Da sind vier Pandur-Panzer, die in Innsbruck unten
in einer Kaserne stehen. Es steht kein einziger Panzer am Brenner.“
Richtig. Hat er nicht. Selbst wenn man sie widerlegt bohren sie nach.
Bei den Privilegien der Wiener Beamten oder der Tiefsinnigkeit roter
Wahlkampfparolen geben sie sich mit einer kurzen Erklärung
zufrieden, aber wehe es wird ein zentraler Glaubenssatz der eigenen
Propaganda berührt, da wird sich geweigert, die Realität zu
akzeptieren.
Grenzmanagement heißt, einfallende Horden mit Tee, Obst und Decken
zu empfangen und allfällige dutzendweise zusammenklumpende
Einwanderungsgegner möglichst vom Geschehen fernzuhalten, bis die
Antifa übernimmt. Da braucht man Pandur höchstens als fahrende
Kühltaschen zur Nachschuborganisation von Frischobst. Jeder weiß
das. Haben wir vor zwei Jahren gelernt; nichts deutet darauf hin,
dass sich an der italienischen Grenze etwas anderes abspielt als an
der ungarischen oder slowenischen. Und den Kernschen Kotau vor der EU
in Form des Eides, den Brenner niemals schließen zu werden, darf man
getrost ernst nehmen.
Aber beim „Kurier“ muss das Märchen weiter hochgekocht werden;
einer der seltenen Fälle, wo ich das verstehe, wenn Häupl in seine
bekannt kurzsilbige Grantigkeit verfällt.
Ich glaube, der freut sich schon richtig auf seine Pension, nicht nur
wegen deren Höhe.
Der Rest Österreichs auch. Trotz der Höhe.