„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Freitag, 9. Juni 2017

Der Bundesopa

Er wächst ja geradezu über sich hinaus, unser Bundesopa. Seinen ganzen Sulf in der „Zeit“ tue ich mir jetzt nicht an, das grenzt an verschwendete Lebenszeit, aber in der „Presse“ wird eh darauf eingegangen und besonderes Augenmerk auf seine Auslassungen zum eben unterschriebenen Integrationsgesetz gelegt.

Der Bundespräsident hat das Integrationsgesetz trotz inhaltlicher Bedenken unterzeichnet. Es sei ihm zwar "extrem unbehaglich", wenn er einer vollverschleierten Frau begegne, das gebe der Mehrheit aber nicht das Recht, es zu verbieten.“

Meine Fresse, soviel Blödsinn in nur zwei Sätzen, das muss man mal hinbekommen.
Erstmal hat er es mit inhaltlichen Bedenken unterzeichnet und nicht trotz. Seine inhaltlichen Bedenken sind nämlich absolut irrelevant, wenn es um die Unterzeichnung von Gesetzen geht. Seine Unterschrift bestätigt nämlich nicht die Bedenkenlosigkeit des Bundespräsidenten über den Inhalt sondern ist nur eine faktisch notarielle Beglaubigung, dass dieses Gesetz auf verfassungskonforme Weise entstanden ist. Der kann zum Inhalt bedenken, was er will; ist das Gesetz verfassungskonform durch das Parlament beschlossen, spielt seine Meinung dazu keine Rolle. Es steht ihm gar nicht zu, inhaltliche Entscheidungen zu treffen. Jeder Gesetzesinhalt muss vom Parlament beschlossen werden und kann höchstens durch das Verfassungsgericht abgelehnt werden. Und der Bundesopa ist nun mal weder Verfassungsrichter noch Wächter über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzestextes. Hätte ihm mal einer erzählen sollen, bevor er das Amt angetreten hat. Wer sowenig Ahnung von Demokratie und der eigenen Verfassung hat – ach was, ist ja ein Grüner, also geschenkt.

Es ist wie mit der notariellen Beglaubigung eines Kaufvertrages. Der Notar bestätigt nur, dass es nachweislich die beiden Vertragsparteien persönlich sind, die aus freien Stücken unterzeichnet haben, aber was in den Vertrag drinsteht, geht ihn gar nichts an, und was er darüber denkt interessiert auch keinen.

Und der zweite Satz offenbart das komplette Unverständnis der Materie überhaupt.
Man kann Vollverschleierung (in vollkommener Perversion der Tatsachen) als freie Entfaltung der weiblichen Persönlichkeit betrachten oder als Statement einer archaischen und gewaltaffinen Ideologie. In beiden Fällen gilt: unser brückenbauender Superopa hat es nicht begriffen.

Denn wäre es der erste Fall, dann dürfte die Mehrheit auch kein Gesetz beschließen, das es Menschen allgemein verbietet, sich nackt zu zeigen, nur weil das bei einigen Unbehagen auslöst. Was ist denn dran am nackten Körper, dass man ihn nicht zeigen darf und Exhibitionisten gar mit Strafe droht? Nach Meinung des obersten Hahnes auf der politischen Hühnerleiter des Staates hat die Mehrheit nicht das Recht, Gesetze zu beschließen, die einer Minderheit etwas verbieten, nur weil ihr „unbehaglich“ dabei wird.
(Gilt das übrigens auch für Meinungsäußerungen? Darf die Mehrheit kein Gesetz beschließen, das bestimmte Meinungsäußerungen verbietet, nur weil ihnen bei deren Hören unbehaglich wird? So zum Thema Holocaust oder so?)

Ist es aber der zweite Fall, und sichtbar die behübschend als „Verschleierung“ euphemisierte Verstoffsackung steht als Statement des Männchens zu einem fundamentalistischen Islam und einem frauenverachtenden Weltbild sowie einem absoluten Herrschaftsanspruch über den Inhalt des Wanderzeltes, dann ist unser Alpengandalf dem Vernehmen nach der Meinung, dass die Mehrheit nicht das Recht hat, Gesetze zu beschließen, die es Menschen verbieten, Zeichen einer Ideologie zu tragen, die man als unbehaglich, um nicht zu sagen, menschenverachtend und feindlich empfindet.
Hat der den Staatsvertrag gelesen? Und das daraus abgeleitete Verbotsgesetz? Das wäre nach dieser Logik ebenfalls illegitim. Sascha, das Eis ist dünn unter deinen Designerschuhen!

Jedenfalls palavert er dann locker weiter, dass es ihn schon gejuckt habe, das Gesetz nicht zu unterschreiben, er es dann aber doch getan habe, weil er glaube, es wäre wohl nicht verfassungswidrig. Wie gesagt, das einzuschätzen steht ihm nicht zu, das ist Aufgabe der Verfassungsrichter. Und man wünscht sich fast, er hätte es nicht unterschrieben, denn das wäre Amtsmissbrauch gewesen. Mit dem er ja schon seit dem Wahlkampf zum Thema Regierungsbildung mit der FPÖ heftig geflirtet hat.

Und da wird es jetzt interessant. Was ist eigentlich aus dem Thema geworden?

Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir eine grundsätzlich pro-europäische Regierung brauchen."

Das wissen wir, wir kennen das Programm der Grünen und ertragen auch gerade die Ausflüsse der Frau Lunacek zum Thema Brüsseler Kaiserreich. Es spielt nur keine Rolle, was seine Überzeugung ist. Es spielt nur eine Rolle, wie die Wähler entscheiden und was die Parteihäuser dann untereinander ausverhandeln. Hat mit Demokratie schon nur noch auf atomarer Ebene zu tun, da müssen die Befindlichkeiten eines verknöcherten Zentralstaatsgläubigen nicht auch noch dazwischenfunken.

Ich beobachte, dass die FPÖ in den letzten zehn Monaten schrittweise alte Positionen verlässt." Die FPÖ habe offenbar erkannt, dass ein EU-Austritt in Österreich "absolut unpopulär" ist. "Das ist gesickert, und ich hoffe, dass es so bleibt."

Hui, jetzt geht es an die Pirhouetten. Man dreht sich im Kreis, denn die sich im Präsidentschaftswahlkampf unverhohlen um die Ohren gehauene Hetze könnte sich jetzt als Bumerang erweisen. Wie will er nach dem festen Versprechen, niemals einen FPÖ-Kanzler anzugeloben, jetzt im Herbst die Kurve kriegen, wenn sehr wahrscheinlich ein solcher vor ihm steht – und das mit einem glücklich grinsenden roten Vizekanzler an der Hand? Es geht nur so: Er hat ja immer betont, die FPÖ wegen ihrer Anti-EU-Politik abzulehnen, und jetzt behaupten wir mal, wir hätten „beobachtet“ (Wie denn? Deren Aussagen sind für ihn nach eigener Aussage gegenüber Hofer doch eh alles Lügen und gefressene Kreide…) dass die gar nicht so Anti wäre.

Ach ja, Surprise, Surprise, „rechts“ sind die auch nicht mehr. Eigentlich nie gewesen. Was nach den Wahlkampfaussagen jetzt wirklich seltsam klingt, aber gut, dass etwas aus dem Munde unseres Präsidenten seltsam klingt ist etwas, an das wir uns schnell gewöhnt haben. Der meint das nicht so. Der will nur spielen.

Schwer tat sich Van der Bellen damit, die FPÖ als "rechte Partei" zu bezeichnen.“

Das ist neu. Was Umfragen und innerparteiliche Kämpfe (bis hin zu kleinen Prügeleien im Kanzleramt) bei den Roten doch ausmachen.

Vom Ausland gesehen mag das so sein, in Österreich sei man mit solchen Zuschreibungen aber vorsichtiger.“

Ach. Seit wann?

Die FPÖ sei etwa weit davon entfernt, eine kriegshetzerische Partei zu sein. Er spreche im Zusammenhang mit den Rechtspopulisten lieber von nationalistischen Parteien.“

Oh. Erstens sind weder AfD noch FN „kriegshetzerisch“, also ist das sowieso kein Kriterium, und zweitens hat sich, wenn ich mich recht erinnere, ein gewisser Herr Van der Bellen im Wahlkampf aber sehr wohl aus dem Fenster gelehnt, und die Prognose einiger Blauer, dass eine Weiterführung der Politik im alten Stil, besonders betreffs Migration, Sicherheit und Kriminalität, zu einem Bürgerkrieg führen könne, so ausgelegt, als dass rechte Hetzer mit einem Krieg drohen.
Aber macht nichts, das Wahlvolk ist eh mindestens ebenso vergesslich wie der Herr auf dem Hofburgsessel, der sich sichtlich wohl dabei fühlt, vom alten Geiste Maria Theresias umweht zu werden.

Ach ja, die alte Mizzi, die war nicht ohne. Die hätte ihre Freude mit unseren muslimischen Goldstückchen gehabt.

Kaiserin Maria Theresia war eine strikte Katholikin, und machte es sich zur Lebensaufgabe, die "Unsittlichkeit" zu bekämpfen. Zu diesem Zwecke richtete sie ein sogenanntes Keuschheitsgericht mit eigens abgestellten Kommissaren ein. Leidtragende waren hauptsächlich die Wiener Prostituierten. Bei "Schädigung des Freiers" oder seiner Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten drohten Abschneiden der Haare und von Ohren, Teerung des Kopfes, Auspeitschungen vor der nächsten Kirche oder im schlimmsten Fall und bei Rückfall die Deportation. Bürger wurden, sofern sie nicht durch Bestechungen davonkamen, in der Regel zu Geldstrafen verurteilt.

Mit aller Härte bis hin zur Todesstrafe ging die Kommission gegen Ehebrecher, Sodomiten, Homosexuelle und religionsüberschreitenden Sexualverkehr vor. Im Prater wurde der Buschbestand in der Umgebung ausgedünnt, um leichter ledige Liebespaare zu ertappen. Sie wurden dann zur Ehe gezwungen, damit Kindstötungen vermieden werden. Aufklärung und Naturrecht spielten bis 1776 keine Rolle - erst dann schaffte sie unter dem Einfluss ihres Sohnes Joseph die Folter ab.“

Ach ja, die gute alte Zeit.
Kommt schneller zurück als man dachte.

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