„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 16. Juli 2018

Märchenstunde

Gleich vorneweg, auch wenn das den Spannungsbogen plattbügelt: Ich halte diese Geschichte für übelsten Fake. Entweder will da einer die Leute verscheißern und über eine gefakete Spendenaktion Kohle abgreifen oder es ist eine Provokation linker Aktivisten, die dann die zwei oder drei dümmsten Kommentare jener, die beim Lesen vor lauter Empörung ihr Hirn nicht einschalten und sofort losblöken, medial vorführen, um „die rechte Hetze“ und „den rechten Hass“ wieder für ihre eigene Propaganda zu instrumentalisieren. Möglichkeit drei… dazu mehr am Ende.
Dass ausgerechnet „Jouwatch“ auf sowas reinfällt finde ich schade, aber die Qualität dieses Mediums hat meiner Meinung nach in letzter Zeit generell ziemlich gelitten.

Die Kinderpflegerin und Mutter Sia ist in der Gruppe zur Demo gekommen. Es ist ihre erste Demonstration, die Gegner zahlreich, und sie hat Angst. Deshalb trägt sie ein T-Shirt von der Identitäten Aktion, zu der ihr Mann gehört. „Ich wollte zeigen, ich gehöre zu denen, tut mir nichts“, erklärt die junge Frau. Sie selbst hat mit der politischen Gruppierung laut eigenen Angaben nichts zu tun. Die Demo wird live im Internet übertragen. Eine Kindergarten-Mutter soll es gewesen sein, die sie erkennt.“

Allein im ersten Absatz so viele logische Fehler, dass es wehtut.
Erstens ist eine Kindergärtnerin keine Kinderpflegerin. Aber gut.
Zweitens wird einerseits behauptet, sie hätte Angst wegen der zahlreichen Gegner der Demo gehabt, andererseits zieht sie aber ein Shirt der Identitären Aktion an. Genau damit zieht man aber die linken „Gegner“ an wie Licht die Motten, nur dass diese Motten oft genug vermummt und mit Baseballschlägern, Pflastersteinen und Brandsätzen unterwegs sind.
Drittens verdreht man auch noch die Motivation, denn sie will offenbar das Shirt angezogen haben, damit ihr die Demonstranten nichts tun; als würde man, wenn man ohne Kennzeichnung vor irgendwelchen Identitären auftaucht, sofort von denen zusammengeschlagen. Spätestens hier riecht es nach der Ausdünstung der linken Filterblase, die eine Fake-Geschichte erfindet, um ihre Propagandasuppe zu kochen.
Viertens, wenn ihr Mann bei der IA ist, dann muss sie ja zumindest wissen, was das für Leute sind. Sie wird ja wohl entweder mit ihm gegangen sein oder, wenn er nicht konnte, wohl wenigstens mit ihm darüber gesprochen haben?! Wer glaubt denn diesen Blödsinn?
Fünftens, wenn die Demo irgendwo auf dem Kanal der Identitären Aktion oder einer anderen als „rechts“ verschrienen Gruppierung im Internet übertragen wird, wird wohl kaum eine offensichtlich linke bis wellkammistische Kindergartenmutter zuschauen. Oder anders: die Kindergartenmutter, die die Demo auf einem „rechten“ Internetkanal verfolgt und die Kindergärtnerin wiedererkennt, wird ihr am nächsten Tag eher gratulieren anstatt sie anzuzeigen.
Also das strotzt schon so vor Unlogik, dass bereits an dieser Stelle nicht ein Wort Glaubwürdigkeit mehr übrig bleibt.
Wieder am Arbeitsplatz wird sie überraschend zum „Mitarbeitergespräch gebeten“. In ihm stehen Sia plötzlich nicht nur die zweite Vorsitzende des Kindergartens, sondern auch noch ein externer Mitarbeiter sowie ein Anwalt gegenüber. Der Vorwurf: Sie sympathisiere mit einer Nazi-Demo und einer Bewegung, die vom Verfassungsschutz beobachtet werde.“

Ja, das kann so passieren. Wissen wir. Ist aber irrelevant, weil sie bei der Demo als Privatperson war und ein Shirt der IA getragen haben soll und keine Berufskleidung oder ähnliches, das sie als Mitarbeiterin des Kindergartens deutlich kenntlich macht.
Wie bei dem Porsche-Lehrling damals: Für seine geschmacklose Meinung wäre ihm nichts passiert, aber weil er auf der gleichen FB-Seite damit geprahlt hat, Lehrling bei Porsche zu sein, konnten sie ihn feuern. Man schädigt das Unternehmen nämlich nicht, wenn man sich nicht als Mitarbeiter des Unternehmens deklariert.
Und vom Verfassungsschutz beobachtet wurden auch schon Grüne und Linke, also das Argument zieht nicht, weil es bedeutungslos ist.

„„Tatsächlich haben die viel recherchiert. Aber nicht über mich und ob ich zu der Gruppe gehöre oder nicht. Sie haben mir von Menschen erzählt, die der Gruppe angehören und mir von deren Straftaten erzählt. Sie haben Namen genannt, die ich noch nie im Leben gehört habe, geschweige denn habe ich diese Leute je getroffen“, sagt die junge Mutter. Sie habe erklärt, sie habe nur ein bis zwei Leute aus dem politischen Umfeld ihres Mannes kennengelernt und auch das nur auf rein privater Basis, ohne jeden politischen Zusammenhang. „Die wurden richtig entmenschlicht. Sie haben sie als „Abschaum“ beschimpft und mich somit auch“, erzählt Sia fassungslos.“

Auch das klingt glaubwürdig, obwohl ich die Geschichte mit dem Anwalt für überzogen halte. Warum brauchen die den? Vom Anschnauzen über die offizielle Rüge bis hin zur Entlassung muss kein Anwalt zugegen sein. Allein was der kostet, das ist doch Quatsch. So wichtig war die kleine Kindertante nun auch nicht, dass man solche Geschütze auffahren muss.
Was ein Kindergarten für „externe Mitarbeiter“ haben soll ist auch unklar, aber wer jetzt noch nach irgendeiner Logik in der Story sucht, hat eh schon verloren.

Sie wird vor die Alternative gestellt, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben oder ihre Kündigung entgegen zu nehmen. Da sie nicht gewillt ist, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, erhält sie wenige Stunden später die Kündigung. Doch damit nicht genug – auch ihrem Sohn wird der Kindergartenplatz gekündigt.“

Quatsch. Sie kann nicht gekündigt werden, weil sie an einer Demo teilgenommen hat. Da bin ich aber schneller beim Arbeitsgericht als die Chefin ihre Finger, oder noch besser, die ihres angeblich anwesenden Anwaltes zählen kann. Ohne sich etwas zuschulden kommen zu lassen, das sich auf den Arbeitgeber direkt bezieht, geht da nichts durch. Also muss entweder mehr vorgelegen haben oder die ganze Geschichte ist ein Märchen.
Und ihr Kind kann man nicht aus dem Kindergarten feuern. Es existiert ein aufrechter Vertrag, an den der Kindergarten gebunden ist.

Der Rausschmiss wird kurz darauf zurückgenommen, da er rechtlich keinen Bestand hat.“

Offen bleibt, ob der von dem Kind oder der von der Mutter gemeint ist, aber prinzipiell gilt das eh für beide.

Doch die junge Mutter fällt ins Bodenlose. „Ich war fast zwei Monate im Schockzustand. Ich konnte nicht mehr schlafen und habe viel geweint“.“

Jetzt kommt der Punkt, an dem es skurril wird. Denn wenn man den Text richtig liest, wurde sie eben nicht rausgeschmissen, weil es rechtlich auch gar nicht geht (was der angeblich anwesende Anwalt der Chefin sicher erklärt hätte, wäre er wirklich da gewesen). Also ist sie dann wochenlang der Arbeit ferngeblieben, weil sie Schlafstörungen und Weinkrämpfe hatte, weil, äh, ja, nun eigentlich nichts passiert war? Selbst wenn ich dem Ganzen auch nur ein Fünkchen Glauben schenken würde, buche ich sie hier unter hysterische Zicke ab und wünsche ihrem Mann viel Spaß dabei, sie in Zukunft zu ertragen.

Der finanzielle Absturz folgt.“

Arbeitet ihr Mann nichts? Geht sie nicht zum Arbeitsamt, um Arbeitslosengeld zu holen? Ach ja, die Kündigung war ja gar nicht wirksam sondern Madame im Krankenstand. Was genau verliert sie dann? Richtig: Nichts. Märchenstunde ist...

Das Geld wird knapp. Sie kann ihre Miete nicht mehr bezahlen. Sie muss aus der Wohnung raus und findet in der Gegend keinen neuen Job mehr.“

Also doch arbeitslos? Ja was denn nun? Aber auch dann bekommt sie, besonders selbst mit einem kleinen Kind, jegliche staatliche Unterstützung. Und wer schon einmal versucht hat, als Vermieter eine arbeitslose junge Mutter mit Kleinkind aus der Wohnung zu bekommen, vor Allem wenn die auch noch zahlungswillig ist und immer wieder nur mikroskopische Raten überweist, der weiß; das wird nix. Die bekommst du nicht raus. Das dauert Jahre!
Und was ist mit dem Mann? Geht der nicht arbeiten? Der ist aus der ganzen Geschichte plötzlich verschwunden. Wurde nur als Anker zur IA gebraucht, als T-Shirt-Spender und Argumentationshilfe, jetzt stört der nur, also raus aus der Geschichte.
Solche logischen Brüche in einem Schulaufsatz in der Oberstufe und das gibt einen Fleck.

Die Träger pflegen untereinander gute Kontakte. Keine Chance für „Nazi-Abschaum“ wie sie, in der Umgebung eine neue Arbeit als Pädagogin zu bekommen. Sie sieht sich gezwungen, mit ihrem kleinen Sohn weg zu ziehen. Auch die nun anfallenden Anwaltskosten kann die junge Frau kaum allein stemmen.“

Erstens könnte sie ja auch was anderes arbeiten, wenn der Mann schon geheimnisvollerweise verschwunden ist (Vielleicht ist er auch von der Heulsuse weggelaufen, die im ersten Absatz seine Kumpane für brutale Gewalttäter hält?).
Und zweitens – welcher Anwalt? Wieso hat sie Anwaltskosten? Wofür braucht sie den? Und selbst wenn: Hat sie keine Versicherung? Und falls nicht, als plötzlich Alleinerziehende eines Kleinkindes mit akuter Armut und ohne Bleibe wird ihr ein Rechtsbeistand gestellt.
Das stinkt aus jeder Pore nach massivem Fake. Eine Geschichte, die mit allem möglichen Blödsinn daherkommt, aber konsequent mit Mimimi und Tränendrücken auf etwas hinausläuft, das auch unweigerlich folgt:

Deshalb ruft der Blogger Miró Wolsfeld von Unblogd zu einer Spendenaktion für sie auf. „In Zeiten wie diesen, müssen wir zusammenhalten und uns gegenseitig helfen“, so der „Freigeist“.

Ich kenne weder das Blog noch den Blogger, aber mit diesem Märchen und der anschließenden Bettelei hat er sich auch nicht gerade ein Qualitätssiegel ausgestellt. Wer so offensichtlich die Leichtgläubigen anzieht, ihnen auf der logik-abgekoppelten Emotionsschiene Geld aus der Tasche und sie zu seinen Mitläufern machen will, stößt mich ab. In Zeiten wie diesen müssen wir vor Allem wachsam sein, dass da keiner daherkommt, der nur auf der „Patriotismus“-Schiene abzocken will.

Solche Geschichten schaden mehr als sie nützen, denn sie liefern genau jene Argumente, die von den linken Propagandisten dann gegen alles rechts von ihnen eingesetzt werden. Und wenn dann die wahren Geschichten herauskommen, wo Leute aus politischen Gründen gemobbt, geschädigt oder angegriffen werden, dann werden solche Lügenmärchen nach vorne geschoben und das Totschlagargument: „Wieder nur so ein rechter Fake!“ geliefert.

Wie oben erwähnt noch etwas Verschwörungspraktisches als „dritte Möglichkeit“: Was, wenn das einer dieser in solchen Organisationen weit verbreiteten Verfassungsschutz-Maulwürfe ist? Der Fakes verbreitet, um Munition zu schaffen? Der selbst das Auswandern nach Südamerika agitiert, um einigen vom rechten Rand schmackhaft zu machen, das Land zu verlassen? Der über die Bankdaten der Spendendeppen deren Identität abgreift und an seinen Dienstgeber weitermeldet? Auf dass diese sich plötzlich bei einem „Mitarbeitergespräch“ wiederfinden, nachdem sie auch noch eine unfreiwillige Spende auf ein „Kampf gegen rechts!“-Konto geleistet haben?
Also bei mir schrillen alle Alarmglocken. Dem würde ich nicht einmal anonym einen Fünfer in einem Umschlag schicken.

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