„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Sonntag, 19. Februar 2017

Der Endbahnhof naht



Die Demokratie ist der Zug, der uns zum Ziel bringt – wer erinnert sich nicht an diese Sprüche des (noch) türkischen Präsidenten und bald Großsultan des Neuosmanischen Reiches, einer immer mehr in den Islamfaschismus abgleitenden militärischen und ideologischen Großmacht ausgerechnet an jener Stelle, wo sich die Kontinente küssen.

Und während sich die Medien in einem Empörungstaumel über Trump jedes seiner unwichtigsten Fürze widmen, nehmen sie es schulterzuckend zur Kenntnis, dass mitten in Deutschland ein Massenaufmarsch turknationalistischer Cheerleader eines größenwahnisnnigen und machtbesessenen islamistischen Despoten zusammenrotten. Nein, Erdogan hat keine dreckigen Schmuddelsprüche über Frauen abgesondert, das würde er niemals tun. Er ließ deren Frauentagsdemo einfach mit Tränengas und Gummiknüppel zerschlagen.

Allein das muss man sich mal geben: Frauen vom Stile einer „Madonna“ oder „Katie Perry“, die schon mal halbnackt auf offener Bühne Sex mit ihrem Mikro vorspielen, rasten aus, wenn Trump sich ebenso abwertend wie nicht einmal so sehr unrealistisch über Frauen auslässt, nehmen es aber lustig trällernd zur Kenntnis, wenn auf dieser Welt Millionen Frauen unter Kopftücher gezwungen, in Häuser verbannt, entrechtet, erniedrigt, verkauft, versklavt und vergewaltigt werden, für Demonstrationen dagegen auseinandergeknüppelt, eingekerkert oder gar zu Tode gesteinigt oder gepeitscht. Alles nicht so tragisch, aber Trump hat vor 25 Jahren einen Witz erzählt.

Als ein alternder Politiker einer Redaktionspraktikantin, die ihm ihre ausgeschnittene Oberweite vor das Gesicht hielt, dieses mit einem schlüpfrigen Spruch quittierte, rastete die Nation vollkommen aus; zumindest die sich als „links“ und „progressiv“ und „feministisch“ und „anti-irgendwas“ verstehende Hälfte tickte vollkommen aus, hashtaggte einen #Aufschrei, der kräftig mit Bots gepusht und zur Staatsaffäre erklärt wurde, die nur noch durch die totale Vernichtung der politischen Karriere des Betreffenden gelöst werden konnte. Das Schleifen seiner Frau an der Anhängerkupplung durch die Straßen einer deutschen Stadt passierte zum Glück keinem „alten weißen Sack“ sondern einem kulturbereichernden, seine Folklore auslebenden Einwanderer. Kein Aufschrei, keine Staatsaffäre, kein Hahn kräht mehr danach, ob der überhaupt bestraft wird und wenn ja, wie lange der einsitzen müsste, sollte er je die Bewährungsauflagen verletzen. Wir reagieren empfindlich auf falsche, politisch unkorrekte, Schneeflöckchen verletzende Worte, aber nehmen brutale Gewalt schulterduckend zu Kenntnis. Kommt nur mir das krank vor?

Doch zurück nach Deutschland, in die nördliche osmanische Provinz Alamanyia, wo in einem Meer geschwenkter türkischer Fahnen (Ob die eine Frau Roth ebenso mit Empörung erfüllen wie diese widerlichen geschwenkten deutschen Fahnen bei der Fußball-WM?) der türkische Ministerpräsident und Schoßhündchen des Sultans kernige Werbung für die Abschaffung der Demokratie trommelt, und mit lauten Jubelrufen auf den Sultan und die türkische Nation belohnt wird.

Ich stelle mir eine solche Szene samt Deutschlandfahnen beim nächsten AfD-Parteitag vor. Und die regieren nicht mal. Holla die Waldfee, da wär was los! Aber so? Es geht doch „nur“ um den Großsultan, der sich immerhin schon mehrfach dazu herabgelassen hat, die ungläubige Gouverneurin seiner Nordprovinzen im Prunksaal seines Palazzo Protzo zu empfangen und ihr dafür das selbsteingebrockte Problem der mittelöstlichen Völkerwanderungsbewegung vom Hals zu halten, um den Preis, die Islamisierung der Nordprovinz vorwiegend mit eigenen Leuten betreiben zu dürfen.

Und so geht es auch rund in Oberhausen:

„Sie schwenken Türkei-Fahnen, tragen Erdogan-Schals und jubeln jedes Mal, wenn der Name des Staatspräsidenten fällt.“

Es ist aber nicht der Name ihres Staatspräsidenten. Ihr Staatspräsident ist seit ein paar Tagen der knorrige Steinbeißer. Ein Typ, der nur wenig mit Fahnenmeeren und Jubelchören rechnen kann. Aber egal. Wäre Erdogan ihr Staatspräsident, dann befänden sich diese Leute am falschen Ort, im falschen Land. Nichts, was man nicht korrigieren könnte, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass hier Dinge zusammentreffen, die nicht zusammengehören, und es fällt keinem auf. Oder soll nicht auffallen.

„Mehr als 10 000 Türken haben am Samstag mitten im Ruhrgebiet einer Rede des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim zugehört.“

Wie oft haben Medwedjew oder Putin eigentlich schon flammende Reden an tausende Russen in Deutschland gehalten? Was begründet eigentlich diese extreme Sonderstellung der angeblich dauerdiskriminierten und unterdrückten Türken, von denen einige ganz offensichtlich wirklich am falschen Platz der Welt wohnen.

„Bei der Veranstaltung der türkischen Regierungspartei AKP warb Yildirim vor allem für das geplante Präsidialsystem in der Türkei.“

Darf eine ausländische Regierungspartei überhaupt eine Wahlveranstaltung in Deutschland abhalten? So weit ich weiß, eigentlich nicht, aber was soll’s, in Punkto Einhalten der eigenen Verfassung und Gesetze stehen Deutschland und die EU der Türkei nun wirklich in nichts nach. In vielen anderen Dingen auch. Selbst beim Inhalt des Begriffes „Demokratie“ gibt es hie und da eine gewisse gemeinsame Verständnisgrundlage.

„Die in Deutschland lebenden wahlberechtigten Türken werden heiß umworben - denn bei der Volksabstimmung könnten sie eine wichtige Rolle spielen.“

Da sieht man mal, wie viele das sind (weiter unten wird von 1,4 Millionen gesprochen) und das letzte Wahlergebnis der sogenannten „Deutsch-Türken“ zeigt auch ganz offen, wo die stehen. Mit überwältigender Mehrheit. Dass die AKP zumindest mir wie eine islamistische extremistische Machtgruppierung erscheint, macht es mir nicht leichter, daran zu glauben, es mehrheitlich mit friedlichen, moderaten Demokratiefreunden zu tun zu haben. Ich glaube, die sind eher in der Minderheit. Und ich beneide sie nicht.

„Über der Bühne hängt ein großes Plakat mit dem Bild Yildirims und den Fahnen der Türkei, Deutschlands und Europas. Darüber die Konterfeis von Staatsgründer Kemal Atatürk, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Yildirim selbst.“

Erkenne den Fehler.
Das hat Atatürk nicht verdient. In der Türkei werden Kemalisten in den Kerker geworfen und hier sonnt sich der Wesir des Großsultan unter dessen Porträt? Und die Leute jubeln ihm fahnenschwenkend zu? Sind die wirklich so dämlich oder haben die begriffen und jubeln trotzdem? Und welche der beiden Möglichkeiten ist die schlimmere?

„Vor der Halle steht eine junge Mutter aus Salzgitter … Deutschland entwickele sich nicht weiter und diskriminiere gegen die Muslime. Sie wolle daher schon bald in die Türkei ziehen - dort gebe es mehr Religionsfreiheit.“

Unglaubwürdig. Wenn sie diskriminiert wären, gäbe es nicht nur diese Veranstaltung nicht sondern die täte auch nicht so rosig von deutscher Staatsknete leben. Und die wird einen Dreck tun und gehen, solange es die Kohle abzugreifen gibt.
Man sollte mit der Geldverteilung unverzüglich aufhören, damit diese Leute ihre „Drohung“ wahrmachen und die „Religionsfreiheit“ in der Türkei genießen können. Die Fakten über Christen und Kirchen in der Türkei spare ich mir an dieser Stelle; sie sind eh allgemein bekannnt oder leicht zu ergoogeln.
Noch so eine putzige Wortmeldung:

„Erdogan sei gut, weil er in der Türkei fast alles verbessert habe. Für die vielen Verhaftungen äußern sie Verständnis: "Es ist ja normal, dass nach einem Putsch richtig aufgeräumt wird."“

Die Wirtschaft hängt an der Nadel Brüssels, der Tourismus ist zusammengebrochen, aber Erdogan macht alles besser. Endlich wird der richtige Glaube verbreitet, der Erdowahnismus der Atheismus zur Krankheit erklärt und Naturwissenschaft verneint. Und für die Verhaftungslisten haben seine Cheerleader auch Verständnis, ohne nachzufragen, wie es sein konnte, dass schon zehntausende Namen zum Zeitpunkt des „Putsches“ selbst erfasst und gelistet waren. Blinder Glaube an die Unfehlbarkeit des Sultans?

Aber Verständnis haben auch Deutsche:

"Wir sind ein liberales Land. Wir haben eine Rechtsordnung, die solche Auftritte möglich macht."

Naja, eigentlich nicht. Und ob sie das Gleiche sagen würden, wenn Putin käme, sei dahingestellt. Wie er dazu steht, dass Hotels und Gasthäuser, die AfD-Tagungen erlauben, inzwischen mit Billigung der staatlichen Behörden Morddrohungen aus den Reihen linker Parteien erhalten, die immerhin in Stadt- und Landesregierungen vertreten sind, wurde er nicht gefragt. Und wie er dazu stehen würde, wenn ein Abgesandter Trumps mitten in Deutschland vor einer US-Fahnen schwenkenden Menge mit „Make America great again!“ anheizen würde bis alle begeistert grölend den neuen Präsidenten bejubeln, auch nicht. „Liberal“ ist eben ein dehnbarer Begriff.

„Toleranz sei geboten. Dazu gehöre aber auch die Möglichkeit, dagegen zu demonstrieren.“

Toleranz gegenüber den Intoleranten? Warum darf der IS dann keine offene Wahlveranstaltung durchführen? Ach ja, die halten ja nichts vom Weg des Sultans als umständlicher Trittbrettfahrer der Demokratie und nehmen eher den direkten Weg zum Khalifat. Scheiß auf Wahlen, wenn du eine Panzerfaust und ein paar Leute mit einer AK47 hast.
Doch zurück zur Möglichkeit, dagegen zu protestieren (die Möglichkeit, offensiv dagegen zu berichten, wird lieber nicht erwähnt, weil dann jemand fragen könnte, warum das in diesem Fall nicht getan wird).

„Das machen auch rund 750 Menschen - friedlich.“

Naja, gegen Pegida wären es eher 5000 gewesen, und das nicht gerade friedlich, aber die wehren sich ja auch nicht, wenn man sie falsch anredet. Und wie redet man die Türken nun richtig an? Unterwürfig natürlich. Zum Fall des in der Türkei verhafteten „Welt“-Journalisten kommt deshalb auch ein zahmes:

 "Sorgen Sie dafür, dass er einen fairen Prozess bekommt."

Hä? Einen „fairen Prozess“? Nein: Lassen Sie sofort alle inhaftierten Journalisten frei! Das wäre eine Forderung. „Fairer Prozess“ ist lächerliches Gewäsch, Arschkriecherei, gelebte Feigheit.

Das erinnert mich an den Völker-Ausradierer Timmermans, der Polen für sein neues Pressegesetz das Stimmrecht in der EU entziehen will, aber zusammen mit Juncker die Beitragsgespräche mit der Türkei weiterführt, wo hunderte auch ausländische Journalisten eingekerkert sitzen.

Wer Polen oder Ungarn als Diktaturen verunglimpft und ausgrenzen will, dürfte mit der Türkei kein Wort mehr sprechen. Diese Türkei hat in der EU nichts verloren und Türken, die mit türkischen Fahnen grölend den Abgesandten des Sultans zujubeln auch nicht. Aber der Zug rollt, und der Endbahnhof kommt in Sicht. Für Leute wie Erdogan wird es ein großer Bahnhof sein. Für die Demokratie nur das Ende.

1 Kommentar:

Karl May hat gesagt…

Werter Fragolin,

" Kommt nur mir das krank vor?"

Nein, Sie sind nicht alleine. Unsere Welt ist krank geworden, bzw. wurde von jenen, die sich heute als "links" bezeichnen komplett aus den Ankern gehebelt.
Ich frage mich ob diese Leute wissen, dass am Ende ein brutaler Krieg stehen wird?
Die nennen sich selbst "intelektuell", beschimpfen andere als "dumm", "ungebildet" usw. machen aber den Anschein selbst den IQ einer Klopapierrolle zu besitzen.

Es ist nicht nur krank, sondern auch pervers zugleich was gerade abgeht. Den Menschen ging es zu lange zu gut. Der Mensch ist eine Bestie, die nicht ruhen und den Frieden genießen kann. Gesetze und Regeln werden einfach über Bord geworfen und ignoriert. Das verkauft man dann der dummen Masse als Demokratie.

Es ist längst 5 nach 12. Die dunklen Kräfte sind in Bewegng.

Beste Grüße,
Karl