„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 27. Februar 2017

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten



Auf der Deutschen Welle surft eine Schlagzeile durch die Medien:

„Türkei mauert Syrien ein“

Naja, alles andere hätte nicht reißerisch genug geklungen. Deshalb geht auch den Qualitätsschreiberlingen mal wieder die Tastatur durch. Dass die Türkei Syrien gar nicht einmauern kann, weil sie es nicht umschließt, ist jetzt kleinkarierte Besserwisserei und nur ein gemeiner Versuch, den Sensationslüstlingen die ebenso tolle wie sinnfreie Schlagzeile mit Anlauf auf den Kopf zu hauen.

„Die Türkei hat an der Grenze zum Bürgerkriegsland Syrien eine schon 290 Kilometer lange Mauer errichtet.“

Oh. Der Erdowahn macht den Trump. Interessant, dass das nach 290 fertigen Kilometern auch mal jemand erwähnt; Trump hat das nur angekündigt, noch keinen einzigen Meter gebaut (die bereits bestehende Mauer zu Mexiko, deren Existenz verschämt verschwiegen wird, denn Trump will ja nur Lücken schließen, kommt gar nicht von ihm sondern wurde schon übernommen, genauso wie die Liste der Staaten für das Einreiseverbot und anderes, aber das ist heute nicht Thema), wird aber schon täglich deswegen beschlagzeilt. Über die Hochtechnologiegrenze, die sich die Saudis von Airbus bauen ließen, schweigen wir sowieso.

„Damit sei mehr als die Hälfte des Sperrwerks fertiggestellt, das eine Gesamtlänge von 511 Kilometer haben soll, sagte Ergün Turan, der Vorsitzende der an der Errichtung beteiligten staatlichen Wohnungsbaugesellschaft Toki, im türkischen Fernsehen.“

Oh, eine so lange Grenze kann man schützen? Hey Muddi, haste das gehört?
Dass Mauerbau auch Aufgabe der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft ist, klingt irgendwie, naja, türkisch eben.
Seltsam ist, dass die noch nicht weiter sind. Da tobt der Krieg seit Jahren, gute fünf Jahre sitzt der IS direkt an der Grenze zur Türkei und es diffundieren ganze Kompanien von Radikalmuslimen durch die, naja, nicht gerade grüne aber komplett offene Grenze. Und angeblich auch Millionen Liter Öl von den vom IS besetzten Ölfelder. Und jetzt sind die gerade mal über die Hälfte? Das ist ja geradezu österreichisches Tempo.

„Der drei Meter hohe Wall sei mit Stacheldraht und Wachtürmen versehen.“

Naja, drei Meter Betonteile mit Stacheldraht und Wachtürmen, das klingt bekannt. Ha – jetzt weiß ich, was IM Erika ihrem Schätzchen beim letzten Besuch mitgebracht hat: Alte Baupläne! War ja nicht alles schlecht…

„Laut Medienberichten soll die Mauer Schmuggler stoppen und generell den illegalen Grenzübertritt verhindern.“

Äh, hat Trump auch gesagt. Da ist das aber ganz doll gaga. Geht gar nicht. Kein Mensch ist illegal und so. Und Generalverdacht, Schmuggler zu sein, geht auch nicht. Also absolutes Unding. Warum wir das jetzt bei Erdowahn stillschweigend zur Kenntnis nehmen, worüber wir bei Trump permanente Schnappatmung bekommen, ist ein Geheimnis. Das Gespann Merklogan ist mir nicht geheuer.

Aber zurück zu der Frage, warum die Türkei ausgerechnet jetzt den Grenzbau forciert. Immerhin ist Syrien seit Jahren Kriegsland. Ganz im Gegenteil, es entwickelt sich. Und da wird es auch im Artikel interessant, wenn man aufmerksam weiterliest.

„In der Vergangenheit hatte Europa die Regierung in Ankara immer wieder für zu lasche Grenzkontrollen kritisiert. Damit hätten unter anderem Extremisten über die Türkei nach Syrien einreisen und sich dort etwa der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) anschließen können, so der Vorwurf.“

Aha. Europa (nein, ich weise jetzt mal nicht darauf hin, dass die EU nicht Europa ist und es den Größenwahn des Kaiserhofes verdeutlicht, sich mit dem ganzen Kontinent zu identifizieren) hat die Türken wegen zu lascher Grenzkontrollen kritisiert. Hahaha, ausgerechnet die EU, deren Außengrenze ein weit offenes Tor ist, das sogar von der eigenen „Grenzschutzbehörde“ Frontex als größter Schlepperorganisation verlässlich mit illegalen Einwanderern versorgt wird, kritisiert die offenen Grenzen anderer. Ausgerechnet die EU, die die Sicherung der Grenze der USA zu Mexiko mit einer Mauer als unmenschliches Verbrechen geißelt, fordert dies sogar von der Türkei?
Was für ein widerlicher verlogener Dreckshaufen!
Aber es kommt noch eines drauf:

„Inzwischen hat die türkische Armee den IS vollständig von der Grenze vertrieben.“

Merkt das jemand? Ist das klar? Solange der IS seine Einflussgebiete bis direkt an die Grenze zur Türkei ausgedehnt hatte und der Djihadistenaustausch und die Ölgeschäfte vorteilhaft liefen, war die Grenze sperrangelweit offen. Aber jetzt, wo viele dieser Gebiete wieder unter syrischer oder kurdischer Kontrolle stehen, werden Betonteile aufgestellt. Unter Schulterklopfen der EU.

Damit das klar ist: ich habe nichts dagegen, wenn dort eine Mauer gebaut wird. Ich habe den Verdacht, dass genau das, so widerlich die Vorstellung ist, genau das ist, was wir heute brauchen, um eine Völkerwanderung im Keim zu ersticken, die von unseren Politikerdolmen gerade bewusst angeheizt wird anstatt sie zu verhindern: Dichte Grenzen, penible Kontrollen an den Durchgängen, strenge Strafe für Illegale und eindeutige dem Völkerrecht Genüge tuende Gesetze zum Zuzug. Das ungarische Modell eben.

Aber was mich ankotzt ist diese widerliche Verlogenheit. Wenn Nordamerika sich gegen Illegale und Kriminelle (und da vor Allem gegen den massiven Drogenschmuggel) schützen will, rasten die Obermoralisten vollkommen aus. Vom Türken fordern sie aber, dass er genau das tut. Und den Saudis bauen sie diese Grenze sogar aktiv gegen harte Petrodollar.
Wie gesagt: Was für ein widerlicher verlogener Dreckshaufen!

1 Kommentar:

Karl May hat gesagt…

"Was für ein widerlicher verlogener Dreckshaufen!"

Diesen Satz kann ich 1000 Mal unterschreiben, werter Fragolin!

Top Beitrag!