„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 14. Oktober 2019

Rebenfrieden

Wenn montags in der früh der Kopf brummt, dann liegt das auf keinen Fall daran, dass es am Samstag Käst‘n mit Sturm, sehr viel Sturm, echt weststeirischem Schilchersturm, gab und am Sonntag während der Weinlese für den diesjährigen südsteirischen Späten alte Restbestände aus den Fässern vernichtet werden mussten, um Platz für den Neuen zu machen. Es muss am Vorarlberger Wahlergebnis liegen, am Größenwahn des Türken-Hitlers, am Klimagekreisch der Klimakreischer, an der Dummheit der Masse oder am Wetter. Aber auf keinen Fall am Sturm oder am Wein. Ganz im Gegenteil, während deren Wirkzeit schienen all die genannten Kopfschmerzproduzenten in einen wattigen Käfig gesperrt und von Frohsinn und jenem wunderbaren Gefühl des Wohlverdienten verdrängt, dass sich einstellt, wenn am Ende eines Tages voller harter Arbeit eine genussreiche Belohnung wartet. Es muss das Nachlassen der Wirkung der bewusstseinsverfröhlichenden Substanzen liegen, dass der Kopf ob all der Widrigkeiten der nüchternen (welch garstig Wort) Realität rebelliert.

Für einen Menschen, dessen liebste Jahreszeit auch während Zeiten klimatischer Erwärmung der Sommer ist, liebe ich den Herbst sehr. Vor Allem, wenn das Wetter klimaverändert warm und altweibersommerlich (oh pfui patriarchalisch-unterdrückerisches Böswort!) herrlich daherkommt und die Reste aus dem Fasse, obwohl nur Einjähriger, doch von einer solch aromatischen Fruchtigkeit und wohltuenden zart keimenden Süße sind, dass man dem Leben bescheinigen kann, einfach nur schön zu sein.
Der Genuss des Rebensaftes ließ wohl die mittelalterlichen Mönche all die Missionierungs- und Eroberungsgelüste der Kreuzzüglerzeit vergessen und machte sie fett und friedlich. Es stünde anderen Religionen, die sich voller Zorn und Wut der Verbreitung eines friedhöflichen Friedens verschrieben haben und meinen, dass das Schreien, Toben und Aufsäbeln von Hälsen ihrem Götzen zu Gefallen sind, wirklich zu raten, sich dem Weine zuzuwenden und statt Blut der Feinde den Wein der Freunde in Strömen (und auch anderswo) fließen zu lassen. Plötzlich erkennt man, dass man das Reich Gottes nicht mit scharfer Klinge verbreiten muss, weil es dort, wo Rebensaft gekeltert wird, bereits Realität ist.

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