„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 21. Mai 2019

Der Politsumpf

Erinnert sich noch jemand an den Fall Chorherr? Dieser grüne Wiener Gemeinderat, der gegen großzügige Spenden von Leuten, deren Namen man immer wieder in solchen Zusammenhängen hört (Hemetsberger, Benko), in deren Sinn auch mal gegen die eigene Parteilinie stimmte? Der von der Stadt Wien seinen Verein üppig fördern ließ, ohne Belege vorzulegen, über die Förderungen aber, da selbst im Gemeinderat, positiv abstimmte, sich also Hunderttausende an Steuergeld selbst zuschob? Immerhin einer der Knüppel, über die die Grünen vor der Nationalratswahl stolperten.

Wo war da die rote Empörungsmaschine, das sofortige Sprengen der Wiener rot-grünen Koalition? Wo tobten sich „Falter“ und „ORF“ in Sonderausgaben und Sondergesprächsrunden genüsslich daran aus und erklärten das (nicht nur im Suff erträumte sondern jahrelang aktiv gelebte) Fehlverhalten Chorherrs zum „typischen Sittenbild der Partei“? Wo war da die grenzüberschreitende Sorge um die Demokratie und den Missbrauch von Macht?
Es ist erst eineinhalb Jahre her, und keinem fällt auf, dass der dicke Brocken, der damals real passiert ist, weit schwerer wiegt als das Gesabbel besoffener Machtgeiler, die bei dem Spiel auch gerne mittricksen wollten und vor einer vermutlichen russischen Milliardenerbin dicke Eier und eine lose Zunge bekamen.

Jaja, liebe Whataboutismus-Blöker, es geht nicht um Relativierung sondern um Klarstellung. Die blauen Trottel sind Trottel, nur wenn sich jetzt die anders gefärbten Trottel darüber aufplustern, ist das eine Mischung aus Peinlichkeit und Realsatire. Meine oft genug ventilierte Einschätzung der moralischen Minderwertigkeit und intellktüllen Unterbelichtung des Durchschnittspolitikers in den oberen Rängen der Staatsmacht wurde ein weiteres Mal bestätigt; jetzt so zu tun als wären da zwei blauen Idioten die einzigen Idioten in dieser machtgeilen Klapsmühle, wäre mehr als Realitätsverweigerung.

Denn das Einzige, was wirklich passiert ist, ist die nun auch für Leichtgläubige sichtbare komplette Entzauberung der selbsterklärten „Saubermänner“ und die nur für Menschen mit Obrigkeitsglaube wirklich überraschende Erkenntnis, dass die FPÖ eine Partei ist wie jede andere auch, sich der gleichen Mittel bedient und getreu dem universell gültigen Peter-Prinzip die gleichen Idioten in ihren (besonders den vorderen) Reihen hat. (Daher auch meine seit Jahren immer wieder bestätigte Erkenntnis, dass die Parteien selbst das Grundübel der repräsentativen Demokratie sind und nur eine direkte Demokratie und ein Verbot jeglicher Cliquenbildung, eine Regierung aus Experten unter strenger Aufsicht eines mit allen Machtmitteln ausgestatteten Parlamentes direkt gewählter Volksvertreter Heilung bringen kann – man wird ja noch träumen dürfen…)

Wenn aber aus der Lucona-SPÖ (die mit Meidlinger und Co. momentan mehr als ein sehr glühendes Eisen im juristischen Feuer hat und in Wien offenen Medienkauf betrieben hat) und der Strasser-ÖVP (neben einigen anderen g‘schmackigen Gestalten) und von den Chorherr-Grünen (nebst ihrer Glückspielprinzessin) jetzt Empörungsschreie ertönen, dann ist das mehr als nur lächerlich. Vom Pilz, der sich durch Mandatsschacher am Rande der Illegalität aus einem laufenden Verfahren in die Immunität geschlichen hat, will ich gar nicht erst anfangen.
Das Sittenbild der österreichischen Politik wurde durch Strache und Gudenus nicht beschädigt, sondern nur dessen bisher eher erahnte Allgemeingültigkeit bestätigt. Es hat sich nur gezeigt, dass die Blauen um nichts besser sind als der Rest. Wenn der Rest darüber kreischt, hat das höchstens Belustigungspotential.

2 Kommentare:

sokrates9 hat gesagt…


Der Wunderwuzzi Kurz hat nun perfekt den Ast abgeschnitten auf dem er sitzt! Der Fall wird tief! Warum sollen mehr als 40% der Österreicher einen wählen der die erfolgreichste Regierung sei mindestens 10 Jahren sprengt, all die geplanten guten Maßnahmen wie Steuersenkung, 0 Defizit vergeigt? Warum eigentlich? Weil 2 besoffene UHUS das in der Theorie tun was in den anderen Parteien Standard ist, weil Kurz ein Rattengedicht für ekelig hält? Weil Kurz vom Ausland gesteuert wird und ganz Europa auf Österreich zeigt? Wer ist ganz Europa? Die Kommunisten, Merkel, einige linke Führer??Moral? Kurz sollte mal erklären was er mit Soros so alles bespricht und dementieren dass er auf der Gehaltsliste von Soros steht!!

Fragolin hat gesagt…

Werter sokrates9,
Amtsträgern werden schlüpfrige Fallen gestellt und diese dann als Trumpfkarte ausgespielt, wenn es ins persönliche Kalkül passt. Wenn das der "neue Stil" ist, wie in Österreich und Europa Politik gemacht wird, dann haben wir den Kaukasus schon unterboten. Das ist das Niveau, das man von Putin oder Erdogan erwartet. (Noch niemand hat sich übrigens Gedanken gemacht, inwiefern die islamische Welt hinter der Honigfalle stecken könnte, der Osmanensultan ebenso wie die Saudis hassen die FPÖ aus ganzem Herzen wegen ihrer Anti-Muslim-Propaganda, Kopftuchverbot, Moscheeüberwachung und und und).
Zumindest passt es in das permanente Absinken des Niveaus gegenüber dem politischen Konkurrenten, wie wir es in Deutschland erleben. Man empört sich halbherzig über den blutend am Boden liegenden zusammengeschlagenen Widerpart und schüttet, noch ehe die Kruste getrocknet ist, bereits hochnäsig Spott und Häme über diesen. In dieses Sittenbild passt das Video ebenso wie die Rolle eines linksradikalen Hetzers, der als "Komiker" verkleidet lachend auf den Opfern herumtrampelt und das für Spaß und Belustigung seiner aggressiven Gesinnungsgenossen hält.
Die Eskalationsspirale der gesellschaftlichen Spaltung hat ein weiteres Mal rasant an Fahrt aufgenommen. Ich glaube nicht, dass Kurz allein der Urheber ist, sondern dass man ihn in seiner kurzsichtigen Machtgeilheit verführt hat - jetzt wird er eben verbraten, das ist den Strippenziehern egal. Wichtig ist nur die Rückführung Österreichs auf die Migrationsschiene und das weitere Anheizen der gesellschaftlichen Konflikte bis hin zum Ausnahmezustand französischer oder türkischer Coleur.
Kurz ist nur eine Sockenpuppe. Wahrscheinlich genauso aufs Glatteis geführt wie Strache, aber eben jeder in seinem Fachgebiet - Strache beim Prahlen, Kurz beim Intrigieren. Sein Fall wird aber nur eine kleine Genugtuung sein, denn schlimmer ist der Verlust einer tragbaren Regierungspolitik; etwas, was viele Österreicher seit Jahrzehnten vermisst haben und was ihnen nun, nach einem kurzen Traum von Vernunft in der Politik, brutal zerstört wurde.
MfG Fragolin