„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 25. November 2019

Weiter so

Leider habe ich nur wenig Zeit, mich mit der steirischen Landtagswahl auseinanderzusetzen. Das Ergebnis wurde eh seit Wochen vorhergesagt, und Überraschungen zu erwarten habe ich mir inzwischen abgewöhnt. Ich war eigentlich nur gespannt darauf, wie das Wiener Pämmchen wohl die erwartete Klatsche für die SPÖ schönreden und zum Erfolg umdeuten würde. Inzwischen haben die Roten ja ausreichend Erfahrung darin.
Trotzdem war ich ehrlich verblüfft, mit welcher Kaltschnäuzigkeit die Sozenbarbie ihren steirischen Genossen, auch wenn es ein offenes Geheimnis ist, dass eine ziemliche Kälte zwischen den Steirern und den Wiener Genossen herrscht, ausrichtete, sie würden es schon verdient haben. Wie es scheint, ist das quereinsteigende Pämmchen endgültig in der Politik angekommen, wo das Rückgrat an der Garderobe abgegeben und eine kleine Flasche Intriganz auf Ex gekippt wird, bevor man die Amtsräume betritt.

Die Ergebnisse der Hochrechnungen nach Wahlschluss der Landtagswahl in der Steiermark zeigen für SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch „ein schmerzliches Ergebnis für die SPÖ Steiermark".“

Wohl gemerkt, liebe auf Formulierungen achtende Wortkonsumenten, nur eines für die SPÖ Steiermark, aber nicht für „die SPÖ“. Denn die Bundespartei, eingeschworen auf ein trotziges: „Wir schaffen das!“ „Die Richtung stimmt!“, kennt keine schmerzlichen Ergebnisse mehr. Sie ist über den Punkt des Schmerzlichen hinaus in die transzendentale Sphäre der in sich geschlossenen Blase permanenter Hackelschmeißerei entrückt, in der neben den gegenseitigen Spitzen nur noch alte Parolen aus der marxistischen Steinzeit durch die ausgetrockneten Hirne wabern.

"Die Ausgangslage für die steirische SPÖ war schwierig und unter anderem Fehlern der Vergangenheit geschuldet...“

Jo eh. Die Fehler haben andere gemacht. Zu einer anderen Zeit. Es liegt nicht an dem inhaltsleeren, zerstrittenen Haufen sich verzweifelt an verknöcherte Strukturen und wohlfeile Pfründe klammernder Bonzen unter einer führungsschwachen Schaufensterpuppe, die nur aus folgenden drei Gründen den Parteivorsitz bekam: Erstens weil es endlich mal eine Frau sein musste, zweitens weil sie auf weiter Flur die einzig herzeigbare Genossin dafür war und drittens, weil es kein anderer machen wollte, nicht einmal für viele Geschenke, und das hat die damals noch herzensgute und blauäugige JoyPämm nicht überzuckert.

Und auch wenn die Roten sich bereits auf ihren typischen Whataboutismus einspielen und tröten: „Aber die Blauen haben noch viel mehr verloren!“, muss man schon zwei Unterschiede festhalten. Denn erstens haben die Blauen zwar fast 10% verloren, aber bei der letzten Wahl über 16% gewonnen gehabt. Bei den Roten geht es seit Jahren permanent bergab. Und zweitens möge man bedenken, was mit der SPÖ passiert wäre, die schon durch Nichtstun eine Klatsche bekommen hat, wenn es dort eine vergleichbare Medienkampagne gegen die Partei und ein internes Problem von der Größenordnung Ibiza gegeben hätte.

Wer aber jetzt glaubt, der Lutherische Ausruf, wonach einem verzagten Arsch kein fröhlicher Furz entfleuchen könne, würde für die Steirische SPÖ gelten, der irrt. Und so trötet Schickhofer aus der Position des Watschenmannes fröhlich:

Das vorläufige Ergebnis sei besser als die Umfrage, die die SPÖ bei 19 Prozent gesehen hätten. „Der steirische Weg ist gestärkt, auch wenn ich mit der Verteilung nicht zufrieden sein kann.““

Auch schon ein in die DNA der Roten übernommener Reflex: Wenn es noch irgendwo eine Vorwahl-Umfrage gab, die ein auch nur minimal schlechteres Ergebnis vorausgesagt hat, dann jubelt man selbst bei schallenden Ohrfeigen noch, es wäre ja gar nicht so schlimm wie befürchtet und außerdem sei man auf dem richtigen Weg und wäre „gestärkt“. Die können im Casino stehen und gerade Haus und Hof verspielt haben, und würden sich „bereichert“ fühlen, weil sie den Holzschuppen noch behalten dürfen. Pittoresk.

Die Grünen freuen sich und fordern schon vom alten Betonschwarzen Schützenhöfer Gespräche ein; man ist sich wohl der Briefwahlstimmen sicher, bei denen in den Altenheimen beim Ankreuzen der Briefwahlkarten schon einmal freundliche grün-affine Altenpfleger den lieben Altchen die zittrigen Finger führen, denn anders lässt sich das kaum erklären, dass man kaum in den zweistelligen Bereich gekrochen und weit unterhalb der rechnerischen Koalitionsfähigkeit hinstellt, als sollte man eigentlich den Landehauptmann stellen.

Die Kommunisten, die als steirische Besonderheit witzigerweise weniger marxistisch sind als die Grünen und der linke Rand der Roten zusammen, dürfen auch weiterhin im Landtag sitzen und freuen sich. Naja, man muss es positiv sehen: solange es die KPÖ gibt, rennen nicht alle Kommunisten zu den Grünen.

Die Neos gibt es auch noch. Nutzt nix, schad‘ nix.

Die Blauen, naja, hier sind es wirklich Fehler, die andere in der Vergangenheit begangen haben, aber von einem intensiven Inhaltswahlkampf hat man da auch nicht viel was mitbekommen. Medial wurde auch keiner der blauen Kandidaten irgend etwas Sachliches gefragt, sondern immer nur „Ibiza“, „Liederbuch“ und „Goldbarren“ geblafft. Aber das war trotzdem kein Hindernis, mit einem Inhalt um die Ecke zu kommen. Da haben die beiden Wahlverlierer etwas gemeinsam. Man möchte zur Wahl schon wissen, wofür jemand steht. Da war aber nix.

Am Ende haben viele wohl einfach gesagt: „Da weiß man, was man hat!“ und haben deshalb dem schwarzen Bonzen die Stimme gegeben. Ein Trend in Österreich: die intriganteste Partei gewinnt.
Naja, soll so sein. Wird wohl wieder Schwarz-Rot werden, immerhin ist der Schickhofer billig zu haben, falls er die nächsten Tage politisch überlebt. Man kennt sich, man weiß wie es geht, und Schützenhöfer ist nicht gerade der knackige Reformer-Typ, der gerne Neues ausprobiert. Und im Hintergrund sind die Bande der alten schwarz-roten Politseilschaften in der Steiermark recht dick. An der Basis herrscht beim tiefschwarzen Landadel dazu auch noch eine abgrundtiefe Verachtung für die proletenhafte FPÖ. Man erträgt die Champagner-Salonsozen besser als die Bierzelt-Blauen. Und auch die Grünen nimmt man nicht einmal ansatzweise für voll.
Also wird sich nach dem ersten lauten „Alles wird anders!“ am Ende wohl nichts als das Alte herauskommen: Schützenhöfer als Alleinherrscher, Schickhofer als Steigbügelhalter und Kunasek als Querulant, während die Grünen, Dunkelroten und Pinken ab und zu etwas aus der letzten Reihe quaken dürfen, was keinen interessiert. Hätten gestern keine Wahlen in der Steiermark stattgefunden, wäre das Gleiche dabei herausgekommen.
Also weiter so…

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schickhofer ist gerade zurückgetreten. Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.

LG
Gerald

Fragolin hat gesagt…

Werter Gerald,
habe es auch gerade vernommen. Kann sein, dass es doch so etwas wie Einsicht gab, dass das Abfeiern dieser Klatsche als Erfolg jetzt doch nicht so geglückt rüberkam, kann aber auch sein, dass da ein Anruf aus Wien reinkam, der ihn auf den Boden der Realität zurückbrachte.
An der politischen Konstellation wird es aber nichts ändern, Parteichefs sind austauschbar, bekommt der Schützenhöfer eben einen anderen Genossen zur Seite, der ihm den Schemel macht.
MfG Fragolin