Position eins:
Bis auf ein bisschen Trouble mit einem Provinzpolitiker seiner Partei
im hintersten Sibirien steht der russische Westentaschen-Zar Putin
innenpolitisch nicht wirklich unter Stress. Es stehen keine Wahlen an
und seine Umfragewerte liegen im Schnitt so rund um die 65%. Also
selbst wenn Wahlen wären, die aber nicht sind, dann würde er mit
einem satten Gewinn rechnen können. Irgendwas macht er richtig, was
die Menschen im Westen nicht verstehen könne, weil sie es sowieso
nie gelernt haben (und es zu lernen auch nie für nötig hielten),
dass andere Völker mit anderer Geschichte auch anders ticken.
Putin kann sich also ruhig zurücklehnen und Tee trinken und den Tanz
der Schneeflöckchen zum Jahreswechsel genießen.
Position zwei:
Der schwer unter innenpolitischem Beschuss stehende mafiöse
Milliardär Poroschenko hat desaströse Umfragewerte und soll in
wenigen Monaten eine Wahl schlagen, bei der es übel für ihn
aussieht. Vor Allem fehlt ihm die Zustimmung des ultrarechten
nationalistischen Blocks der tiefsten Russenhasser, die wieder mit
dem Ringelzöpfchen Timoschenko – genau der ebenso
milliardenschweren Gasprinzessin mit den feuchten Atomkriegsplänen –
liebäugeln. Um diese Ultranationalisten auf seine Seite zu ziehen
und die Wahlen durch eine Krisensituation verschieben zu können um
den Wahlkampf dann als glänzender Verteidiger des Vaterlandes
antreten zu können, fehlt eigentlich nur besagte Krise, möglichst
militärisch und möglichst gegen Russland gerichtet.
Lage:
Russland weiß, dass die Ukraine ein sehr lebhaftes Interesse daran
hat, die neu gebaute Brücke zur Krim zu eliminieren. Deshalb wird
seit einigen Monaten jede Durchfahrt durch diese Brücke penibel
kontrolliert und die Brücke stark militärisch bewacht.
Drei ukrainische Militärschiffe melden ihre Durchfahrt an, werden in
eine Fahrrinne gelotst und verlassen diese dann ohne Erlaubnis und
reagieren nicht auf Funksprüche. Bei Flugzeugen würde man jetzt
Abfangjäger schicken, bei Schiffen eben schnelle Kreuzer. Diese
fangen die drei ukrainischen Schiffe ab, die erst nach Waffeneinsatz
und Rammen beidrehen. Die Russen setzen die Besatzungen fest und
untersuchen die Schiffe.
Sofort ruft Poroschenko, ohne auf einen Beschluss der Rada, des
Parlamentes, zu warten, das Kriegsrecht und eine Teilmobilmachung in
der Ukraine aus und die ukrainischen Botschafter im Westen fordern
das Entsenden von NATO-Flottenverbänden ins Asowsche Meer. Als
Ausrede gelten angebliche russische Geheimpläne zum Einmarsch in die
Ukraine (mal wieder).
Frage:
Wem der beiden vorgenannten Männer nutzt diese Situation und wer hat
eigentlich nur Ärger damit?
Wer versucht, sich innenpolitisch aufzumöbeln, egal, wie viele Tote
das kosten könnte?
Wer könnte ungestörter einen Angriff führen, wenn das Asowsche
Meer voll Nato-Flottenverbänden ist und er selbst im Kriegsrecht
stehend die „Verteidigung des Vaterlandes“ ausruft?
Ich befürchte keine Offensive Russlands gegen die Ukraine.
Ich befürchte eine Offensive der Ukraine gegen die Krim. Und da sie
das als Staatsgebiet beansprucht, würde die Nato wohl großzügig
erklären, dass es sich ja nicht um einen Angriffskrieg handeln könne
sondern ein Befreiungskrieg ist und diesen unterstützen, um
Sewastopol und die russische Schwarzmeerflotte endlich doch noch zu
zerschlagen. (Dass die ukrainische Putschregierung nach dem
Maidan-Putsch den Flottenstützpunkt und die dort stationierte
russische Schwarzmeerflotte im Handstreich übernehmen wollte, wird
ja inzwischen gern vergessen.)
Es riecht nach Krieg. Die Falken bekommen gerade einen Orgasmus nach
dem anderen und träumen schon wieder von ihrem tollen Raketenschild
und einem gezielten Schlag gegen den bösen Russen, dessen einziges
Verbrechen darin besteht, nach einer kurzen Schwächephase, in der
ein versoffener Idiot im Präsidentenamt für Feuerwasser und
Dollargeld die russischen Bodenschätze US-Konzernen hinterherwarf,
ein eiskalt kalkulierender Nationalist ins Präsidentenamt kam und
dem Westen ausrichtete, er könne russische Bodenschätze gerne von
Russland kaufen, und nicht einfach ausplündern. In diesem Moment
wurde er (wieder) zum Todfeind.
Die ukrainische korrupte Oligarchenclique kann deshalb mit voller
Unterstützung des Westens rechnen. Woran man das erkennt? Der IWF
hätte spätestens gestern sofort alle Hilfe für die Ukraine sperren
müssen, denn laut ihren Statuten dürfen Gelder nicht in dem
Kriegsrecht unterworfene Länder gesteckt werden.
Es ist so offensichtlich und einfach zu erklären, dass die
Kriegshetzer und Nato-Cheerleader mit dem feuchten Traum eines
„gerechten“ Atomkrieges (ja, solche Idioten gibt es zuhauf) nur
noch auf das Märchen der „bezahlten Putintrolle“ zurückgreifen
können, wenn sie kritische Stimmen und unliebsame Fakten
unterdrücken wollen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis
europäische Parteien wegen Kontakten zu Russland verboten werden.
Ist das das letzte Mittel, das den zusammenbrechenden Partei-Eliten
im Westen gegen ihren Untergang einfällt? Die einzige Opposition zu
ihnen zu „Volksfeinden“ zu erklären?
Warten wir‘s ab. Die Zeiten werden wahrlich rasant interessanter.
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