„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Montag, 27. Mai 2019

Quidquid agis, prudenter agas et respice finem

von LePenseur



Die heutige Parlamentssitzung verspricht »interessant« zu werden. Und wie wir wissen, ist der Wunsch, jemand möge in interessanten Zeiten leben, auf chinesisch ein ziemlich hinterfotziger Fluch.

So, wie's derzeit ausschaut, wird der "Jetzt"-Mißtrauensantrag, der sich nur gegen Bundeskanzler Kurz richtet vermutlich abgeschmettert werden, der SPÖ-Mißtrauensantrag (der sich gleich gegen die gesamte Bundesregierung richtet) hingegen von der FPÖ unterstützt werden.

Ich bleibe dabei: für besonders klug halte ich das nicht unbedingt. Die FPÖ wäre weitaus besser beraten, einen eigenen Mißtrauensantrag einzubringen, über welchen dann gesondert abgestimmt werden müßte. Dieser sollte sich zwar gegen Kurz richten, daneben explizit auch dem neuen Innenminister, und vielleicht auch dem einen oder anderen »türkisen« Minister (z.B. Justizminister Moser). Die FPÖ könnte sich dann, unter Hinweis auf ihren eigenen Mißtrauensantrag, bei den anderen beiden Anträgen, bequem zurücklehnen und nicht mitstimmen. Daß SPÖ und "Jetzt" unter diesen Umständen dann dem FPÖ-Antrag zur ihre Zustimmung zu einer Mehrheit verhelfen, ist eher unwahrscheinlich. Und wenn — dann wären sie es, die dem FPÖ-antrag zur Mehrheit verholfen hätten und nicht die FPÖ, die dem SPÖ-Antrag zur Mehrheit verhilft (was »psychologisch« durchaus einen Unterschied macht)!

Die Folge einer solchen Vorgangsweise wäre, daß Kurz zwar noch kurz im Amt bleibt (womit die FPÖ nicht in den Geruch kommt, als »beleidigte Leberwurst« den Kanzler gestürzt zu haben), aber deutlich »angezählt« ist. Zugleich macht sie klar, daß sie die Intrige, mit der Kickl aus dem Amt gedrängt wurde, nicht ungeahndet lassen wird.

Was wäre denn die Folge eines Sturzes der kompletten Regierung? Der linke Hofbürger hätte carte blanche, sich ein »Expertenkabinett« ganz nach seinem Gusto zusammenzustellen — und der wird denkbar links sein. Andeutungen wie z.B. Ex-Bundespräsident Fischer zum Interims-Kanzler zu machen, lassen Fürchterliches ahnen. 

Noch eines: Rache — diese Mahnung sei der FPÖ vermutlich schon zu spät, aber dennoch zugerufen — ist ein Gericht, das kalt genossen am besten schmeckt. Derzeit kocht sie noch — und man kann sich nur zu leicht daran verbrühen ...


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