Wir leben im Gegensatz zu den Afghanen in Afghanistan in einer freien
Demokratie (na gut, ich will mal nicht übertreiben, aber sagen wir
mal: vergleichsweise freien Gesellschaft) mit erst frisch erwachenden
Gegenbewegungen fanatisch-detonativen Charakters. Deswegen gibt es
bei uns auch ein Demonstrationsrecht und eine vergleichsweise hohe
Sicherheit, friedlich demonstrieren zu dürfen und keine Gewalt gegen
die Demonstranten zu erleben. Außer man demonstriert für oder gegen
etwas, was die radikale Ultralinke erzürnt, dann kommen schon mal
fröhliche Überzeugungstäter angekarrt und verteilen Gratismassagen
mit Baseballschlägern oder Eisenstangen. Was bei Themen passiert,
die stolze Muselmanen erzürnen, weiß ich nicht, solche Demos werden
vorbeugend erst gar nicht genehmigt und, sollten die kleinräumig und
kurzzeitig illegal trotzdem stattfinden, hinterher lautstark als
verdammenswerter islamophober Terrorakt beheult. Sicher ist sicher.
Ich habe also absolutes Verständnis dafür, wenn Afghanen, die nach
Österreich gekommen sind, hier bleiben wollen, und dagegen
protestieren, wenn man sie wieder heimschicken will. Und ich stehe
ihnen auch das Recht zu, deswegen zu demonstrieren. Aber wenn ich mir
durchlese, was die Medien, in diesem Falle der „Kurier“,
daraus machen, muss ich doch mal wieder die Feder spitzen.
„Sie halten Schilder wie "Gegen Deportationspolitik"
und "Gerechte Asylpolitik für AfghanInnen" in die Höhe
und protestieren gegen die Abschiebungen in das kriegsgebeutelte
Land.“
Gut, Überzeichnungen und Dramatik gehören zu dem Thema wie der
Frosch zur Goldenen Kugel, sonst funktioniert das Märchen nicht.
Aber die fremdenpolizeiliche Aufforderung, das Land, für das man
keine Aufenthaltsgenehmigung hat, wieder zu verlassen, ist keine
Deportation. Mit polizeilichen Maßnahmen hat man erst zu rechnen,
wenn man die behördliche Anweisung ignoriert oder kriminell wird.
Und das ist internationales Recht. Ganz im Gegenteil, im Vergleich zu
vielen anderen Ländern handhabt Österreich dieses Recht sogar
ziemlich lax.
Wo man „Ungerechtigkeit“ in der Asylpolitik verortet, bleibt erst
einmal ein Rätsel. Was ist ungerecht daran, wenn man nachweislich
persönlich verfolgten Menschen Schutz gewährt, aber Menschen, die
nur aus Unzufriedenheit mit der Gesamtsituation auswandern, nicht?
Die haben nun einmal keinen besonderen Schutzstatus, der das Recht
begründet, von uns aufgenommen, gefüttert, rundumversorgt, mit
Quartier samt Fernsehen und Mobiltelefon versehen zu werden.
Asylpolitik ist gerecht, wenn sie die Schutzbedürftigen (und auch
dieser Begriff wird geradezu inflationär missbraucht) unter Schutz
stellt und ihnen menschenwürdige Lebensbedingungen ermöglicht, und
alle anderen, die nur „ein besseres Leben“ haben wollen, davon
ausschließt. Und dazu muss der Begriff der „Schutzbedürftigkeit“
so klar definieren, dass er Schmarotzer fernhält.
Es geht aber vielen um „ein besseres Leben“, das wird ja auch
immer wieder frech als Argument ins Feld geführt, obwohl es
eigentlich sogar ein Gegenargument ist. Besser als was denn? Besser
als in Afghanistan? Besser als in Bolivien? Oder besser als in
Kärnten? Bekomme ich vom Staat auch nur einen Cent geschenkt, weil
ich ein besseres Leben haben will als die Rund-um-die-Uhr-Tretmühle
zweier Jobs, die ich brauche, um nach dem Abzug der Hälfte meiner
Einkünfte genug zum Erhalt des bescheidenen Wohlstands einer
vierköpfigen Familie am Konto zu haben? Den ich, geht es nach dem
Willen der „Gerechten“ und „Fairen“, nicht einmal an meine
Kinder weitergeben darf, ohne dafür noch einmal Strafsteuer zu
berappen?
Eine sogenannte „gerechte Asylpolitik“ liegt dann vor, wenn es
keinem gelingt, das System zum eigenen Vorteil zu plündern, egal ob
es sich um einen Afghanen oder sonst einen windigen Hund handelt.
Asylpolitik ist „gerecht“, wenn jene, die Asyl benötigen, weil
sie wegen etwas, was bei uns kein Verbrechen ist, an Leib und Leben
bedroht und verfolgt sind, es auch bekommen und nicht jene, denen es
eben nicht zusteht, denen, die es bräuchten, die Töpfe leerfressen
und denen, die die Töpfe füllen, dabei frech ins Gesicht lachen.
Wenn diese Leute also eine „gerechte Asylpolitik“ fordern, dann
sollten sie bedenken, was das wirklich heißt, und schon mal ihre
Sachen zusammenpacken und zum Flughafen spazieren.
„Nüsse, Datteln und Tee mit viel Zucker werden herumgereicht.
Aus Lautsprechern ist afghanische Musik zu hören.“
Klingt nach Kabul, ist aber Wien. Der Punkt, an dem man den Fehler
findet, kommt später und lautet:
„Österreich sei für ihn sein neues Zuhause.“
Nein. Ist es nicht. Es ist ein Wohnort, an dem man sicher seine
Traditionen fortleben kann. Aber ob das jetzt Österreich ist oder
Deutschland oder Frankreich, ist eigentlich irrelevant, denn es ist
nur ein Ort außerhalb von Afghanistan, an dem ein Afghane leben
möchte, als wäre er in Afghanistan, ohne dafür etwas tun zu
müssen, weil es der Staat verschenkt. Wäre Österreich das Zuhause,
also der Ort, an dem man mit seinem Herzen angekommen ist, gäbe es
Kaffee und Mehlspeisen, und zwar selbstgebacken und vom selbst
erarbeiteten Geld gekauft, und aus den Lautsprechern von mir aus die
EAV.
Ja, es sind diese Kleinigkeiten, die es ausmachen. Niemand muss seine
kulturelle Identität aufgeben (obwohl man genau das von den
Einheimischen fordert, doch das ist eine andere Geschichte), aber es
macht eben den Unterschied aus, ob ich irgendwo Unterschlupf finde
oder eine neue Heimat. Die neue Heimat ist nur dann eine Kopie der
alten Heimat, wenn ich nicht aus der alten Heimat fliehe, sondern
auswandere zur Kolonisation. Fragt die Indianer, die können da ein
bisschen was drüber erzählen, wenn Europäer „ein neues Zuhause“
finden, an dem sie wie im alten Zuhause leben können.
Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie folgt immer dem gleichen
Muster. Weil Menschen Menschen sind.
"Unser
Ziel ist, dass die Abschiebungen gestoppt werden. Wir wollen hier im
Park bleiben bis das gewährleistet ist. Wir hoffen, dass uns die
zuständigen Minister hören", sagt Mohammed (Name geändert).
Er trägt eine Sonnenbrille und lässt ein Stück Würfelzucker in
seinem Mund zergehen. Seine Stimme wird traurig: "Viele Freunde
wurden schon abgeschoben. Zuletzt ist einer aus dem Flugzeug in Kabul
gestiegen und gleich darauf bei einem Anschlag gestorben."
Schön, dass genau diese Geschichte des Herrn Name geändert schon
mehrmals bei Demonstrationen in vorgehaltene Mikrofone und
Diktiergeräte fabuliert wurde, so kommt ein Gefühl des Vertrauten
auf. Man erzählt halt immer wieder gern die gleichen Märchen und
die Medienkonsumentenschaft hört diese auch immer wieder gern.
Tränendrüsen werden gedrückt. Die Tatsache, dass „der Freund“
auch in London, Paris, Berlin, Nizza, Barcelona oder Madrid aus dem
Flugzeug steigen und kurz darauf gesprengt, gemessert oder vom LKW
überrollt werden kann, wird da nicht erwähnt. Warum auch? Wen
interessiert‘s? Immerhin ist die Gefahr, von Afghanen auf das Gleis
vor einer einrollenden Bahn gestoßen zu werden, für Afghanen in
Europa geringer als für Europäer in Europa. Oder so.
Übrigens gehe ich in einem Punkt konform mit den Demonstranten: Auch
ich will keine Abschiebungen mehr. Ich will, dass die gar nicht erst
notwendig werden und wir der ganzen Welt klarmachen, spätestens an
der gesicherten Grenze, dass der Eintritt hier streng geregelt und
limitiert ist. Ich will, dass erst gar keiner unser Land betritt, der
hier nichts zu suchen hat.
Dann wäre die ganze Diskussion nämlich obsolet und auch diese Demo
zweckfrei.
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