Wenn eine Demonstration, auf der nur einer der Teilnehmer den
Hitlergruß zeigt (blöderweise auch noch ein linksradikaler
Provokateur und RAF-Fan) , damit automatisch zu einem reinen
Nazi-Aufmarsch wird, zu was wird dann eine Presselandschaft, in der
nur ein Einziger der Lüge und des Betruges überführt wurde? (Wenn
es nur ein Einziger wäre; wir erinnern uns wie erst vor wenigen
Wochen laut ZDF ein „Deutscher“ in einer „städtischen
Unterkunft“ einen brutalen Mord beging, während die böse rechte
Fake-News-Presse die ebenso alternative wie reale Realität
verbreitete, es handle sich um einen Kenianer in einer
Asylantenunterkunft. Das hat System.)
Die Antwort steht eh im Titel, es gibt nichts zu gewinnen.
Der eigentliche Skandal am Fall des Lügenbarons Relotius ist nicht,
dass der gelogen hat bis sich sogar die Holzatome in dem vor ihm
liegenden Blatt Papier gebogen haben, um in den Medien das Bild einer
Welt zu transportieren, die dem durch Kanzlerische Deutungshoheit
vorgegebenen Narrativ entspricht – das sehen viele Journalisten ja
als ihre Aufgabe an; Abgänger geisteswissenschaftlicher Fakultäten
haben lange genug gelernt, dass Realität durch Sprache konstruiert
wird – sondern dass er dafür mit hohen Medienpreisen dekoriert und
frenetisch jubelnd gefeiert wurde. Wäre er mit seinen Märchen als
zweitklassiger Schmierfink in der Hintertupfinger Bergwoche
erscheinen und unter dem Radar großflächiger Meinungsbildung
geblieben, könnte man das als kleines Hoppala abtun, das mal eben so
passiert ist. Aber als gefeierter Star-Journalist für die
verschiedensten großen Medienhäuser ist der Skandal eben nicht sein
Lügen, sondern die Begeisterung einer ganzen Branche, die
Besoffenheit, endlich die Geschichten geliefert zu bekommen, die man
haben möchte.
Das gesamte System der Medien hat sein Komplettversagen zelebriert.
Es hat Leute geschlachtet, die es wagten, unbequeme Wahrheiten beim
Namen zu nennen, und Leute gefeiert, die rührselige Märchen
erfunden haben. Die ganze Branche steht komplett ohne Kleider da.
Besonders peinlich jetzt das rührselige Gewinsel der
„Spiegel“-Redaktion: Während man als privater Blogger – gerne
auch von mächtigen Medienhäusern verklagt – persönlich sogar für
Inhalte haftbar gemacht wird, die auf Webseiten stehen, zu denen man
nur verlinkt hat, putzt sich die für den Inhalt jedes in ihrem Blatt
erscheinenden Wortes voll verantwortliche Redaktion jetzt weinerlich
ab, man wäre ja nur ein armes Opfer und betrogen worden. Eine
präpotente und besserwisserische Redaktion, die die gesamte
Bundestagsfraktion der AfD lächelnd verantwortlich macht für jeden
rechten Rülpser, der von einem ehemaligen Ortsfunktionär
abgesondert wird, will also keine Verantwortung für die inhaltliche
Richtigkeit der Beiträge ihres Blattes tragen? Vom hohen Ross
selbstgefühlter moralischer Überlegenheit wird auf jeden
herabgespuckt, dem auch nur der kleinste Fehler unterläuft, aber
wenn sie selbst beim Versagen des kompletten Systems erwischt werden,
dann lehnen sie jede Verantwortung ab und betteln um Verständnis und
Nachsicht – also genau das, was sie anderen niemals zugestehen?
„Kauft unser Schmierblatt aber erwartet nicht, dass wir eine
Garantie für die Richtigkeit des Inhaltes übernehmen!“
Und die wundern sich über rückläufige Abonnements und greinen nach
Stütze vom Staat, weil sie doch so brave Systemschreiberlinge sind?
Es wäre lächerlich, wenn es nicht inzwischen die Grenze zum
Widerlichen überschritten hätte.
Sorry, aber würden die die gleichen moralischen Maßstäbe an sich
selbst anlegen, die sie bei jedem Andersdenkenden einfordern, müsste
die komplette verantwortliche Redaktion kündigen und sich auf
Stricken und Häkeln umschulen lassen. Das wären wenigstens mal
produktive und sinnvolle Tätigkeiten, und da würde man es eher
entschuldigen, wenn sie sich bei dem misslungenen Pullover auf die
schlechte Qualität der Wolle rausreden.
Aber so passt diese verlogene realitätsverbiegende
Meinungsmacher-Horde millimetergenau in das Raster einer Regentin,
die glaubt, allein die absolute Wahrheit zu besitzen und aus
mehrsekündigen Videoschnipseln einer Antifa-Hetzertruppe auf Twitter
die Berechtigung zu ziehen, dem Untertanenpack zu verkünden, was
Ihro huldvollste Meinung ist, die der Pöbel gefälligst zu teilen
habe. Renitente Beamte, die das Wort Ihro Majestät anzuzweifeln sich
erfrechen, nur weil sie aufgrund ihrer Position wissen, was wirklich
passiert und nicht passiert ist, werden geschlachtet.
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