„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 21. November 2017

Auf ein Neues

Nachdem die teutonischen Roten ihre neue Aufgabe darin sehen, der verhassten AfD die Rolle als größte Opposition im Bundestag zu verwehren (jaja, der einzige Daseinszweck ist das Verhindern, das ist ein Erfolgsmodell, da können sich die Schulzianer was von den österreichischen Grünen erklären lassen…), blieb dem Hosenanzug zum Zwecke des Machterhaltes nichts anderes übrig, als eine Koalition mit den Grünen und den Liberalen anzustreben. Als ob sich „grün“ und „liberal“ nicht kategorisch ausschließen würden. Dass die Seehofer-CSU sich allem beugt, was Merkel ihr überzieht, ist ja inzwischen offensichtlich; da ist es vergessen, dass Dobrindt einst die Grünen als „Protestsekte“ und „politischen Arm der Steinewerfer“ bezeichnete.

Und jetzt ist das eingetreten, mit dem Merkel nicht gerechnet hat: Lindner lässt sich nicht einkochen. Die Medien hetzen jetzt natürlich los, er hätte die Verhandlungen „platzen lassen“; immerhin muss das Bild Merkels poliert bleiben. Dass Lindner nicht vergessen haben wird, dass die FDP es Merkel und ihren Propagandisten zu verdanken hat, schon einmal fast ins Nirwana befördert worden zu sein, wird dabei ausgeblendet. Die meisten Wähler haben es ja auch schon vergessen, diese geballte Hetze in den Medien gegen die FDP, die mit social bots aufgeputschte #aufschrei-Kampagne, das Trommelfeuer des Feuilleton, angeheizt von Merkels Busenfreundin Friede Springer und ihrem Medienimperium. Und diese FDP soll sich so lange verbiegen, bis sie in die von Merkel selbst geforderte Schablone der grünen Intoleranz und Selbstherrlichkeit passt, nur um der gleichen machtbesessenen alten Schachtel den Thron weiter zu garantieren?

Ich habe mich eher gewundert, dass die überhaupt an Sondierungsgesprächen teilgenommen haben. Sie haben damit nämlich exakt das erfüllt, was der Steinbeißer sofort gefordert hat, nämlich dass alle Parteien eine Verantwortung zu Gesprächen hätten. Das alte Steingesicht hat nur zwei Dinge dabei anscheinend vollkommen ausgeblendet: Erstens, dass es seine eigene SPD ist, die, siehe oben, sich allem verweigert, was nicht auf rot-rot-grün hinausläuft und zweitens, dass es eine andere Partei gibt, die noch vor zwanzig Jahren sofort zu Schwarz und Gelb dazugepasst hätte (weshalb es sie damals auch nicht gab, weil die gleichen Leute einfach bei CDU und FDP engagiert waren bzw. diese gewählt haben), die aber in einer beispiellosen propagandistischen Hetzkampagne zum Paria erklärt wurde und die, Steinbeißers Grollen hin oder her, gar nicht reden wollen brauchen, weil eh keiner mit ihnen reden wird. Die Gleichen, die jetzt nämlich tröten, dass sich keine Partei der Bildung einer Regierung widersetzen dürfe (was an sich ja schon vollkommener Blödsinn ist, aber im postfaktischen Zeitalter fällt das eh keinem mehr auf), schließen nämlich eine Partei kategorisch von jeder Regierungsbildung aus. Aber Kongruenz ist deren Sache nicht.

So wird es nur drei Optionen geben:
Erstens kann die SPD einknicken und sich doch wieder mit Merkel paaren. Dazu müsste sie sich nur ihres Gottkanzleraspiranten entledigen, denn der hasst Merkel wie die Pest (schon aus Rache, weil sie ihm damals in der EU den Juncker-Posten verhagelt hat) und hält es auch rein vom Ego her nicht aus, in einer Regierung nicht mindestens Kanzler zu sein. Es kann nur einen geben. Wie es aussieht, kriegen die Genossen den jetzt nicht wieder los, egal was das alte Steingesicht präsidial dahergrummelt; da hätten die 100-Prozentigen mal ihre Kollegen in der EU fragen sollen, wie der Schulz so klettet. Die zünden noch heute jeden Tag eine Kerze an, dass sie ihn los sind. Mit dem werden die Sozen noch ganz viel Spaß haben, denn der tut nicht wirklich was, um sich bei den Wählern beliebt zu machen. Passt schon so.

Zweitens könnte Merkel mit den Grünen eine Minderheitsregierung bilden und sogar mit Erfolg, wenn die AfD mitspielt. Die brauchen nämlich immer nur die Ersten sein, die das Ablehnen von Beschlüssen der Regierung fordern, und schon werden sich alle in der antifaschistischen Widerstandsfront zusammentun und die Regierung alternativlos vor den Angriffen von rechts schützen. Und wenn die Blauen auch nur einen Funken strategisches Geschick besitzen, wovon ich mal ausgehe, würden sie im Falle einer Minderheitsregierung (die es aber sehr wahrscheinlich nicht geben wird) genau das tun, denn besser können sie sich nicht profilieren und die restliche Opposition als Speichellecker Merkels entlarven. Da ginge sich bei der nächsten Wahl glatt eine Stimmenverdoppelung aus.

Drittens könnte alles nichts nutzen und Neuwahlen anstehen. Und das nur, weil man mit der einzigen Partei, mit deren Programm es eigentlich (also in der Theorie) die meisten Schnittpunkte gäbe, nicht einmal zu reden bereit ist. Der Ausgang dürfte ernüchternd sein, weil die Roten mit ihrem Kermit-Verschnitt nichts gewinnen werden, Merkel jetzt ihre Unfähigkeit zur Krisenbewältigung jenseits sinnleerer dahingeblockflöteter Worthülsen mit einigen Stimmen wird bezahlen müssen, die CSU nach Seehofers permanenter Kriecherei vor (oder besser: hinter) Merkel massiv verlieren wird (selbst wenn sie ihn jetzt noch schnell austauschen, da wurde an der Basis wohl zu viel Porzellan zerschlagen), die FDP wegen Standhaftigkeit trotz massiv aufbrandender Medienhetze leichte Zugewinne erlangt, die Grünen da vor sich hindümpeln, wo sie vor sich hindümpeln, und nur Die Linke und AfD ein paar Punkte zulegen werden, weil die Mitte ihre Wähler an die Ränder treibt. Mehr zur alten SED als zum alten CDU-Rand, denn die alten linken Mauerverbrecher sind ja heute gesellschaftsfähig, während die alten CDU-ler zu Nazis gestempelt und als Antidemokraten verhetzt werden.
Am Ende bringen auch Neuwahlen höchstwahrscheinlich eine Neuauflage der Patt-Situation, die sich durch konsequentes Ausgrenzen der AfD nicht wird lösen lassen. Und Merkel bleibt „geschäftsführende Bundeskanzlerin“ der BRD GmbH, bis der Thron in Brüssel frei wird oder die Hölle trotz Klimawandel gefriert.

Ach ja, es gäbe noch eine vierte Option: die Schwarzen schießen Merkel ab.
Aber damit ist nicht zu rechnen. Zu dick ist das Polster an Kriechern und Speichelleckern, dass sich die alternativlose Matrone um sich herumintrigiert hat. Da kommt kein verräterisches Brutus-Messer durch.
Auf ein Neues, das Ergebnis wird ein Altes sein.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Nur soviel: Von der AfD wurde die Duldung einer Minderheitsregierung CDU / CSU / FDP ohne Frau Merkel öffentlich in Erwägung gezogen, ich wiederhole: ohne!