„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden.“
Alexander Issajewitsch Solschenizyn, 2007

Dienstag, 27. März 2018

Kriegskarussell

Das Kriegskarussell dreht sich. Die Pferdchen sind gerüstet und hopsen in immer schnellerem Reigen lustig im Kreis, dabei die Kreise immer enger ziehend, und wir klatschen in die Hände und hören die Musik und freuen uns, auf der richtigen Seite, der Seite der Guten, der Demokraten, der Toleranten, der Progressiven zu stehen, die nur Frieden schaffen wollen. Wir sind die Insel des Guten im Ozean des Bösen, der uns umschwappt.

Wer die Geschichte der Kriege studiert und nicht dieses dümmliche Geschichtsbild verfolgt, das uns klarmachen will, dass Krieg anfängt, dann praktisch überall ist und irgendwann wieder aufhört, und dann überall nicht mehr ist, sondern in erst kleinen und dann immer größer werdenden Konflikten besteht, die immer mehr Stellvertreter hineinziehen, der kann die Frage, wann der Dritte Weltkrieg beginnen wird, schon heute beantworten. Er läuft nämlich schon. Er tobt quer durch Afrika und mitten in Vorderasien, spült seine Abwandernden direkt vor unsere Haustür und bringt diese Konflikte direkt zu uns, die wir uns derweil in einen anderen ziehen lassen. Es ist ein multipler Krieg mit multiplen Interessensgruppen, die ineinander verflochten und verknäuelt sind.

Der Irre vom Bosporus spielt mit dem Feuer, sehnt sich nach dem Osmanischen Reich in ganzer Pracht und Größe und träumt davon, als der Begründer des Osmanischen Weltreiches, Einiger und Khalif der Umma und Initiator des Endkampfes um den Sieg des Haus des Friedens in die islamistischen Geschichtsbücher einzugehen. Er ist nicht so blöd, zu glauben, man könne sowas in 12 Jahren schaffen, eher wohl in 200, aber er setzt die ersten Schritte.

Im Süden fällt er in Syrien ein und Europa gefällt sich – mal wieder, einem imperialistischen Diktator gegenüber – in Appeasement. Derweil bohrt er gegen einen europäischen Staat und will auch Richtung Europa die ersten Besetzungsschritte setzen. Die Schmach, Griechenland verloren zu haben, beißt am überzeugten Osmanen, dessen Falken in ihrer Eroberungsrhetorik bereits von „annektierten Inseln in der Ägäis“ sprechen. Es ist damit zu rechnen, dass in nicht allzu fernen Zukunft der Irre griechische Inseln besetzen wird, erst kleine unbewohnte Felsen vor der türkischen Küste und dann weitere Kreise ziehend Anspruch erhebend auf alles, was auf dem „türkischen Festlandsockel“ liegt.

Die EU kriecht derweil schlangengleich vor dem besten Abnehmer der Rüstungsindustrie und mit Millionen Besatzern bereits gut im urbanen Geflecht Vernetzten herum und lässt sich lieber in einen Konflikt gegen Russland treiben. Nach den Sanktionen wird die Schraube weiter angezogen; jetzt wurde der EU-Botschafter aus Moskau abgezogen und russische Diplomaten werden aus EU-Ländern geworfen. Nach dem Aufmarsch von NATO-Panzerbrigaden unter deutschem Befehl im Baltikum – allein das eine historisch betrachtet wahnwitzige Provokation – wird also weiter Richtung militärischer Konfrontation gearbeitet. Das „Friedensprojekt“ EU als Erfüllungsgehilfe einer auf Konflikt gepolten NATO; naja, nicht umsonst sind die beiden Nachbarn in Brüssel und zu 80% deckungsgleich bei den Mitgliedern.

Die Spirale dreht sich weiter. Nach der Destabilisierung Nordafrikas und Vorderasiens werden die Stellvertreter immer größer und der Krieg rückt immer näher. Dass wir genau im Brennpunkt der zwei größten Konflikte des Dritten Weltkrieges stehen, nämlich einmal des religiös aufgepeitschten des Islam gegen „den Westen“ und den politisch aufgepeitschten von Russland gegen „den Westen“, macht es nicht unbedingt besser. Die beiden Brände gleichen Zündschnüren, die auf das explosive Fass EU zulaufen. Würde hier der Deckel vom Topf fliegen, wären am Ende alle Kriegsparteien massiv geschwächt. Nur zwei könnten sich das passiv anschauen und würden Gewinne daraus schlagen, wobei es einen aber massiv wirtschaftlich schädigen würde: China. Der andere würde nur gewinnen: der Erzfeind (Russland) am Boden, die Konkurrenz (Europa) destabilisiert und geschwächt, konkurrenzfreier Zugang zu den arabischen Ölfeldern in immens geschwächten Despotien.

Ich freue mich schon, wenn die üblichen, permanent Amerikahass unterstellenden Transatlantiktrolle mit fundierten Analysen und Argumenten widerlegen, dass das Ganze den USA signifikanten Nutzen bringen würde. Ich bin für alternative Sichtweisen dankbar, aber momentan riecht es nach einem multiplen Krieg mit nur einem möglichen wirklichen Sieger, und ob die EU weise gehandelt hat, als sie Anfang des Jahrhunderts den USA ausgerichtet hat, dass die Wirtschafts- und Währungsunion mittelfristig dazu führen soll, dass der Euro den Dollar als Weltverrechnungswährung ablöst und die EU-Wirtschaft die US-Wirtschaft abhängt, darf auch bezweifelt werden.
Die USA sind zwar ein Verbündeter, aber das heißt nicht, dass sie sich alles gefallen lassen.
Und auch wenn es andere nicht ausgesprochen haben, bisher haben alle US-Präsidenten (gemäß ihrem verfassungsmäßigen Auftrag) nur nach einem Motto gehandelt: America first!

1 Kommentar:

Heinz hat gesagt…

Zbigniew Brzeziński hat es mehrfach beschrieben, nur nimmt das hier keiner ernst. Es geht um die Weltherrschaft der USA, es geht um Milliarden der Rüstungsindustrie und die Militärs wollen auch nicht wie ein Fußballspieler ständig nur auf der Ersatzbank sitzen und Daumen drehen.
Europa ist besetztes Land und hat nichts zu sagen, die Russen, die nicht US-besetztes Land sein wollen und sich wehren, werden bekämpft, und wenn Russland gefallen ist kommt China dran. Nur Russland wird nicht so einfach fallen, man unterschätze nicht die Leidensfähigkeit dieses Volkes.