Das siebte Türchen des Adventkalenders verbarg gestern eine echte
Überraschung.
So, wie man es ja erwarten konnte von den neoliberal-ausbeuterischen
Rechten, die ja ausgezogen sind, um das Proletariat weiter zu
knechten und auszupressen, müssen seit gestern die Geschundenen in
Österreich gesetzlich bestimmt rund um die Uhr durcharbeiten.
Glauben sie zumindest. Und so saßen gestern wieder die Ärmsten der
Armen, die rund um die Uhr für eine Schüssel warmes Essen schuften
müssen, den ganzen Tag im weichen Sessel vor ihrem PC (genug davon
wohl während ihrer Arbeitszeit) und tobten über das zwischen ÖVP
und FPÖ ausgearbeitete Arbeitszeitmodell, das unter gewissen
Umständen und nach einer Betriebsvereinbarung einen Arbeitstag
ausnahmsweise bis zu 12 Stunden dauern lassen darf. Es wurde zwar
auch festgeschrieben, dass von der Normalarbeitszeit 8 Stunden am Tag
und 40 Stunden in der Woche nicht abgerückt werden darf und somit
automatisch einem umfangreichen Einsatz mit bis zu 12 Stunden am Tag
und 60 Stunden in der Woche automatisch eine Pause folgen muss, um
das Zeitpolster wieder abzubauen, und auch die Überstundenzuschläge
nicht angetastet werden, aber das muss man ja nicht lesen, es reicht
ja, wenn man sich auf die 12 Stunden konzentriert.
Und so tobten besonders die Klassenkämpfer in der
„Standard“-Filterblase
auch gestern wieder ganztägig in hunderten Postimgs über ihre
eigene Enttäuschung, dass die Roten nicht mehr die Deutungshoheit
haben und die Wähler dem dumpfen Gedöns dieses Haufens nicht mehr
glauben, seitdem ihre Silberstein-Praktiken, Untergriffe und Lügen
aufgeflogen sind. Die wichtigsten Aussagen: Da sieht man es, der
Bumsti und der Basti, die richten Österreich zugrunde, knechten die
Proleten und zerstören alle Errungenschaften der Gewerkschaft, sie
wollen die Gewerkschaften auflösen, Betriebsräte und Arbeiterkammer
verbieten, Kollektivverträge abschaffen und die Herrschaft der
Konzerne errichten.
Ich finde es putzig, mit welcher Dynamik sich in dieser Filterblase
der Klassenkampf aufschaukelt. Fakten dringen da nicht mehr durch.
Ich hätte da nämlich mal zwei Beispiele, wo noch etwas zum Thema
12-Stunden-Tag zu finden ist, das von den Medien doch glatt mal
wieder lückenhaft vergessen wurde, zu erwähnen.
„Wenn diese
Voraussetzungen vorliegen, dürfen Überstunden bis zu einer
Arbeitszeit von zwölf Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche
geleistet werden. Dies ist in 24 Wochen pro Jahr zulässig. Nach
höchstens acht Wochen muss eine Unterbrechung von mindestens zwei
Wochen erfolgen.
Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48
Stunden ist einzuhalten.“
Nein, nicht auf dem Wunschzettel irgendwelcher an die Wand gemalter
Ausbeuterkapitalisten gefunden sondern hier.
Eine Tagesarbeitszeit bis maximal 12 Stunden und eine
Wochenarbeitszeit bis maximal 60 Stunden sind bei Vorliegen eines
„besonderen Arbeitsbedarfs“ erlaubt. Hat man da schon mal Schwarz
auf Weiß und ganz offiziell stehen.
Damit ist jene Hälfte der Tobenden, die sich künstlich darüber
aufregen, dass Schwarzblau grausamerweise Alleinerzieherinnen an den
Herd drängen wollen, weil sie solch Förchterbares fordern, sich
über etwas aufregen, was es schon lange gibt, bereits als Dummkopf
entlarvt. Toben, Schreien, Greinen gegen etwas, was es schon lange
gibt und wogegen sie fein still hielten, als ihre eigenen
Lieblingsfunktionäre diese Regeln mitgetragen haben.
Merkt das jeder? Der „Standard“ als Vertreter einer
selbstgefühlten „Qualitätspresse“ heizt seine
Klassenkampfcommunity (wie eh schon täglich) mit Parolen auf, und
vergisst ganz zufällig zu erwähnen, dass diese Regelung sowieso
schon besteht und nur der Rahmen des „besonderen Arbeitsbedarfs“
neu definiert wurde. Und die Forumsfilterblase schaukelt sich hoch,
klatscht sich in Ekstase und Wut und merkt nicht einmal, was für
einen Schmarrn sie da absondern.
So geht Poststrukturalismus live.
Aber es geht noch besser. Viel besser. Es gibt nämlich eine Vorlage,
die exakt das Gleiche schon gefordert hat:
„8
Stunden Arbeit, 8 Stunden Freizeit und Familie und 8 Stunden Schlaf
dürfen im Grundsatz nicht in Frage gestellt werden. (…) Bei
Gleitzeit sollen 12 Stunden tägliche Arbeitszeit möglich werden...“
Ja, und wo findet sich solch neoliberal-ausbeuterisches Gedankengut?
Im Geheimpapier zur Knechtung der Arbeiterklasse der teuflischen FPÖ?
Oder im von Kurz gehüteten Maßnahmenplan der Vereinigten
Großkonzerne zur Unterjochung der Lohnsklaven?
Nein.
Es steht im „Plan A“
des Herrn Kern. Auf Seite 34.
Hätte es Rotschwarz oder Rotblau gegeben, wäre also nichts anderes
rausgekommen.
Na sowas.
Wo die Faschisten schon überall sitzen.
Ich hab‘s ja versprochen: Hinter Türchen 7 war eine echte
Überraschung.
Ach nein, einen hab ich noch. Es sind nämlich auch in Deutschland
Faschisten aufgetaucht. Wer sich schon immer gefragt hat, was die
Nazis in ihrem krankhaften Versuch, ihre Ideologie wissenschaftlich
untermauern zu müssen, um als progressive Kraft anerkannt zu werden
(Woher kommt uns das noch bekannt vor?), angestellt hätten, würde
ihnen die heutige Wissenschaft und Technik zur Verfügung stehen, dem
wurde hinter Türchen 7 auch eine Antwort zuteil: Sie hätten in
memorian Dr. Mengele sicher ohne Einwilligung und selbst gegen den
erklärten Willen einer Person einen DNA-Test durchgeführt, um seine
rassische Abstammung zu beweisen und am Ergebnis festgemacht, ob
dieser Jemand noch einmal den Mund aufmachen darf im Deutschen Reich.
Heute verkleiden sich solche praktizierenden Faschisten hinter dem
Titel „Künstler“ und versuchen krampfhaft, durch permanent
geäußerten Antifaschismus davon abzulenken, dass sie mit genau den
Methoden der Nazis arbeiten. Die Anfänge, denen zu wehren sie
behaupten, leben
sie selbst.
Wem die Stasi zu lasch und die Gestapo zu uncool war, der findet
seine Heimat offensichtlich im „Zentrum für politische Schönheit“.
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