Was macht den Umgang mit der
radikalmuslimischen, sogenannten „islamistischen“ Gewalt, so schwer? Warum wird
versucht, sie zu relativieren, herunterzuspielen, abzukoppeln von rationalen
Begründungen und geisteskranken Einzeltätern zuzuweisen?
Ich versuche es mal, mit dem über unsere
Gesellschaft gestülpten „Rechts-Links-System“ zu erklären, dass sich mir so darstellt:
„Links“ sind die sozialistischen Kräfte, die sich als moralisch hochwertig,
humanistisch und progressiv verstehen, „Rechts“ sind die ebenso sozialistischen
Kräfte, die aber ihren Sozialismus nur dem eigenen Volk gönnen. Dass Liberale
in diesem System nicht vorkommen liegt daran, dass diese auf einer ganz anderen
Position sind und über keinen aggressiven, gewalttätigen Rand verfügen.
Der linksradikale Rand und der rechtsradikale
Rand unterscheiden sich in ihren Methoden und Ansichten nur minimal voneinander,
ja eigentlich ist das einzige und alles entscheidende Unterscheidungsmerkmal
die Einstellung dem Fremden gegenüber. Derweil der linke Rand der Meinung ist,
man dürfe Brandsätze werfen um das Große Eiapopeia für Alle zu erreichen, woran
nur das eigene Volk hindert, glaubt der rechte Rand, dass man Brandsätze werfen
darf, um das Eiapopeia nur für das eigene Volk zu erreichen, woran nur alle
anderen hinderlich sind. Der Aufbau des Eiapopeia, eine glückliche Volks- oder
Menschengemeinschaft unter weiser Führung mächtiger Großer Vorsitzender, Großer
Brüder oder Großer Führrrär, ist eigentlich immer wieder gleich und endet in
einer Art glücklicher Diktatur der Großen Freiheit oder ähnlicher faktisch
nicht fassbarer Visionen. Beide Seiten meinen es gut und wollen den
Weltfrieden, sowie ihre Bedingungen erfüllt sind, und müssen dafür irgendwem
ordentlich auf die Fresse hauen.
So weit, so schlecht.
Diese beiden Ränder wurden in unserer
Gesellschaft historisch und ideologisch bedingt unterschiedlich bewertet. Links
ist Gut und Rechts ist Böse. Das gilt auch für deren gewalttätigen Rand. Linke
wollen nur das böse Rechte stoppen, feiern aktionistischen antifaschistischen
Widerstand und schlagen ab und zu eben mal ein bisschen über die Stränge,
während die Rechten das gute Linke bekämpfen und in brutalen Aufmärschen
rechten Terror verbreiten. Unsere Medien transportieren es genau so: „Linksautonome“
protestieren gegen Hass und Hetze und demolieren dabei zufällig ein paar Autos
und Häuser, was man aber verstehen muss, weil das eben junge Idealisten sind,
während „Rechtsradikale“ aufmarschieren und Terror verbreiten, auch wenn da
gerade mal ein Dutzend Hanseln stumm mit einem Plakat am Straßenrand steht und
eigentlich nichts macht außer Wache zu stehen, ob nicht ein paar vermummte
„Antifaschisten“ um die Ecke kommen.
Ich möchte dieses Ungleichgewicht nicht
werten, es ist einfach da. Wir haben uns daran gewöhnt. Viele merken nicht
einmal, dass bei einem Bericht über rechtsextremen Hass und Verhetzung der
Gesellschaft ein Bild von einem Plakat gezeigt wird, auf dem steht: „Unseren
Hass den könnt ihr haben!“ – ein Begleiter linksradikaler Randalierer gegen den
FPÖ-Ball. Besser kann man nicht dokumentieren, dass zwischen hasszerfressene
Gewalttäter eines beliebigen ideologischen Umfeldes kein Haar passt.
Aber jetzt kommt was Neues dazu:
radikalmuslimische Gewalt. Axt- und Machetenschwinger, Messerstecher,
Todesschützen, LKW-Terroristen. Leute, die das große muslimische Eiapopeia
wollen, den Weltfrieden, wenn alle Ungläubigen ausgerottet sind, und dafür muss
es nunmal was auf die Fresse geben. Strickmuster 08/15, eigentlich nix Neues,
Menschen sind wie Menschen sind. Und die Gesellschaft weiß nicht, wie sie damit
umgehen soll, die Politik und die Medien, brav linksgedrallt, sind ratlos.
Warum?
Die muslimische Gewalt wird grundsätzlich von
beiden Seiten abgelehnt, von der linken ebenso wie von der rechten. Auch von
den Liberalen, aber wie erwähnt, stehen die eh abseits und werden nur aus
Gründen der leichteren Begreifbarkeit von den einfacheren Gemütern der beiden
Seiten meist der jeweils anderen zugeordnet, weil sie jeder Seite ausrichten,
ihre Gewalt abzulehnen, einfach weil es Gewalt ist, unabhängig von Ziel und
Ideologie..
Die linke Deutungshoheit legt nun erstmal der
rechten Ablehnung muslimischer Gewalt niedere Motive der Fremdenfeindlichkeit
und des Rassismus zugrunde. Rechte sind gegen „Islamisten“, weil sie
grundsätzlich gegen alles sind, was anders ist als sie. Es muss nicht stimmen,
aber es klingt stimmig, und das reicht. Damit tun sie sich jetzt schwer, gegen
irgend etwas Fremdes zu sein, ohne selbst in dieses Generalisierungsschema zu
fallen. Wer gegen das Gleiche ist wie die Rechten, ist ein Rechter, man kann
nicht mit dem Erzfeind einer Meinung sein. Und dass der Erzfeind generalisiert
ist ja bekannt, egal ob es stimmt, weil man es oft genug behauptet hat um es
zur Tatsache zu formen, und deshalb muss man auch jedesmal warnen, man dürfe
niemals einen „Generalverdacht“ aussprechen, was ja am Ende auch niemand tut,
ja nicht einmal vorhat, aber wen interessieren schon Fakten in einer
postfaktischen Diskussion.
Es wäre ja einfach, wenn die
radikalmuslimische Gewalt eine freiheitskämpfende, progressive, „gute“ Gewalt
wäre. Hat man ja versucht, in den „arabischen Frühling“ hineinzuinterpretieren,
was bekanntlich schief gegangen ist und gehen musste. Ist sie nämlich nicht.
Sie ist ganz im Gegenteil getragen von einer faschistoiden Ideologie, deren
Grundaussagen sogar eher Blaupausen des rechten Randes sind, von der
Familienfunktion über Frauenrolle, Ansichten zu Schwulen bis zum Umgang mit
„Anderen“, auf eine Art und Weise sexistisch, nationalistisch und rassistisch, dass
sie absolut gegen diese Gewalt sein müssen. Es aber nicht dürfen, weil, gelinde
gesagt, die Falschen die falsche Gewalt ausüben. Wer für diese Gewalt ist, ist
ein Faschist, wer dagegen ist, ein Rassist. Da im linken Weltbild diese beiden
Begriffe immer eine Einheit bilden, tut der Spagat im Schritt verdammt weh.
Und das führt nun zu dem, was wir gerade
erleben: die radikalmuslimische Gewalt wird vom Islam, von den Muslimen, von
den „Fremden“, abgekoppelt. Der „Islamismus“ ward erfunden, ein Zwischending
aus Geisteskrankheit und Falschauslegung einer Religionsschrift, die man
seltsamerweise dann falsch auslegt, wenn man sie wörtlich befolgt.
„Islamistische“ Gewalttäter sind psychisch labile, entwurzelte,
blitzradikalisierte Einzeltäter, die große Ausnahme im Weltgeschehen, weil
wirkliche Verbrecher immer „rechts“ sein müssen und rechts können nun einmal
nur Einheimische sein, niemals Fremde. Nie. Denn Fremden das vorzuwerfen wäre,
selbst wenn es stimmt, per se schon rassistisch und rechts. Was für eine
Zwickmühle!
Also rettet man sich in diese zynischen
inhaltsbefreiten Konstrukte, bastelt sich eine eigene Realität und schreit
jeden, der diese anzweifelt, als Rassisten und rechten Hetzer nieder. Inzwischen
selbst Leute wie Alice Schwarzer oder Sarah Wagenknecht, die nun beide so weit „rechts“
stehen wie der Pelz eines Pelikans schuppig ist. Das System geht sogar so weit,
sich Abwehrmechanismen gegen das Durchsickern der unmöglichen Wahrheit
zuzulegen, von „Verhetzungsparagrafen“ über „Kampf gegen hate-speech“ bis hin
zum Betrieb privater Inquisitionen wie der „AAS“ in Deutschland. Da ein solches
Vorgehen jede Analyse der Ursachen und jede Auseinandersetzung mit der Realität
unmöglich macht, wird sich das Problem vertiefen.
Man kann gegen radikalmuslimische Gewalt und
den dahinterstehenden politischen Weltherrschaftsanspruch der
Religionsfanatiker nichts tun, wenn man sie einfach verleugnet und
herunterspielt, um sich nicht im Netz der eigenen Ideologie zu verfangen. Die
Linken müssen sich erst von ihrer eigenen Ideologie emanzipieren um sich
effektiv dieses Problems annehmen zu können. (Sarah Wagenknecht hat das
zumindest im Blick auf die Einstellung gegenüber Radikalmuslimen und Salafisten
bereits getan, was ihr schon eine Torte eingebracht hat und Wutausbrüche der
eigenen Genossen. Dass sie als Grundübel hinter Allem den Neoliberalismus und die
Reichen vermutet, sei ihr geschenkt, sie ist halt Kommunistin, aber eine
lernfähige. Selten in diesem Biotop.)
Ob die Linken das schaffen, bleibt abzuwarten.
Der Islam ist nicht das Einzige, was hier in Europa eine schwere Modernisierung
erfahren muss, um eine Katastrophe abzuwenden.
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