Gestern ist es geschehen. Die Zeitenwende. Alles
wird anders. Hosianna!
Österreich verabschiedet sich von der lustlos in
ORF-Kameras gebrabbelten Ankündigungspolitik und ersetzt sie durch knallbunte
Ankündigungsshowpolitik. Wir haben einen Plan A! Endlich! Und wir reden
darüber! Das heißt, eigentlich redet nur einer, aber das unterhaltsam. Das
Zeitalter der One-Man-Show ist angebrochen.
Nun muss man das ja nicht negativ sehen. Es wird
zwar zu erwarten sein, dass sich nichts von den vollmundigen Ankündigungen des
Großen Motivators wirklich in der Realität wiederfinden wird (was auch ganz gut
so ist, wenn man an die letzten großen Megareformen dieser Regierung denkt wie
einer Steuerreform, die wie immer die Mitte ausnimmt um die unteren und oberen
Ränder zu bedienen oder einer „Reduzierung“ der reglementierten Gewerbe, bei
der das Ergebnis größer ist als die Ausgangszahl) aber er bietet für die
Milliarden, die unsere Politik so im Jahr sinnlos verschleudert wenigstens eine
Show. Ein paar Gogo-Girls wären nicht schlecht gewesen um die Augen von der
zappeligen Selbstdarstellung gelegentlich auszuruhen und zu weiden.
Repräsentative Demokratie war gestern. „Re“, das
klingt so rückwärtsgewandt, so ewiggestrig, das lassen wir mal weg. Präsentativ,
das reicht. Der Präsentator als Gegenpol zum Präsidenten. Hier der
einschläfernd murmelnde Greis, dort das kreischbunt herumhüpfende Yuppimännchen.
Und was da an Knallern abgeschossen wurde, da wurde
das Showpublikum bedient bis zum frenetischen Jubel. Alles dabei, was das
Wahlvolk hören will: Arbeitsplätze, Flüchtlinge, Wohlstand, Gerechtigkeit,
Reiche… Floskelbingo am Drehteller, wenn das Schule macht. Ich stelle mir
gerade Mitterlehner vor einem schwarz geschnürten bunten Riesenpackerl vor, der
flankiert von einem Gospelchor aus einem Flüchtlingsheim, im Konfettiregen die schellingsche Entfesselung
der Wirtschaft beschwört und dabei die Schleife löst und dem Paket entsteigt
die „Miss Wirtschaft“, neurechtschreiblich zusammengeschrieben allerdings. Oder
Strache, der sich auf einer blauen Quadriga mit vier vorgespannten Kapfenbergerinnen
in Volltracht über die Bühne ziehen lässt und mit der Laute in der Hand und dem
Lorbeerkranz am Kopf unter Blasmusik die Befreiung der Heimat besingt. Oder
Glawischnig, die im Meerjungfrauen-Kostüm auf einem grünen Seerosenblatt aus
der sich öffnenden Blüte steigt und begleitet vom Arbeiterchor der Jungen
Kommunisten eine flammende Rede über die Diskriminierung weiblicher Wale hält,
die neuesten Studien zufolge um zwei Fünftel weniger Krill fressen als
männliche Wale, wenn sie mit Straches Blasmusik beschallt werden. Strolz in
pink – ne, den gebe ich mir jetzt mal nicht, das würde zu peinlich.
Doch zurück zu unserem Kanzlermessias.
Man müsse den Staat führen wie ein Unternehmen,
tönt der ehemalige Große Fahrdienstleiter eines der erfolgreichsten Schlepp…,
äh, Transportunternehmens der Welt. Na das hört sich ja toll an! Hui, da hüpft
das Herz – bis man darüber nachdenkt, was er wohl unter „unternehmerisch“
versteht.
Wie die ÖBB? So wird der Staat doch bereits
geführt: Die Posten werden mit Parteisoldaten besetzt, der Betrieb ist nur
Vorwand für Entlohnung, Kunden sind ein lästiges Übel, Verluste werden vom
Steuerzahler gestemmt und wenn man das Image aufpolieren will gibt es einfach
einen „staatlichen“ Großauftrag wie den Transport durchreisender Passverlierer
auf Kosten der gleichen Steuerzahler, die ohne dieses Geschäft eben die Verluste
ausgeglichen und sowieso bezahlt hätten. Nein, das ist kein unternehmerisches
Handeln, das ist Monopoly spielen in einer geschützten Werkstätte, wo das Gefängnis
zugemauert ist und jeder Verlust aus einer imaginären Schatzschatulle sofort
ausgeglichen wird.
Würde man den Staat führen wollen wie ein
Unternehmen, dann müsste als Erstes die derzeitige Unternehmensführung von den
Eigentümern, also dem österreichischen Volk, sofort fristlos gefeuert werden
und das komplette persönliche Vermögen eingezogen, um wenigstens Bruchteile des
angerichteten Schadens wiedergutzumachen.
Wenn ein Unternehmer so kreativ rechnen würde wie
unsere Staatslenker bei den Ausgaben, bei den Einnahmen, bei den
Arbeitslosenzahlen, bei den Einwanderungszahlen; wenn die internen Berichte von
der Qualität wären wie unsere Statistiken und Hochrechnungen, dann würde der
schneller vor dem Kadi stehen und die Bastonade spüren, als ein Herr Kern die
Anzahl der Buchstaben seines Namens durchzählen kann.
Ich wäre sofort dafür, einen Staat nach
unternehmerischen Prinzipien zu lenken. Aber nicht nach denen, die ein parteikonformer
Kommunikationsfuzzi in einer geschützten erzroten Werkstätte kennengelernt hat
sondern nach denen, die für tausende Unternehmer und Selbstständige im Land die
Basis ihrer Existenz darstellen. Von der Chance auf guten Gewinn und ein Leben
in Wohlstand bis zum Risiko der Insolvenz und zur Haftungsklage gegen Entscheidungsträger.
Zum unternehmerischen Handeln gehört nämlich auch das unternehmerische Risiko,
und das bedeutet nicht, sich bei Bedarf aus dem Amt zu schleichen und einen
UNO-Versorgungsposten abzugreifen sondern im Extremfall unter der Brücke zu
landen. (In Deutschland gab es da mal eine Statistik, dass ein Viertel der
Obdachlosen direkt aus der Selbstständigkeit kamen und nach der Firmenpleite alles
verloren und auf der Straße landeten. Es gab aber keinen Hinweis, dass auch nur
ein einziger zurückgetretener Politiker dabei war.)
Unternehmen spielen in der geschützten Werkstätte,
das heißt Motivationsschulungen besuchen, Workshops mit NLP-Trainer, Work-life-balance-Guru,
Flipchart mit kreativberechneter Aufwärtskurve und Entspannungsmatten für die
Yoga-Einlage. Präsentationstrainings, Selbstdarstellung, we make Austria great
again! Yes, we Kern!
Das hat uns gefehlt in der Politik. Denn: Wenn
schon inhaltsloses Kasperletheater, dann doch bitte mit einer anständigen Show!
In einer großen Halle und mit gefiltertem Einlass. Nicht, dass da noch die
Realität reinkommt.
2 Kommentare:
im Prinzip ist die SPÖ zur ÖVP verkommen
Wer hat uns verraten?
Werte raindancer,
herzlich Willkommen, schön Sie auf meinem Blog zu treffen,
ich glaube, da ist etwas zusammengewachsen über Jahrzehnte der gemeinschaftlichen Machtinteressen, wo beide Seiten aufeinander zugegangen sind, zu einem Einheitsblock verschmolzen und gemeinsam nach links gewandert.
Was Kern hier ablässt ist ausschließlich urkommunistisches Gedankengut aus dem vorigen Jahrhundert, eingepackt in eine modern spielende Show; altbewährter ausgelutschter Kleister in frisches buntes Bonbonpapier gewickelt. Und von der angeblich christlich-bürgerlichen ÖVP kommt nicht mehr als ein "Jo eh.".
Verraten haben uns beide. (Ich bin Selbständiger...)
MfG Fragolin
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